Sauerland. Auch wenn schwere Vorfälle im Sauerland selten sind: Unfälle auf den Pisten geschehen täglich. Zwei Experten berichten von ihren Erlebnissen.
Das Thema Sicherheit ist für den überwiegenden Großteil der Skifahrer, Snowboarder und anderen Wintersportler im Sauerland in den vergangenen Jahren immer bedeutsamer geworden. Helme, Protektoren und ein vernünftiges Grundlagentraining sind zwingend nötige Voraussetzungen, um den Aufenthalt auf den Pisten zu genießen. Wenn aber doch etwas schief geht, helfen unter anderem die Bergwacht Sauerland und auch die Krankenhäuser vor Ort.
Winterberg: Ein Chefarzt erzählt
Der Winter bleibt wechselhaft: Traumhafte Bedingungen mit kalten Temperaturen, Sonne und vielen geöffneten Liftanlagen wechseln sich derzeit im Sauerland weiter ab mit teilweise zu warmen Wetter, geschmolzenem Schnee und geschlossenen Liften. Dass in dieser Wintersportsaison wohl insgesamt etwas weniger los sein wird auf den Pisten im Wintersportort Winterberg stellt aktuell Dr. med. Amiraga Amiri, Chefarzt und Ärztlicher Direktor des St.-Franziskus-Hospitals Winterberg, fest. „Wir haben in diesem Winter nicht ganz so viele Patienten wie sonst – und trotzdem genug zu tun“, sagt der 56-Jährige.
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Insbesondere an den klassischen Skitagen wie samstags oder sonntags sei besonders viel los im Winterberger Krankenhaus. Knochenbrüche des Unter- oder Oberarms sind die Klassiker, die sich verunglückte Skifahrer und Snowboarder auf den heimischen Pisten zuziehen, sagt Amiri. Doch auch schwerere Verletzungen wie offene Frakturen oder innere Blutungen kämen regelmäßig vor. „Teilweise beginnen wir am Vormittag um 11 Uhr mit den Operationen, und das zieht sich dann bis nachts hin“, erklärt Amiri.
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Seiner Ansicht nach seien es gerade nicht die erfahrenen Fahrer, die sich oft Verletzungen zuzögen, sondern Einsteiger, die sich womöglich selbst überschätzten oder bei einem Aufenthalt von ein oder zwei Tagen nicht erst einen Grundlagenkurs besuchen wollten, sondern sich direkt auf die Skipisten stürzten. „Erst am Montag hatte ich eine Patientin im OP, die nach zehn Minuten auf der Skipiste gestürzt ist und einen Armbruch davongetragen hat“, erzählt Dr. Amiri.
Krankenhaus mit ungewisser Zukunft
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Nachdem das St.-Franziskus-Hospitals Winterberg Insolvenz angemeldet hatte und nun ein Insolvenzverfahren in Eigenregie eröffnet worden ist, ist derzeit offenbar ein großer Investor am Krankenhaus in Winterberg interessiert. Der Erhalt des Hospitals sei nicht nur für die Einheimischen unbedingt notwendig, sondern eben auch für Touristen, die als Wintersportler in das Sauerland kommen, betont Amiri: „Man kann beispielsweise vor allem Patienten mit inneren Blutungen nicht erst ein bis zwei Stunden durch die Gegend in ein anderes Krankenhaus fahren. Das wäre Wahnsinn und lebensgefährlich. Daher ist der Erhalt des Krankenhauses für alle Menschen wichtig.“
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Dieser Meinung sind auch die Mitarbeiter der Bergwacht Sauerland, deren größte Bereitschaft die Bergwacht Winterberg ist. Bereitschaftsleiter Dieter Lütteken ist erfahren: Seit mehr als 20 Jahren ist er auf den Pisten rund um Winterberg um die größtmögliche Sicherheit aller Wintersportler bemüht. Ihm zur Seite steht derzeit ein Team von etwa 30 Mitarbeitern.
Die Retter sind unter anderem mit Quads oder modernen Motorschlitten binnen weniger Minuten am Unfallort, der auch im Sauerland nicht immer leicht zugänglich ist. „Wir haben auch hier steile Abhänge, bei denen es bei einem entsprechenden Unfallmuster schwierig werden kann“, erklärt Dieter Lütteken.
Neben der Berg- und Pistenrettung zählen ebenso die Evakuierung aus Sesselliften und Seilbahnen und die Loipenrettung zu den Aufgabengebieten der Bergwacht Winterberg. Eingebunden sind ebenfalls die Höhen- und Luftrettung. Die vor mittlerweile neun Jahren neu errichtete Bergrettungswache ist logistisch äußerst sinnvoll gelegen – nämlich inmitten des Skigebietes des Winterberger Skiliftkarussells. Durch die bekannte Notrufnummer ist die Bergwacht Winterberg durch die Feuer- und Rettungsleitstelle des Hochsauerlandkreises zu ihren Dienstzeiten zu erreichen.
Wie motorisierte Retter helfen
Unterhalb des Förderbandes des Lifts für Einsteiger am Bremberg, in unmittelbarer Nähe der „Brembergklause“, bietet die Winterberger Bergrettungswache mit einer großen Fahrzeughalle Quads und Co. Platz. Außerdem wartet hier die weitere Ausrüstung wie Anhänger für Patienten auf ihren Einsatz. Die bis zu sechs diensthabenden Einsatzkräfte können in der Bergrettungswache unter anderem auf eine Küche, einen Schlafraum, Toiletten mit Dusche sowie ein medizinisches Lager zurückgreifen.
Kommt es beispielsweise auf den Pisten zu Unfällen, übernehmen die Bergretter die medizinische Erstversorgung. Zumeist zwei bis drei Einsatzkräfte an Werktagen und bis zu sechs Einsatzkräften sind an den Wochenendtagen aktiv. „Das Wetter ist durchwachsen, es fehlen die Tagesgäste“, beschreibt Lütteken die aktuellen Bedingungen. Auf den Pisten in und um Winterberg sei „ein breites Spektrum“ an Wintersportlern unterwegs: Fahrer mit völlig unterschiedlichem Können und aus verschiedenen Nationen. „Wir kommen mit Deutsch und Englisch aber gut durch“, sagt Lütteken.
Das Team der Bergwacht Winterberg, das auch auf zwei mithelfende Notärzte zurückgreifen kann, muss sich übrigens nicht mit Lawinenunfällen befassen. Zwar seien die Mitarbeiter für derartige Vorfälle ausgebildet, doch die Hänge im Sauerland seien für Lawinen schlicht nicht steil genug, sagt der Bergretter.