Willingen. . Es ist angerichtet in Willingen: Der Himmel ist klar, viel (Kunst)-Schnee und die nötige Eiseskälte waren rechtzeitig da. Der Wind, der schon so manches Springen verweht hat, hält angenehm still. Eigentlich könnten die Veranstalter des 30. Skisprung-Weltcups in dem nordhessischen Städtchen am Rande des Hochsauerlands vor Freude selber Luftsprünge machen. Doch eine Sorge trübt die schönen Aussichten: Dieser Weltcup könnte vorerst der letzte sein.
30 000 Zuschauer werden bei wunderschönem Schanzenrekordwetter am Wochenende an der Mühlenkopfschanze erwartet. Willingen gilt als die populärste Station, die der Skispringer-Zirkus auf seiner Reise um die Welt einlegt. Und ausgerechnet hier macht man sich Zukunftssorgen?
Natürlich geht es mal wieder um Geld. Um viel Geld. Bis 2013 verlangt der Weltskiverband FIS den Bau eines neuen Kampfrichter-Turmes, sonst wird die nordhessische Wintersporthochburg aus dem Weltcup-Kalender gestrichen. Angeblich hat ein Kampfrichter vom untersten Fenster des heutigen Turms eine zu schlechte Aussicht auf den Schanzentisch.
2,2 Millionen werden für neue Investionen benötigt
Zwar wurde die Anlage erst im Jahr 2000 für rund zehn Millionen Mark aufwendig modernisiert. Doch für den neuen Kampfrichterturm und eine zusätzliche Flutlichtanlage würden erneut 2,2 Millionen Euro fällig. Der Ski-Club Willingen kann zwar auf Gelder vom Land und vom Landkreis hoffen. Doch noch steht nicht fest, ob der nötige Betrag an Fremdmitteln auch wirklich zusammenkommt.
Also packen sie’s in Willingen mal wieder selbst an. Die Bürgeraktion „Dein Stein für die Mühlenkopfschanze“ soll helfen, die Baumaßnahme zu stemmen. „Bausteine“ im Wert von 20, 50, 100, 250, 500 oder 1000 Euro werden verkauft. Als Dankeschön werden Unterstützer nach Fertigstellung des neuen Turms auf einer Tafel an der Schanze verewigt. Fast 500 Baustein-Käufer haben sich bislang gefunden. Am Samstag wird auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Willingen erwartet. Und niemand rechnet damit, dass er ohne eine gute Nachricht für die sportbegeisterten Willinger anreist.
Höhepunkt am Sonntag
Mit dem Qualifikationsspringen hat das Willinger Weltcupwochenende bei besten Bedingungen begonnen. Am Samstag, 11. Februar, ab 16 Uhr findet zunächst der Team-Weltcup statt. Das Publikum wird bereits ab 11 Uhr eingelassen.
Den Höhepunkt bildet am Sonntag das Einzelspringen, bei dem ein Deutscher seinen Titel verteidigen möchte. Vorjahressieger Severin Freund hat sich viel vorgenommen. Seit seinem Sieg 2011 in Willingen hat er kein Weltcupspringen mehr gewonnen.
Auch am Sonntag wird das Publikum bereits ab 11 Uhr eingelassen. Der 1. Wertungsdurchgang beginnt um 14.45 Uhr. Für Samstag und Sonntag gibt es jeweils noch Tagestickets an den Kassen.
Für Bürgermeister Thomas Trachte jedenfalls wäre es eine mittlere Katastrophe, wenn seine Stadt von der Skisprung-Weltkarte verschwinden würde. Für Trachte ist das Weltcupspringen – staatsmännisch ausgedrückt – ein „Objekt der regionalen Identifikation“. Will sagen: Weltcup schweißt zusammen. Schließlich helfen Jahr für Jahr rund 1000 Freiwillige mit, dass die Veranstaltung gelingt. Als Faktor für den Tourismus und als Werbeträger für die Region ist die sportliche Großveranstaltung ebenfalls von immenser Bedeutung.
30 000 Zuschauer lassen viel Geld im Upland
30 000 Zuschauer, die der strenge Frost hungrig und durstig macht, lassen viel Geld im hessischen Upland. Auch die Aktiven fühlen sich wohl. Zwar musste eine der deutschen Hoffnungen, der Silbermedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele 2010 in Vancouver, Michael Neumayer, wegen einer Grippe vorzeitig abreisen. Doch mit Vorjahressieger Severin Freund haben die deutschen Adler einen in ihren Reihen, der immer für eine Überraschung in Willingen gut ist. Außerdem wurde mit Stephan Leyhe ein Springer vom heimischen SC Willingen nachnominiert. Er nahm zum Auftakt am Trainings- und Qualifikationsspringen teil.
Skispringer-Bundestrainer Werner Schuster zeigt sich stets beeindruckt von der Atmosphäre in Willingen. „Hier wird Skispringen gelebt.“ Mit diesem Satz, den er den Willingern ins Stammbuch schrieb, ließ sich auch gestern manche Sorge vertreiben. Kein Wölkchen am Himmel. Eigentlich alles bestens. Guten Flug!