Winterberg. Nach dem internationalen Durchbruch startet für Pilotin Laura Nolte und Anschieberin Deborah Levi das Projekt Olympia – mit einem Vereinswechsel.
Christoph Brieden kann es nicht leugnen. „Natürlich sehe ich das mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt der Interimsvorsitzende des BSC Winterberg, als sich Deborah Levi nicht ein blaues BSC-Trikot, sondern ein rotes überstreift. Denn die 22-Jährige, eine der besten Anschieberinnen im deutschen Bobsport, startet nicht mehr für den BSC, sondern für den SC Potsdam. Doch bei dieser Personalie geht es nicht nur um einen schnöden Vereinswechsel, es geht um viel mehr. Und es geht auch um Pilotin Laura Nolte (21) vom BSC Winterberg.
Wegmarke erster Weltcupsieg
Jens Lehmphul, der Präsident des Bob- und Schlittensportverbandes Brandenburg, und Peter Rieger, Vorstandsvorsitzender des SC Potsdam, sind extra aus Potsdam ins Hochsauerland gereist. Das, was sie gemeinsam mit Brieden und Michael Wenzl vom BSC sowie Nolte und Levi verkünden möchten, ist ihnen wichtig, ist allen wichtig. Und einen Eindruck will Lehmphul gar nicht erst aufkommen lassen: „Unser Ziel war es nicht, dem BSC Winterberg eine Sportlerin wegzunehmen“, sagt er, um zu ergänzen: „Unser Ziel ist es, das Team Laura Nolte nach Peking zu bringen.“
In Chinas Hauptstadt sollen 2022 die Olympischen Winterspiele ausgetragen werden. Damit Nolte und Levi dort möglichst weit oben auf dem Podest stehen, bilden der BSC Winterberg und der SC Potsdam für das Bobteam erstmals eine Renngemeinschaft.
Warum dies nötig ist, obwohl dem jungen Duo bereits in der vergangenen Saison der nationale wie internationale Durchbruch komplett unter der Flagge des BSC Winterberg gelang?
„Mit dem ersten Weltcupsieg in La Plagne war uns klar, dass wir die nächste Stufe zünden müssen“, antwortet Jens Lehmphul. Er ist auch Mitglied der Geschäftsführung des Unternehmens L&B und gehört somit bereits seit längerer Zeit zu den Hauptsponsoren der Bobpilotin.
Die nächste Stufe zünden – das bedeutet in erster Linie, das Bobteam noch professioneller und finanziell schlagkräftiger aufzustellen. „Ohne die entsprechenden finanziellen Mittel führt der Weg nicht nach Peking“, erklärt Lehmpuhl und mit Blick auf die Corona-Krise, welche die Akquise neuer Sponsoren nicht einfacher macht, ergänzt er: „Als wir die Renngemeinschaft geplant haben, wusste noch keiner was Corona ist und bedeutet – wir haben alles richtig gemacht.“
Etat? „Bis in den sechsstelligen Bereich“
Wie hoch der Etat eines Bobteams sein muss, um Chancen auf eine Olympia-Medaille zu haben? „Das kann man pauschal nicht sagen“, antwortet Jens Lehmphul, „aber es geht bis in den sechsstelligen Bereich.“
Extra-Trainingslager, zusätzliche Bahnfahrten – das sind Dinge, die nicht immer vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland getragen werden.
Ein wesentlicher Faktor ist das Material. Taugen die Bobs des Verbandes auf der Olympia-Bahn? Wie viele Kufensätze werden benötigt? „Und Peking liegt auch nicht um die Ecke.“
Dadurch, dass Deborah Levi jetzt für den SC Potsdam startet, kommt sie unter anderem in den Genuss finanzieller Förderung durch das Land Brandenburg. „Es gibt eine ganze Reihe von Olympia-Projekten, von denen wir profitieren können“, sagt Peter Rieger, Vorstandsvorsitzender des SC. Christoph Brieden bleibt mit Blick auf Nordrhein-Westfalen lediglich der Hinweis, „dass Sportförderung hier nicht so üppig ausfällt“.
Ein Pilot für Winterberg?
Deshalb bereiteten Jens Lehmphul und Winfried Stork als Präsident des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes den Weg für dieses Projekt, welches die Vereine durch offene und ehrliche Gespräche finalisierten. „Laura und Debbi haben jetzt zwei Verbände hinter sich, können die Trainingsstätten in Winterberg und Potsdam nutzen – und es wird sich auch beim Sponsoring noch etwas tun“, zählt Lehmphul Vorteile auf. Alles in allem resümiert er: „Wir haben optimale Bedingungen für das Team Laura Nolte geschaffen, um das Ziel Peking zu erreichen.“
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Das sieht auch Christoph Brieden mit seinem lachenden Auge so. Das weinende dürfte spätestens trocknen, „wenn wir in Peking stehen und einen Grund zum Anstoßen haben“, sagt er – und lacht wieder, als Peter Rieger zum Zeichen der guten (zukünftigen) Zusammenarbeit sagt: „Die Kooperation soll auch unserer Sportart in Brandenburg einen Schub geben. Wenn alles funktioniert, geben wir euch etwas zurück – einen Piloten.“
Denn bei allen Erfolgen der Pilotinnen und Anschieber(innen): Ein erfolgreicher Pilot fehlt dem Stützpunkt im Hochsauerland.