Winterberg. Maren Hammerschmidt (SK Winterberg) feiert am Freitag ihr Comeback im Biathlon-Weltcup. Von welchen Rückschlägen sie sich nicht entmutigen ließ.

635 Tage liegt das Weltcup-Finale von 2018 in Tjumen zurück, wenn Biathletin Maren Hammerschmidt am Freitag in die höchste Rennserie zurückkehrt. 635 Tage, an denen die Biathletin des SK Winterberg haderte, kämpfte, litt, fast verzweifelte, wieder kämpfte – und am Ende belohnt wurde. „Ich habe so viele Rückschläge überwunden“, sagte sie vor dem Start in die aktuelle Saison, „ich werde auch diese überwinden.“

Hammerschmidt profitiert von Fehlern

Dass die 30-Jährige nicht nur dank ihrer beachtlichen Willenskraft wieder auf die große Bühne Weltcup zurückkehrt, weiß sie. „Die Weltcup-Rückkehr möchte ich noch in diesem Jahr schaffen“, sagte sie vor Wochen im Interview mit dieser Zeitung: „Aber das liegt ja nicht nur in meiner Hand. Ich bin auf die Fehler der anderen Mädels angewiesen.“ Die anderen Mädels – damit meinte Hammerschmidt die sechs nach der Deutschen Meisterschaft für das Weltcupteam nominierten.


Und diese taten ihr den Gefallen, wenn man es so nennen möchte. Ein enttäuschendes Ergebnis reihte sich an das nächste. Vor der letzten Weltcupstation dieses Jahres in Le Grand Bornand/Frankreich sah sich die Sportliche Leitung gezwungen, ein Zeichen zu setzen. Sie degradierte Karolin Horchler und Anna Weidel zu IBU-Cup-Starterinnen, verordnete Franziska Hildebrand eine Pause und beförderte Maren Hammerschmidt, Janina Hettich und Marion Deigentesch in den Weltcup.

635 Tage nach ihrem bis dato letzten Weltcup-Auftritt wird Hammerschmidt, Staffel-Weltmeisterin von 2017, am Freitag (14.15 Uhr, Sprint über 7,5 Kilometer) in Frankreich zurück ins Rampenlicht kehren.

Das sagt Hammerschmidt

„Ich habe mich so gefreut, so viele wiederzusehen, die ich echt vermisst habe“, sagte Hammerschmidt vor ihrem Comeback im Weltcup. „Aktuell bin ich einfach nur wahnsinnig glücklich und dankbar, dass ich tatsächlich noch vor Weihnachten in die Weltcup-Mannschaft gerückt bin. Ich möchte an meine Leistungen aus dem IBU-Cup anknüpfen – meine Schießleistung genauso rüberbringen und dann läuferisch „zünden“.“


Sie ließ sich – mal wieder – von einem Rückschlag, dieses Mal verletzungsbedingt, nicht beirren.

Doch von welchen Rückschlägen sprach die Sauerländerin vor dem Saisonstart überhaupt?

„Die Jahre, bevor ich in das Weltcupteam gerückt bin, waren für mich nicht leicht“, erklärte sie. 2010 gewann Maren Hammerschmidt bei der Junioren-Weltmeisterschaft den Titel im Sprint. Doch die folgende Zeit glich einer Berg- und Talfahrt. „Ich hatte mal ein gutes Rennen, dann wieder ganz viele schlechte“, erinnerte sich die 30-Jährige, „das war nicht einfach, weil ich auch viel im Deutschland-Pokal laufen musste.“

Hammerschmidts Liebe zu Hochfilzen

Erst zum Saisonstart 2015 etablierte sich Hammerschmidt fest im Weltcupteam. Bereits bei der zweiten Station in Hochfilzen/Österreich gelang der Wahl-Ruhpoldingerin ihr bislang bestes Einzelergebnis: Sie belegte im Sprint Rang zwei, in der Verfolgung und mit der Staffel ebenso. In den folgenden Jahren stand die laufstarke, aber am Schießstand wankelmütige Hammerschmidt mit der Staffel regelmäßig auf dem Siegerpodest, wurde 2016 WM-Dritte und 2017 – in Hochfilzen – Weltmeisterin mit dem Quartett.


„Der größte Tiefschlag in meiner Karriere waren die Olympischen Winterspiele. Das schlug mir wirklich auf die Psyche“, sagte sie.

Trotz vorheriger Staffel-Erfolge wurde Hammerschmidt 2018 in Pyeongchang nur im Einzelrennen eingesetzt und belegte dort Rang 17. Die damaligen Trainer, allen voran Gerald Hönig, kassierten für diese Entscheidung aus vielen Richtungen harsche Kritik, zumal Rang acht einem Debakel gleich kam. „Ich hätte die Staffel anders aufgestellt und das Goldquartett von 2017 laufen lassen“, sagte sogar Franziska Hildebrand.


„Natürlich bin ich nicht blauäugig nach Südkorea gefahren und habe gedacht, dass alles toll und schön werden würde“, erzählte Hammerschmidt. Ihre vorherigen durchwachsenen Ergebnisse habe sie sehr wohl in Erinnerung gehabt. „Aber die Art und Weise wie kommuniziert wurde, wie mit mir umgegangen wurde. Wenn man keine guten Antworten bekommt und eine Entscheidung nicht verstehen kann, dann rührt das weiter in einem herum“, sagte sie.


Doch der tiefste Tiefpunkt ihrer Karriere ist abgehakt. So, wie die über eineinhalbjährige Verletzungspause der Winterbergerin nach einer Fuß-Operation auch. Nach dem Weltcup-Finale in Tjumen/Russland 2018 feierte Hammerschmidt erst mit Beginn der aktuellen Saison ihr internationales Wettkampfcomeback – im IBU-Cup in Sjusjoen/Norwegen, weil sie bei der Deutschen Meisterschaft die Qualifikation für das Weltcupteam verpasste.

Hammerschmidt lobt die Trainer

„Das war auch ein kleiner Rückschritt“, sagte sie auf Grund ihrer Vorgeschichte mit einer Saison ohne Wettkämpfe schmunzelnd: „Aber das Gespräch mit den Trainern war super. Sie haben es mir gut erklärt und ich habe es verstanden. Das hat mir nicht den Boden unter den Füßen weggezogen.“


Im Gegenteil: Es hat sie noch mehr motiviert. Freitag feiert sie ihr Weltcup-Comeback – nach 635 Tagen Abstinenz von der großen Bühne.