Wiemeringhausen. Die RSG Hochsauerland kämpft um ihr Überleben. Neben Skeleton-Star Jacqueline Lölling gibt ein neues Projekt dem Klub eine Zukunftshoffnung.
Ratlosigkeit stand Wolfram Schweizer ins Gesicht geschrieben. „Ich habe bereits tausend Mal überlegt, den Laden einfach zu zumachen“, sagte er, der erste Vorsitzende, vor Wochen über die RSG Hochsauerland. Dem Verein von Skeleton-Star Jacqueline Lölling fehlten Ehrenamtliche, fehlte Nachwuchs und fehlten Sponsoren. Daran änderte sich in der vergangenen Zeit kaum etwas – und trotzdem ist die Ratlosigkeit aus Wolfram Schweizers Gesicht gewichen. Denn es gibt Hoffnungsschimmer.
Mit sechs Jahren auf den Schlitten
„Seitdem wir mit unseren Problemen an die Öffentlichkeit gegangen sind“, erzählt Schweizer, „haben wir eine wahnsinnig hohe Resonanz erlebt.“ Immer wieder habe er Gespräche mit Eltern geführt oder auch mit Funktionären anderer Vereine, die ähnliche Sorgen haben. „Das hilft uns zwar nicht direkt, aber es beruhigt etwas“, sagt Schweizer.
Allerdings gibt es im Kampf ums Überleben der RSG Hochsauerland, dem kleinsten, aber erfolgreichsten Skeleton-Klub Deutschlands, konkrete Erfolge und neue Ansätze. Diese ergaben sich zum einen aus der Serie in dieser Zeitung, zum anderen aber auch aus vielen Gesprächen, die Schweizer mit zum Beispiel Wilfried Stork, dem Präsidenten des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes (NWBSV), sowie dessen Geschäftsführer Sven Kästner führte.
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„Es bemühen sich wirklich alle sehr, dass die RSG nicht über die Wupper geht“, sagt Schweizer.
Doch mit welchem konkreten Projekt soll etwa die Nachwuchssituation verbessert werden?
„Wir wollen ganz tief unten anfangen und Kindern bereits mit sechs Jahren den Einstieg in den Skeletonsport ermöglichen“, verrät Schweizer. Er baut bereits an dem Prototypen eines Schlittens, der deutlich kleinere Maße aufweist als die üblichen Sportgeräte und deshalb auch von kleinen Kindern gefahren werden kann. „Wenn wir weiter beim Einstiegsalter von zehn oder elf Jahren bleiben, verlieren wir den Nachwuchs ans Rodeln oder er spielt schon Fußball.“
Ein Pilotprojekt
Apropos Rodeln: Ein positiver Nebeneffekt des Projekts könnten Synergieeffekte mit dem Schülerrodeln sein. Auch dort liegt das Einstiegsalter bei ungefähr sechs Jahren. „Vielleicht kann sich sogar nur ein Trainer um eine gemischte Gruppe kümmern. Auftransport, Kurven fahren – das ist ja das Gleiche, nur dass die einen auf dem Bauch liegend mit dem Kopf voran und die anderen auf dem Rücken liegend mit den Füßen voran herunter fahren“, sagt Schweizer etwas salopp. „Kinder so jung zum Skeleton zu bringen, ist einmalig“, ergänzt er, „das gibt es bislang nirgendwo.“
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Nicht nur in Nordrhein-Westfalen sei das Einstiegsalter beim Rennrodeln so niedrig, „sondern auch die Bayern bringen die Kinder möglichst früh auf die Schlitten“. Der RSG-Vorsitzende fragt sich zurecht: „Wenn das beim Rennrodeln funktioniert, warum nicht beim Skeleton auch?“ Die finanzielle Förderung solcher Maßnahmen würde das Pilotprojekt zudem ermöglichen, obwohl die Kasse der RSG kaum gefüllt ist.
Ein neues Sponsoring-Konzept?
An diesem Zustand könnte sich jedoch bald dank neuer Sponsoren etwas ändern.
Aktuell gibt es bei der RSG mit Skeleton-Star Jacqueline Lölling nur eine aktive Pilotin, die 2017 nach der Wahl zum Newcomer des Jahres 8000 Euro an ihren Klub weitergab, die sich aber selbst vermarkten darf. Heißt: Der Verein übernimmt keine Kosten der 24-jährigen Olympia-Zweiten von 2018 – profitiert andersherum finanziell aber auch nicht von ihren Erfolgen. Müsste dieses Konzept bei Neueinsteigern wenigstens teilweise geändert werden?
„Ja, genau das haben wir schon besprochen“, antwortet Sven Kästner, Geschäftsführer des NWBSV, auf diese Frage und erläutert: „Das wäre aber einfach zu lösen. Eine Werbefläche bliebe beim Verein, den Rest könnten die Athleten für sich selbst vermarkten und daraus ergäbe sich die Aufteilung der Kostenübernahme bei Lehrgangs- oder Wettkampfmaßnahmen. Als Verein gar keine Werbefläche zu behalten, ist nicht zielführend“, ergänzt Kästner. Die Richtung, in die es gehen solle, müsse die RSG vorgeben, „und dann erarbeiten wir gerne ein Konzept mit den Verantwortlichen“, sagt er.
Noch bleiben Namen geheim
Erste Gespräche mit potenziellen Unterstützern führt Schweizer als Vorsitzender der RSG bereits. „Das klingt vielversprechend“, sagt er, möchte aber noch keine Namen der Unternehmen nennen.
Der Kampf der RSG Hochsauerland ums Überleben wird andauern, das bringt eine Nischensportart wie Skeleton mit sich. Allerdings nehmen ihn der erste Vorsitzende und seine Mitstreiter mit neuem Mut auf. Den Laden einfach zu zumachen – dieser Gedanke kommt Wolfram Schweizer nicht mehr in den Sinn.