Winterberg. Leonie Fiebig, Bob-Anschieberin des BSC Winterberg, verfolgt ein Ziel. Wessen Angriffen sie sich jetzt erwehren musste und wie ein Test verlief.

29 Jahre alt – sind ihre Konkurrentinnen fast alle noch nicht. Aus diesem Grund könnte Leonie Fiebig in der Riege der deutschen Bob-Anschieberinnen durchaus als „alte Oma“ bezeichnet werden, als „langsame alte Oma“ allerdings nicht. Denn Fiebig, die Athletin des BSC Winterberg, gehört zu den Besten ihrer Zunft, obwohl sie erst im vergangenen Winter auf ihrer Heimbahn im Hochsauerland ihre Premiere im Weltcup feierte.

Laura Nolte schneller als Olympiasiegerin Jamanka

Neben Annika Drazek fehlte mit Christopher Weber (BSC Winterberg) auch einer der stärksten Anschieber beim Test in Oberhof. „Er hatte leichte Beugerprobleme, deshalb war das Risiko zu groß“, sagte Cheftrainer Spies.

Bei den Pilotinnen trumpfte Laura Nolte (BSC) auf. Sie belegte Rang zwei hinter Kim Kalicki und war schneller als Olympiasiegerin Mariama Jamanka und Steffi Schneider. Anna Köhler (BSC) zeigte eine „Anschlussleistung“.

Ein Startplatz in der hochklassigsten Rennserie ihrer Sportart ist auch im bevorstehenden Winter das Ziel der, so bezeichnet sie sich selbst, „Herzenskölnerin“, die gebürtig aus Minden (Ostwestfalen) stammt. Wie realistisch diese Zielsetzung ist, das stellte Fiebig jetzt beim Zentralen Leistungstest im Einzelanschub in Oberhof unter Beweis.

Den vierten Platz belegte die BSC-Athletin, hinter den Jungspunden Kira Lipperheide (19), Ann-Christin Strack (25) und der Siegerin, ihrer Vereinskollegin vom BSC, Deborah Levi (22). Die leicht verletzte Annika Drazek (24) verzichtete auf den Test. Sie nimmt als zweifache Weltmeisterin und unangefochtene Nummer eins in Deutschland aber ohnehin eine Sonderrolle ein.

Eine Express-Karriere

„Eigentlich bin ich ganz zufrieden, schließlich messe ich mich mit Athletinnen aus der Weltspitze“, sagt Fiebig im Gespräch mit dieser Zeitung. Eigentlich – mit diesem Wörtchen fordert sie jedoch die Nachfrage nahezu heraus. „Ich habe einen sehr hohen Anspruch an mich selbst“, antwortet die Sportsoldatin der Bundeswehr, „deshalb hatte ich schon mit einer Top-Drei-Platzierung geliebäugelt.“

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Das war auch das, was René Spies, Chef-Bundestrainer, in Oberhof von Fiebig erwartet hatte. „Aber ihre Entwicklung zeigt nach oben, deshalb ist alles in Ordnung“, erzählt der aus Winterberg stammende Spies über die Anschieberin aus dem Team der BSC-Pilotin Anna Köhler.

Er beobachtet jedoch ebenfalls, wie sehr die jungen Talente Druck auf die älteren, etablierten Athletinnen ausüben. Obwohl: Etabliert – trifft auf Fiebig nur bedingt zu. Erst im vergangenen Winter feierte sie ihre Weltcup-Premiere im Bob hinter Köhler ausgerechnet beim Heimrennen an der Kappe.

Dickes Lob an Deborah Levi

Dass die ehemalige Leichtathletin überhaupt im Bobsport landete, war das Resultat einer „Schnapsidee“, wie sie selbst sagt. Als Studentin der Deutschen Sporthochschule in Köln begleitete sie 2017 ein wissenschaftliches Projekt mit Bobfahrern am Königssee. „Ich habe denen lediglich gesagt, dass ich von der Statur her wahrscheinlich auch zur Bobfahrerin taugen würde“, erklärt sie, „zwölf Stunden später saß ich in einem Bob.“

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Platz vier bei der Weltcup-Premiere, Rang sieben bei der WM in Whistler mit Köhler – diese Ergebnisse weckten den Ehrgeiz noch mehr. Und deshalb arbeitete Fiebig, die kein Rennen ohne ihre rot-weißen Herzchen-Socken aus Köln fährt, nach einem kurzen Urlaub über den Sommer hart an ihrer Athletik. Dass das nötig war (und weiterhin ist), merkte sie in Oberhof. „Die jungen Sportlerinnen, die nachrücken, waren megastark und haben eine super Performance gezeigt“, erzählt sie.

Eine davon ist Deborah Levi vom BSC-Bobteam Laura Nolte. „An ihr werden sich in Zukunft alle messen lassen müssen“, sagt Cheftrainer René Spies. Und: „Sie wird die sein, die es neben Annika Drazek zu schlagen gilt.“

Das Fernziel heißt Peking

Fiebig nimmt diesen Kampf gerne an. Ihr Fernziel sind die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. „Ich bin zufrieden mit dem Prozess insgesamt und weiß, an welchen Stellschrauben ich drehen muss. Ich bin noch nicht am Ende“, kündigt sie nach dem ersten Zentralen Leistungstest an. Denn diese 29 – ist doch irgendwie nur eine Zahl, die auf Papier geschrieben steht.