Bochum. Der VfL Bochum muss doch noch in die Relegation. Was das mental bedeutet und man sich vorbereiten könnte, erklärt Sportpsychologe Rene Paasch.

Marc Lettau wählte seine Worte mit Bedacht. Dem Sportdirektor des VfL Bochum waren nach dem schauderhaften Auftritt bei der 1:4-Pleite bei Werder Bremen Enttäuschung und sicherlich etwas Wut dennoch anzumerken. Schließlich muss der VfL nun den Umweg über die Relegation zum Ziel Klassenerhalt gehen. Vor dem Heimspiel am Donnerstag und dem Rückspiel am Montag (jeweils 20.30 Uhr/Sat 1) sagte Lettau einen Satz, der aufhorchen ließ: „Wir waren nicht stressresilient.“ Die Mannschaft konnte also mit dem auf ihr lastenden Druck nicht richtig umgehen.

Richtig mit Stress und Druck umgehen – ein Faktor, der in den beiden Relegationsspielen gegen den Zweitliga-Dritten Fortuna Düsseldorf am kommenden Donnerstag und darauffolgenden Montag (jeweils 20.30 Uhr/Sat 1) wichtig wird. Der VfL Bochum braucht nun die Spieler, die mental bereit sind für diese schwere Aufgabe. Aber lässt sich das trainieren? Auch kurzfristig? Der Sportpsychologe René Paasch hält das durchaus für möglich. „Ein praktischer Bezug für den VfL Bochum wäre die Einführung eines kurzfristigen, intensiven Resilienz-Trainingsprogramms, das speziell auf die Bedürfnisse und Herausforderungen der Relegationsspiele zugeschnitten ist“, sagte er. Konkret bedeute dies, dass das Trainerteam um Heiko Butscher „tägliche Einheiten von progressiver Muskelentspannung, Achtsamkeitsübungen und Psychoedukation“ einbauen könne. Man müsse die Spieler darauf aufmerksam machen, wie sich Stress konkret darstellt, um dann entgegensteuern zu können, so Paasch. Aktuelle Studien würden belegen, dass „gezielte Erfolgserlebnisse und positives Feedback“ Spieler stärken.

Butscher sicher: VfL Bochum kann mit Druck umgehen

Butscher ist zudem davon überzeugt, dass seine Spieler grundsätzlich mit Druck umgehen könnte. „Der Stress ist immer da, denn wir hatten auch gegen Hoffenheim und bei Union Berlin den großen Druck. Hätten wir diese Spiele verloren, würden wir vermutlich nicht in der Relegation spielen“, sagte er. Er wolle nun die Dinge hervorheben, die seine Mannschaft gut machen würde. Auch würde er die Spieler noch einmal mit einer veränderten Ansprache adressieren. Einen Sportpsychologen wolle er aber nicht eigens für die Relegationswoche engagieren.

Der Sportpsychologe René Paasch schätzt die Lage beim VfL Bochum ein.
Der Sportpsychologe René Paasch schätzt die Lage beim VfL Bochum ein. © Jennifer Sanchez (Geb. Sawarzynski)

Das sei laut Paasch auch nicht zwingend nötig. Es gehe in der aktuellen Situation nach dem Absturz auf den Relegationsrang darum, kurzfristige Lösungen zu finden. Aber: Es sei „essenziell, dass das Trainerteam psychologische Interventionen einsetzt“. Das können die Steigerung der Teamfähigkeit, das Setzen von erreichbaren Zielen, aber vor allem eine klare Kommunikation sein. So könne man die gegenseitige Unterstützung des gesamten Teams verbessern. Ein Punkt, der bei der Niederlage in Bremen nicht funktionierte. Aber auch der Trainer müsse vorangehen, so Paasch. „Das positive Coaching betont die Bedeutung von Lob und konstruktivem Feedback, um das Selbstvertrauen der Spieler zu stärken“, sagte der Sportpsychologe.

VfL Bochum verzichtet auf Trainingslager

Viele Vereine zogen sich in solch Situationen in der Vergangenheit gern in Kurztrainingslager zusammen. Der VfL Bochum verzichtet darauf, schottet sich aber bis Donnerstag auf der eigenen Anlage ab. Es wird keine öffentlichen Trainingseinheiten geben. Für Paasch ein nachvollziehbarer Ansatz: „Eine Mischung aus neuen Impulsen und bewährten Methoden könnte die beste Strategie sein.“ Bewährte Routinen und Strukturen würden Sicherheit bieten, der neue Impuls durch die Abschottung aber auch neue Motivation und Energie freisetzen. So signalisiert Butscher, dass sich noch mal etwas verändern muss.

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Paasch empfiehlt zudem „kurze, aber intensive Einheiten mentalen Trainings“, diese können die Leistungsfähigkeit verbessern. Auch seien Atemtechniken, wie sie etwa Philipp Förster anwendet, ein Mittel zum Zweck. Wichtig sei aber vor allem, dass man individuell auf einzelne Spieler eingehen müsse. Das weiß auch Butscher. „Wir haben viele verschiedene Charaktere. Manche brauchen eine direktere Ansprache, andere brauchen Bestätigung und Zuspruch, ein Dritter braucht eine Faktenanalyse“, so der Trainer.

Relegation: Fortuna Düsseldorf psychologisch im Vorteil

Am Donnerstag auf dem Platz wird man dann sehen, ob was geholfen hat. Aber wer wird psychologisch im Vorteil sein? Der Bundesligist, der etwas zu verlieren hat? Oder der Zweitligist, der nur gewinnen kann? „In diesem Fall könnte Fortuna Düsseldorf psychologisch im Vorteil sein, da sie in einer Gewinner-Mentalität antreten können, während der VfL Bochum mit der Angst vor dem Scheitern kämpfen muss“, sagte Paasch. Das würden auch aktuelle Studien belegen. Daher sollten Butscher und sein Team in den Einheiten „mit gezielten psychologischen Interventionen und einem ausgewogenen Ansatz aus bewährten Methoden und neuen Impulsen arbeiten“.