Bochum. Vor dem Start in die Relegationswoche spricht Heiko Butscher über die Fehler in Bremen, Psychologie und zwei Finals gegen Fortuna Düsseldorf.
Der VfL Bochum muss nach der Niederlage bei Werder Bremen und den schlechtestmöglichen Ergebnissen in den Parallelspielen in die Relegation. Trainer Heiko Butscher erklärt im Interview, wie er dieses Spiel aufgearbeitet hat, welche Maßnahmen er nun ergreifen will und ob er seine Spielweise noch einmal anpasst vor den Spielen gegen Fortuna Düsseldorf.
Heiko Butscher, am Samstagabend wirkten Sie etwas ratlos ob des Auftritts Ihrer Mannschaft. Haben Sie nach einer ersten Analyse bereits Antworten gefunden, wie die Leistung gegen Werder Bremen zustande kam?
Heiko Butscher: Am Samstag kamen viele Faktoren zusammen. Wir haben einige Dinge nicht so gemacht, wie wir das in den vergangenen Wochen geschafft haben. Es ist schwierig, während einer Partie dann so einzugreifen, dass es auf Anhieb besser wird. Wir haben im Ballbesitz viel zu schnell den Ball verloren, was wir so noch nicht hatten. Hinzu kamen individuelle Fehler, mit denen wir Werder zu Kontern eingeladen haben. Und die Positionierung war nicht gut. Wir waren viel zu eng an Gegenspielern in Räumen, in denen es überhaupt nicht nötig gewesen wäre. Dadurch haben wir es Bremen leicht gemacht, uns zu überspielen. Das müssen wir aufarbeiten. In der Pause hatten wir es schon angesprochen, dann wurde es auch besser. Aber der Gegner hat es sehr gut gemacht und wir haben nicht dauerhaft das richtige Mittel gefunden.
Der VfL Bochum hatte die beste Ausgangslage. Warum konnte Ihre Mannschaft das nicht ins Ziel bringen?
Die Ausgangssituation war so, dass wir den Klassenerhalt hätten selbst erreichen können, aber auch die Konkurrenz hätte helfen können. Darauf haben viele in Bochum schon am vergangenen Wochenende gehofft, wir auch. Das hatte allerdings keine Auswirkungen auf die Leistung gegen Leverkusen, die in Gleichzahl richtig gut war. Am Samstag haben wir dann angesichts des klaren Rückstands nach Berlin geschaut, das ist logisch. Wir haben in Bremen keine gute Leistung gezeigt und deshalb hat es nicht geklappt. Nun wird nicht mehr auf andere Plätze geschaut, wir haben zwei Finalspiele vor uns.
Sportpsychologen empfehlen in solch einer Situation das Ausbrechen aus gewohnten Situationen. Wie ist Ihr Ansatz?
Wir müssen das machen, was nützt. Kurztrainingslager oder ähnliche Ansätze können dann helfen, wenn man zum Beispiel eine sehr lange Niederlagenserie erlebt hat. Wir haben uns mit den zwei Siegen vor den Spielen gegen Leverkusen und Bremen aber eine andere Lage erarbeitet. Wir müssen diese Abläufe wieder reinbekommen, die uns gegen Hoffenheim und Union stark gemacht haben. Wir haben entschieden, dass wir die Trainingsabläufe nicht grundlegend verändern werden, aber anpassen in dem Sinne, dass wir mit den Spielern etwas anders umgehen wollen. Uns wurden auch schon Sportpsychologen empfohlen. Es wäre zwar möglich, mit so jemand zusammenzuarbeiten. Aber der oder die hätte doch gar kein Vertrauen innerhalb der Mannschaft. So etwas muss wachsen. Diese Arbeit müssen wir im Trainerteam übernehmen, viele von uns kennen solche Situationen.
Butscher: „Die Basics müssen abgerufen werden“
Was bedeutet anderer Umgang mit Spielern konkret?
Wir haben viele verschiedene Charaktere. Manche brauchen eine direktere Ansprache, andere brauchen Bestätigung und Zuspruch, ein Dritter braucht eine Faktenanalyse. Wir müssen jetzt aus jedem Spieler das Optimum herausholen. Wir versuchen, in den Trainings und durch Gespräche alles herauszufiltern, womit wir unserer Mannschaft helfen können. Natürlich ist die Enttäuschung riesig, aber es geht weiter. Wir bestimmen darüber, ob wir auch nächstes Jahr in der Bundesliga spielen werden.
Was konkret macht Ihnen Hoffnung, dass Ihre Mannschaft nach dem Nackenschlag schnell zurückkommt?
Ich bin absolut davon überzeugt, dass wir gegen Fortuna Düsseldorf in zwei Spielen die Klasse halten werden. Wir haben viele Phasen gehabt, in denen unsere Ansätze funktioniert haben. Diese Fähigkeiten müssen wir stärken, müssen uns darauf fokussieren. Wir müssen Donnerstag unsere Eins-zu-Eins-Duelle gewinnen, lauffreudig sein, dem Gegner signalisieren, dass wir den Sieg wollen. Wir haben als Team immer zusammen agiert. Diese Basics müssen abgerufen werden und wir dürfen dabei unsere Ordnung nicht verlieren – anders als gegen Bremen. Aber wir können den Gegner stressen, können ekelig und müssen kompakt sein.
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Am Samstag konnte Ihre Mannschaft dem Druck nicht standhalten. Relegation bedeutet aber Stress pur.
Es zählt nur, was wir bringen! Der Stress ist immer da, denn wir hatten auch gegen Hoffenheim und bei Union Berlin den großen Druck. Hätten wir diese Spiele verloren, würden wir vermutlich nicht in der Relegation spielen. In diesen Spielen haben wir standgehalten. Wir spielen Fußball, weil wir Spiele gewinnen wollen. Und wir wissen, was jetzt kommt. Natürlich wollen die Jungs alle in der Bundesliga bleiben. Das ist vollkommen klar.
Sie haben Fortuna Düsseldorf bereits beobachtet. Die gehen mit Selbstvertrauen in die Relegation. Sind Sie als Erstligist dennoch Favorit?
In diesen zwei Spielen gibt es aus meiner Sicht keinen Favoriten. Es sind für mich Spiele auf Augenhöhe. Fortuna weiß seit einer Woche, dass sie in die Relegation muss, wir erst seit Samstag. Wichtig ist, was in diesen beiden Spielen passiert. Die Düsseldorfer spielen konstant, kompakt, haben toll gearbeitet. Aber wir sind zuversichtlich.
Welche Dinge können Sie kurzfristig nun angehen? Vor allem die Defensive bereitet mit insgesamt 74 Gegentoren Sorgen.
Das ärgert mich auch! Wir haben das bei den beiden Siegen etwas kaschieren können. Die Gegentore sind auch etwas unserer Spielweise geschuldet, weil wir hohes Pressing spielen. Das kann die Mannschaft, wir haben auch viele Tore gemacht. Wenn wir aus den hohen Balleroberungen aber kein Kapital schlagen, müssen wir uns umstellen. Das geht nur über Teamarbeit, nur wenn wir zu elft agieren. Wir brauchen als Team alle – und zwar kompakt. Das müssen wir angehen.
Von der Spielweise werden Sie aber nicht abweichen.
Wir werden sie womöglich anpassen. Aber wir rücken doch nicht von unseren Tugenden ab, die uns ausgezeichnet und stark gemacht haben. Warum sollten wir uns in unserem Stadion hinten reinstellen und mauern? Das würde schief gehen. Hier gibt es kontrollierte Attacke. Wir können und wollen vorlegen.
Das Risiko besteht, dass sich der eine oder andere Spieler im Hinspiel eine Sperre für das Rückspiel einhandeln könnte. Spielt das eine Rolle?
Deshalb haben wir einen großen Kader mit vielen guten Alternativen. Ich kann jetzt keine Rücksicht nehmen und schonen. Das sind Endspiele. Wir müssen es selbst regeln und dafür muss die bestmögliche Mannschaft am Donnerstag auf dem Platz stehen.