Bochum. Heiko Butscher soll den VfL Bochum vor dem Abstieg bewahren. Am vorigen Wunschkandidaten übt Sportchef Patrick Fabian scharfe Kritik.
Hans-Peter Villis, der Vorstandsvorsitzende des VfL Bochum, kommt nur selten zu einer Pressekonferenz seines Klubs. Wenn der 66-Jährige auf dem Podium Platz nimmt, weiß man: Die Lage ist ernst.
Bochum will Geschlossenheit demonstrieren. „Wir müssen absolut zusammenhalten im Verein, auf allen Ebenen, um gemeinsam die Liga zu halten“, sagte Villis bei der Pressekonferenz am Dienstag, einen Tag nach der Trennung von Trainer Thomas Letsch und vor der ersten Trainingseinheit des neuen Cheftrainers Heiko Butscher. Nach der sportlichen Talfahrt mit fünf Niederlagen und einem Remis habe man „einen neuen Impuls“ benötigt - und die beste Lösung gefunden. „Heiko Butscher hat Expertise, Tiefgang, die VfL-Bochum-DNA“, so Villis.
Der 43-jährige U19-Trainer des VfL erhielt einen Vertrag für die restlichen sechs Saisonspiele. Im Erfolgsfall könnte er auch kommende Saison die Profis trainieren, ansonsten wird Butscher, der auch Sportchef des Talentwerks ist, wie bisher geplant Trainer der U23 in der Oberliga.
News und Hintergründe zum VfL Bochum
- Transferticker: Dani de Wit ein Kandidat beim VfL, Masouras nicht mehr
- Holtmann: Darum wartet Bochum noch auf Geld
- VfL Bochum U19: Keine Derbys in der Nachwuchsliga
- VfL U23: Eingruppierung fix - ein Geschmäckle bleibt
- Trainerteam komplett: Noch ein Co-Trainer für Zeidler
- Schlotterbeck kehrt nicht zurück zum VfL Bochum - Hintergründe
Seit 2013 ist der Allgäuer im Verein, beim VfL beendete er 2015 seine Profikarriere, stieg danach ins Talentwerk ein, wurde Fußball-Lehrer. Butscher trainierte in den letzten Jahren die U19, war zuvor auch Co-Trainer des damaligen Zweitligisten unter Robin Dutt und Thomas Reis und dreimal bereits eingesprungen als Interimstrainer - zuletzt im September 2022 beim 1:1 gegen den 1. FC Köln. Es war die Partie vor der Verpflichtung von Letsch, der am Montag ebenso wie sein Co-Trainer Jan Fießer freigestellt worden war.
Seit Sonntag gab es Gespräche mit weiteren Trainerkandidaten, immer wieder waren Namen an die Öffentlichkeit durchgesickert. Urs Fischer wurde nach Informationen dieser Redaktion ebenso kontaktiert wie Stefan Kuntz oder Hermann Gerland. Und Peter Stöger (57).
Mit dem Ex-Trainer des 1. FC Köln und von Borussia Dortmund und dem österreichischen Zweitligisten Admira Wacker Möldling, wo er Sportdirektor ist, waren die Verhandlungen am Montag weit fortgeschritten.
Stöger sagte am Abend ab - oder der VfL ihm? „Wir haben gemeinsam entschieden, dass es nicht passt“, meinte Fabian. Stöger selbst erklärte gegenüber „heute.at“ seine Absage - was Fabian mächtig aufregt. „Wenn sich Kandidaten im Nachhinein so äußern wie es Peter Stöger tut, ist das sehr skurril“, so der VfL-Chef angefressen. Fabian zitierte Stöger mit seiner Aussage, dass er sich „wieder ins Gespräch bringen“ wollte. „Wenn man nicht der Überzeugung ist, hierher zu kommen der Sache wegen, sondern um seinen Namen ins Spiel zu bringen, dann ist das generell ein Problem. Das ist für mich sehr zweifelhaft, wie da vorgegangen wird. Wie es dargestellt wird, ist nur ein Teil der Wahrheit.“
Ob der VfL Bochum oder Kandidaten wie Fischer und Kuntz absagten oder umgekehrt, wollte er „nicht weiter kommentieren. Am Ende zählt, wer hier ist, und wir haben mit voller Überzeugung die Entscheidung für Heiko Butscher getroffen.“
„Die beste Entscheidung“ für den VfL Bochum
Dass er nur eine 1b-Lösung ist, wollten Sportdirektor Marc Lettau, Fabian und Butscher selbst so nicht stehen lassen. Um die beste Lösung zu finden, bedarf es mehrerer Alternativen, erklärte Fabian den Prozess: „Wenn Du nicht mit anderen Leuten sprichst, weißt Du nicht, welche Option die beste ist. Es ist unsere Pflicht, mit anderen Kandidaten zu sprechen, um am Ende die beste Entscheidung für den Klub zu treffen.“
Butscher stand von Anfang an auf der Kandidatenliste, nach Informationen dieser Redaktion allerdings nicht ganz oben. Am Montagnachmittag erklärte der neue Hoffnungsträger, sei er gefragt worden - und habe keine Sekunde gezögert. Butscher: „Ich liebe dieses Stadion, liebe diesen Verein, über Jahre hinweg. Ich kann ja nicht nein sagen, wenn Verein Hilfe braucht. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob mit dem einen oder andern gesprochen wurde, das ist die Aufgabe des Vereins. Wenn sich herauskristallisiert, dass ich die Lösung bin, ist das absolut top.“
Womöglich bleibt er über die kommende Saison hinaus - im Fall des Klassenerhalts. „Ich glaube, dass ich absolut fähig bin für diesen Job“, sagte Butscher. Fabian: „Die Chance ist da, etwas Positives zu schaffen - natürlich auch für Heiko persönlich.“
Am Samstag kommt der 1. FC Heidenheim
Zunächst aber muss er die Mannschaft aufrichten, die Fans mitnehmen, die Wende schaffen. Bochum steht nach fünf Niederlagen und einem Remis, nach dem 1:2-Schock von Köln noch auf Rang 15, der Vorsprung auf Mainz und Köln beträgt aber nur noch drei bzw. vier Punkte. Am Samstag steigt das erste Spiel nach der „alternativlosen“ Trennung, so Fabian, von Thomas Letsch. Zu Gast im Ruhrstadion ist Aufsteiger FC Heidenheim.
„Die Spieler wollen, das habe ich gespürt“, sagte Butscher nach seiner ersten Teambesprechung. Und: „Die werden auch liefern am Wochenende.“
Anpacken werde er die Spieler auch in Gesprächen, vor allem lege er „wahnsinnigen Wert auf die Trainingsarbeit“, sagte Butscher. Viel verändern müsse man gar nicht, Fehler in den letzten Partien wollte er nicht kommentieren - aus Respekt vor Letsch, „das wäre unfair“. Butscher setzt auf fixe Strukturen: „Wir müssen klare Vorgaben geben, haben klare Regeln. Die Mannschaft braucht ein Grundgerüst, in dem jeder weiß, was er zu tun hat.“