Gelsenkirchen. Wie profitiert Schalke finanziell? Was passiert im Abstiegsfall? Werden Mitarbeiter entlassen? Fragen und Antworten zum Sportfive-Deal.

Hinter den Kulissen wurde lange über einen Einstieg einer externen Vermarktungsagentur bei Schalke 04 diskutiert – seit Dienstagmittag ist ein solcher Deal offiziell. Die Hamburger Agentur „Sportfive“ übernimmt ab März den Vertrieb des Zweitligisten und kümmert sich künftig um das Beschaffen von Sponsoren. Der Vertrag ist auf fünf Jahre ausgelegt.

Doch was bedeutet die Partnerschaft von Sportfive und Schalke 04? Wir klären die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was erhofft sich Schalke vom Sportfive-Deal?

In erster Linie mehr Power im Vertrieb. Bis zuletzt bestand die Vertriebs-Abteilung des FC Schalke 04 aus weniger als fünf festangestellten Mitarbeitern. Durch die Zusammenarbeit mit Sportfive wird das Vertriebsteam künftig verdreifacht, wie diese Zeitung erfahren hat.

Nötig ist das nach Meinung der Schalker, weil die Suche nach Sponsoren durch die komplizierte wirtschaftliche und sportliche Situation viel schwieriger geworden. Die Schalker glauben, kurzfristig mit Hilfe von Sportfive die Einnahmen zu stabilisieren und mit der Zeit sogar mehr generieren zu können als es aktuell aus eigener Kraft möglich wäre – zum Beispiel durch eine personell aufgestockte Abteilung. Top-Personal zu finden, das sich schnell einarbeitet und kurzfristig Ergebnisse liefert – das ist schwierig.

Wichtig ist den Schalkern zu betonen, dass sie faktisch keine Vertriebsrechte verkauft haben, sondern sich nur Expertise und Manpower hinzuziehen. Die Entscheidungshoheit über alle möglichen Sponsoring-Deals liegt weiterhin beim Aufsichtsrat von Schalke 04.

Die Schalker wollen nicht nur von zusätzlichen Arbeitskräften, sondern auch von dem enormen Netzwerk des Vermarkters profitieren. Mit Klubs wie Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, VfB Stuttgart, Hertha BSC und Union Berlin arbeitet Sportfive bereits zusammen – an Kontakten zu möglichen Sponsoren mangelt es der in Hamburg ansässigen Agentur dementsprechend nicht. Auch international ist Sportfive aktiv, so fädelten sie in der jüngeren Vergangenheit etwa Ärmelsponsoren-Deals von Tottenham Hotspur und Atlético Madrid ein.

Schalkes Vorstandschef Matthias Tillmann.
Schalkes Vorstandschef Matthias Tillmann. © RHR-FOTO | RHR-FOTO

Schalke und Sportfive: Was passiert konkret auf der Geschäftsstelle?

Sportfive wird ein spezielles Schalke-Team aus ihren Mitarbeitern benennen, die sich in den kommenden fünf Jahren ausschließlich um den Vertrieb des Zweitligisten kümmern. Ebendiese Vertriebs-Experten werden in der S04-Geschäftsstelle in Gelsenkirchen arbeiten und auftreten wie ganz normale Schalke-Mitarbeiter – sie bekommen beispielsweise auch eine S04-Mail-Adresse. Bezahlt werde sie jedoch weiter von Sportfive.

Plan des Schalker Vorstandes ist, dass die aktuelle S04-Vertriebsabteilung dem Sportfive-Team beitritt – dafür müssten diese allerdings neue Arbeitsverträge abschließen. Angestellt wären sie dann nicht mehr bei Schalke 04, sondern bei Sportfive.

Wie profitiert Schalke finanziell?

Kurzfristig gar nicht. Obwohl es branchenüblich ist, dass für die Unterschrift eines solchen Vertrages eine Einmalzahlung fließt (Signing Fee), hat Schalke eine solche Zahlung nicht ausgehandelt. Hintergrund: Statt einer Einmalzahlung haben sich die Gelsenkirchener mit Sportfive auf niedrigere Provisionssätze geeinigt – davon verspricht sich der Klubs mit Blick auf die Vertragsdauer von fünf Jahren mehr als von einer sofortigen Zahlung. Wie diese Zeitung erfahren hat, sollen die Provisionssätze bei unter zehn Prozent liegen.

Geeinigt haben sich Schalke 04 und Sportfive wohl auch auf eine garantierte Summe der Vertriebserlöse. Heißt vereinfacht: Der Vermarkter versichert S04, dass er durch seine Arbeit pro Saison mindestens Summe X an Sponsoringerlösen für den Klub erwirtschaftet. Wenn dies faktisch nicht gelingen sollte, müsste Sportfive diese Summe aus eigener Tasche zahlen.

Spannend ist diese Garantie auch mit Blick auf die Lizenzierung – denn sowohl im Zweit- als auch im Drittligaszenario hat Schalke durch den Sportfive-Deal so eine Plangröße, die an die DFL übermittelt werden kann.

Die Geschäftsstelle von Schalke 04.
Die Geschäftsstelle von Schalke 04. © FUNKE Foto Services | Stefan Rittershaus

Was sagen die Verantwortlichen?

„Zusammen mit Sportfive werden wir partnerschaftlich daran arbeiten, das Potenzial der Marke FC Schalke 04 im Sponsoring erfolgreich zu heben. Unsere Vertriebspower wird mit einem Schlag mehr als verdreifacht“, erklärt Schalkes Vorstandsvorsitzender Matthias Tillmann in einer Mitteilung des Vereins.

Und weiter: „Gemeinsam mit der Expertise von Sportfive werden wir die angepeilten Neuabschlüsse in einem für alle Clubs schwierigen Marktumfeld kurzfristig, also bereits mit Blick auf die kommende Saison, realisieren können. Das erhöht unsere Planungssicherheit für die nahe und mittlere Zukunft spürbar.“ Zudem biete die Partnerschaft „die Chance, neue, innovative Wege im Sponsoring zu gehen. Ich denke dabei vor allem an die Digitalisierung im Bereich Hospitality und die Potenziale der Knappenschmiede.“

Sportfive-Geschäftsführer Hendrik Schiphorst bezeichnete Schalke der weil als einen „der größten Vereine weltweit mit einer enormen Strahlkraft und einer familiären und offenen Kultur. Wir sind stolz, nun ein Teil der großen S04-Familie zu sein und den Verein ab sofort mit unserer Vermarktungs- und Digitalisierungsexpertise zu unterstützen. Gemeinsam werden wir den Vertrieb neu und leistungsstark aufstellen und den Sponsoring- und Hospitality-Vertrieb auf das nächste Level heben.“

Was passiert im Abstiegsfall?

Der Vertrag zwischen Sportfive und Schalke 04 gilt für die Bundesliga sowie die 2. Bundesliga und die 3. Liga. Für alle drei Ligen wurden individuelle Ziele vereinbart.

Hat Schalke bereits Erfahrungen mit Vermarktern?

Ja. In der jüngeren Vergangenheit hat Schalke 04 externe Vermarkter wie Sportfive oder Infront bereits um Hilfe bei der Suche nach Sponsoren gebeten – auf Provisionsbasis. Auch bei dem Hauptsponsor-Deal mit „meinAuto.de“ im Sommer 2022 fädelte eine solche Agentur ein.

In ihrer Zeit im Vorstand von „trivago“ haben der Vorstandsvorsitzende Matthias Tillmann und Aufsichtsratschef Axel Hefer ebenfalls Erfahrungen mit Sportfive gemacht – denn über die Agentur wurde 2021 ein Trainings-Kit-Sponsoring mit dem Premier-League-Giganten FC Chelsea eingefädelt.

2022 präsentierte Schalke 04 mit dem damaligen Vorstandschef Bernd Schröder (rechts) „meinAuto.de“ als neuen Hauptsponsor. Eingefädelt wurde der Deal damals von einem externen Vermarkter.
2022 präsentierte Schalke 04 mit dem damaligen Vorstandschef Bernd Schröder (rechts) „meinAuto.de“ als neuen Hauptsponsor. Eingefädelt wurde der Deal damals von einem externen Vermarkter. © FUNKE Foto Services | Tim Rehbein/RHR-FOTO

Wie läuft bei Schalke 04 die Suche nach einem Hauptsponsor?

Da der Vertrag mit dem aktuellen Hauptsponsor Veltins zum Saisonende ausläuft, suchen die Gelsenkirchener bereits einen neuen Groß-Sponsor für die Trikot-Brust – und das braucht Zeit. Weit mehr als ein halbes Jahr dauert das Zustandekommen eines solchen Deals häufig.

Noch haben die Schalker sich nicht mit einem neuen Hauptsponsor geeinigt, doch die Gespräche mit potenziellen Partnern laufen, wie diese Zeitung weiß. Auch Sportfive wird künftig in diese Gespräche eingebunden werden. Klar ist: Der Klub ist überzeugt, dass rechtzeitig ein neuer Hauptsponsor präsentiert werden kann – also anders als im Sommer 2023, wo Veltins als eine Art Notlösung erst kurz vor Saisonstart eingesprungen ist.

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