Gelsenkirchen. Schalke 04 steht vor dem Heimspiel am Freitag (18:30 Uhr) gegen Holstein Kiel unter Druck. Thomas Reis und André Hechelmann sind gefordert.

Dass die Stimmungslage des FC Schalke 04 nur Champions League oder Weltuntergang kennt, weiß die Fußball-Republik schon lange. Selten aber wechselte die Stimmung so schnell wie zu Beginn der aktuellen Zweitliga-Saison. In der Sommerpause diskutierten die Fans gar nicht darüber, ob, sondern nur wann Schalke aufsteigt. Nach vier absolvierten Pflichtspielen, in denen Schalke nicht überzeugte und zwei sogar verlor, klingt das ganz anders. Vor dem Heimspiel gegen Holstein Kiel (18.30 Uhr/Sky) am Freitag herrscht Krisenstimmung in Königsblau, Trainer Thomas Reis und Sportdirektor André Hechelmann spüren erstmals Gegenwind.

Doch wie gehen sie damit um?

Schalke-Trainer Thomas Reis: "Braunschweig wird eine Lehre sein"

Eine kurze Trainingswoche hatte Reis zu bewältigen und wenig Zeit, die so bittere wie peinliche 0:1-Niederlage bei Abstiegskandidat Eintracht Braunschweig am Sonntag zu besprechen. Am Montag hatte er seinen Profis frei gegeben, an den drei Trainingstagen bat er zu Videoanalysen, überforderte die Spieler auf dem Platz aber nicht. „Ich finde es nicht schlimm, dass die Woche kurz ist“, sagte Reis. „Wir haben Braunschweig abgearbeitet, wir waren kritisch miteinander. Braunschweig wird eine Lehre sein.“

Schalke-Kommentar: Das große Vertrauen in den Kader ist riskant

Die Botschaft, die Reis am Mittwoch zu verkünden hatte, versteckte er nicht hinter Metaphern und Floskeln. 16-mal in 17 Minuten Pressekonferenz sprach der Trainer von „aggressiv“ oder „Aggressivität“. Auf die große Kritik von Fans und Experten fand er eine simple Antwort. „Wir haben eine Qualität, die sich viele Mannschaften wünschen. Aber wenn du nicht die nötige Aggressivität zeigst, wird es schwer. Kommt jetzt die Aggressivität dazu, sind wir so präpariert, dass es schwer wird, Schalke 04 zu schlagen“, sagte Reis.

Er hinterließ dabei einen gelösten Eindruck, nachdem er in der Woche zuvor noch schnippisch vom „alten Schalke“ gesprochen hatte, das vieles zu negativ sehen würde. Diesmal: keine Rede davon, als hätte er es sich vorher extra vorgenommen. „Ich freue mich wahnsinnig auf das Spiel. Ich weiß einfach, dass wir es besser können“, sagte er.

Schalke: Nur Marius Müller bisher ein Top-Transfer

Und Hechelmann? Treffpunkt „Café Schmiede“, so nennen die Schalker einen begehbaren, in blau angestrichenen Container mit Blick aufs Parkstadion, wo die Knappenschmiede-Teams spielen. Der 38-Jährige trug auch diesmal eine 7/8-Hose, im Sommer so etwas wie sein Markenzeichen. Es ist seine erste Transferperiode als Sportdirektor, sieben Spieler hat er verpflichtet – als bisher letzten Yusuf Kabadayi vom FC Bayern vor exakt drei Wochen. Seitdem sprach er immer etwas kryptisch davon, Schalke sei am Markt aktiv und es werde noch etwas passieren. Die Wahrheit: Von den Neuen zündete bisher nur Torwart Marius Müller, der vom FC Luzern kam. Keine zufriedenstellende Bilanz für Hechelmann.

Doch er gab sich erstaunlich entspannt. Die Mannschaft müsse sich noch finden, sagte er. Dem Kader würde er vertrauen. „Wir haben unsere Prioritäten und einen Plan, den wir umsetzen möchten, werden aber ruhig bleiben und nicht in Aktionismus verfallen“, sagte er. In acht Tagen schließt das Transferfenster, nur ein weiterer Spieler soll kommen – sofern kein Profi Schalke noch verlässt. Gesucht wird für die Defensive ein linker Außenverteidiger. Hechelmann und Reis, die viel diskutieren, ob auf dem Trainingsplatz, im Profileistungszentrum, im Büro, am Handy, sind da einer Meinung. „Links hinten“, sagte Reis am Mittwoch, „haben wir nur Thomas Ouwejan. Auf der Rechtsverteidiger-Position sind wir variabler besetzt: Cedric Brunner spielt dort, Henning Matriciani sehe ich dort am stärksten, auch Niklas Tauer kann aushelfen.“

Schalke verliert in Braunschweig: Mehr News und Hintergründe

Und vorne? Die Kritik der Fans ist groß, zu wenig kreativ sei Schalke, würde vor allem von der Effektivität profitieren. „Ich empfinde nicht, dass wir vorne nicht gut genug besetzt sind“, sagte Hechelmann dazu und betonte eins seiner Lieblingswörter: realistisch: „Wir müssen realistisch bleiben. Es darf nicht passieren, dass du dich verrennst und dich an etwas hängst, was nicht umsetzbar ist.“

Ruhe und Gelassenheit strahlten Reis und Hechelmann in dieser Woche aus. In Zeiten großer Emotionen haben das schon viele versucht