Duisburg. Nach dem Fiasko gegen den Halleschen FC gibt es für den MSV Duisburg nur zwei Optionen für die unmittelbare Zukunft. Ein Kommentar.

Ob Michael Preetz seinen Entschluss schon bereut hat? Selten wohl ist eine Fußballkarriere innerhalb von nicht einmal einer Woche ohne großes eigenes Zutun derart in den Sinkflug geraten wie beim neuen Geschäftsführer des MSV Duisburg. Am Freitag wurde der Ex-Torjäger noch hastig vor dem Spiel in München als Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft präsentiert, jetzt muss er sich schon in die Rolle des Sanierers einfinden. Der erschütternde Dienstagabend hat dem Gründungsmitglied der Bundesliga den erstmaligen Weg in die Viertklassigkeit geebnet.

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Boris Schommers sagt, dass aus den ausstehenden 15 Spielen noch 45 Punkte geholt werden können. Klar, abgesehen vom Umstand, dass es sogar noch deren 16 sind, ist alles möglich. Rechnerisch könnte der VfL Bochum auch noch Deutscher Meister werden, während der FC Bayern München gleichzeitig absteigt. Nur sehr wahrscheinlich ist das nicht. Streng genommen gibt es nun exakt zwei Möglichkeiten. Nummer eins: den Glauben an das, was aktuell unmöglich erscheint, aufrechterhalten und mit einem Gewaltakt noch einmal alles für die Rettung unternehmen. Nummer zwei: das tun, was viele Fans in den sozialen Medien schon am Dienstagabend verlangten, nämlich den sofortigen Neuaufbau einleiten, um in der kommenden Saison in der Regionalliga nicht nur wettbewerbstauglich zu sein, sondern in der Lage, sofort wieder den Aufstieg anzupeilen.

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Der Sturz in die Regionalliga würde für den MSV die dritte große Zäsur in den vergangenen 40 Jahren bedeuten. Die erste war der Abstieg aus der 2. Bundesliga 1986, der verhältnismäßig gut verkraftet wurde, als Beispiel für einen Neuaufbau aber nicht herhalten kann, da die Bedingungen seinerzeit völlig andere waren und vor allem ein dreijähriger Verbleib außerhalb des Profibereichs diesmal für den Fortbestand des Vereins komplett unvorstellbar wäre. Die zweite war der Lizenzentzug 2013, der von den Verantwortlichen große Improvisationskunst erforderte. Das ging mit einigen personellen Glücksgriffen halbwegs gut, ist aber ebenfalls nicht reproduzierbar. Vielmehr wäre es fahrlässig, mit einer Planung für die Viertklassigkeit bis zu dem Moment zu warten, an dem rechnerisch nichts mehr geht.

Großer Teil des Kaders nicht für einen Wiederaufbau geeignet

Mit nüchternem Blick muss gesagt werden, dass der allergrößte Teil des aktuellen Kaders für einen Neustart nach dem Motto „Auferstehen aus Ruinen“ nicht in Betracht kommt. Die talentiertesten Eigengewächse sind mit Caspar Jander und Baran Mogultay schon weg, Altprofis wie Alexander Esswein, Marvin Bakalorz und wohl auch Daniel Ginczek bieten keine Perspektive für einen Kader, der ja nach Möglichkeit nicht nur gleich wieder aufsteigen, sondern auch nach einer Drittligarückkehr die Klasse halten soll. Tim Köthers Leihe endet nach der Saison. Bei Vincent Müller, Thomas Pledl und Niklas Kölle ist davon auszugehen, dass sie an der Viertklassigkeit kein Interesse haben. Denkbar ist, dass Sebastian Mai nach seiner schweren Verletzung als Führungsspieler für den Neuaufbau zur Verfügung steht, auch Marvin Knoll hat gezeigt, dass auf ihn Verlass ist. Wünschenswert wäre ein Verbleib von Santiago Castaneda. Die Talente Max Braune, Batuhan Yavuz, Hamza Anhari und Kaan Inanoglu müssten eine klare Perspektive aufgezeigt bekommen.

Dass Boris Schommers der Mann sein kann, der den MSV wieder nach oben führt, ist aktuell nur sehr schwer vorstellbar. Pluspunkte hat er sowohl tabellarisch als auch, was das Vertrauen in seine Fähigkeiten angeht, bislang nur in nicht ausreichender Form sammeln können. Sein Kredit bei den Fans war vom ersten Tag an begrenzt und ist nach dem Komplett-Fehlstart ins Jahr endgültig aufgebraucht. Eigentlich ist es egal, für welche der Optionen sich die Verantwortlichen entscheiden: Der aktuelle Trainer kann nicht mehr derjenige sein, der sie umsetzen soll.