Dortmund. . Der BVB erlebt eine erste Krise. Die Stimmung? Bescheiden. Die Verantwortlichen verzichteten auf einen weiteren Transfer eines Außenverteidigers. Richtig?

Man tritt Marius Wolf nicht zu nahe, wenn man festhält, dass der 28-Jährige einen eher exzentrischen Geschmack hat. Am Dienstag zeigte er sich mit einer neuen Frisur, seine Haare hatte er geflochten und nach hinten gebunden. So betrat er das BVB-Jugendstadion in Dortmund-Brackel, in das der Vizemeister zu einer öffentlichen Einheit eingeladen hatte. Wobei so viele gar nicht kommen wollten, vielleicht waren es 150 Anhängerinnen und Anhänger, die in den Vorort der 600.000-Einwohner-Stadt gefahren waren.

BVB-Training ohne die Nationalspieler

Vermutlich, weil die meisten Borussen zu ihren Nationalmannschaften gereist sind; insgesamt 15 haben sich in dieser Länderspielpause verabschiedet (Stürmer Niclas Füllkrug hat aufgrund von Oberschenkel-Problemen die deutsche Nationalelf aber bereits wieder verlassen). Marius Wolf hatte genauso gehofft, einen Koffer packen zu müssen. Im vergangenen März gab der Außenspieler sein Debüt unter Bundestrainer Hansi Flick, beim 2:0-Sieg im Testspiel über Peru überzeugte er als Rechtsverteidiger. „Vielleicht die Lösung“, schrieb diese Zeitung damals, da Wolf in dieser Phase auf der rechten Defensivseite nicht nur in der Nationalmannschaft, sondern ebenfalls im Verein überzeugte. Der gebürtige Coburger schien seine Rolle nach vielen Umwegen gefunden zu haben.

Schien, muss man heute festhalten, denn mittlerweile scheint es eher so, als hätte Wolf in der vergangenen Rückrunde ein Hoch erlebt, das er so nicht halten kann. Hansi Flick hat ihn diesmal jedenfalls nicht eingeladen. Die vermeintliche Lösung für die deutsche Rechtsverteidiger-Position hat eben auch einige Schwächen und steht damit symptomatisch für ein Problem der Borussia, die sich nach den ersten drei Bundesliga-Spielen, in denen gegen Köln (1:0), Bochum (1:1) und Heidenheim (2:2) nur fünf Punkte geholt wurden, in einer frühen Krise befindet.

BVB trainiert öffentlich - viele Fans kommen nicht

Die Außenverteidiger des BVB sind zu limitiert. Ramy Bensebaini, 28, Julian Ryerson, 25, und eben Wolf verfügen über defensive Qualitäten und eine gewisse Intensität, darauf legen die Kaderplaner derzeit Wert. Ihnen fehlt es allerdings an Kreativität in der Offensive. Dazu kommt Thomas Meunier, 31, den die Dortmunder gerne abgegeben hätten. Und Mateu Morey, 23, bei dem nicht klar ist, ob er nach seinen vielen Verletzung wieder den Weg auf sein vorheriges Niveau findet.

Ausgepumpt: Ramy Bensebaini, BVB-Linksverteidiger.
Ausgepumpt: Ramy Bensebaini, BVB-Linksverteidiger. © firo

BVB verzichtete auf einen Transfer von Ivan Fresneda

Es ist nicht so, dass dies den Verantwortlichen nicht bewusst wäre. Schon länger beschäftigt sich Sportdirektor Sebastian Kehl mit neuen Fußballern für die Außenbahn. Ivan Fresneda, 18, stand auf der Liste des Klubs, am Ende entschieden sich die Dortmunder jedoch für Einkäufe auf anderen Positionen, um den Kader zu verstärken. Kurz vor dem Ende des Transferfenster wurde etwa Angreifer Niclas Füllkrug für knapp 15 Millionen Euro von Werder Bremen verpflichtet.

Man habe nun mal schon genug Außenverteidiger, heißt es in Dortmund, wenn man nachfragt. Neuverpflichtungen hätten nur Sinn ergeben, wenn Abgabekandidaten den Verein verlassen hätten. Dies kam nicht zustande, deswegen müsse es jetzt so funktionieren.

Ein Problem, denn die Schwarz-Gelben schaffen es unter Trainer Terzic selten, das Spiel durchs Zentrum zu führen, oft werden Angriffe über die Außenverteidiger eingeleitet. Mehr Genialität, wie sie der zum FC Bayern gewechselte Raphael Guerreiro bei all seinen Schwächen mitbrachte, wäre hilfreich, um mehr Gefahr zu erzeugen und die Gegner mit mehr Unberechenbarkeit zu konfrontieren.

Der BVB braucht mehr Spektakel

Mehr Spektakel braucht es, um die Fans wieder auf die eigene Seite zu ziehen nach dem trüben Saisonstart. Die Lage ist angespannt, wenn es am 16. September beim SC Freiburg (15.30 Uhr/Sky) weitergeht, wird eine Leistungssteigerung benötigt. Kurz danach beginnt bereits die Champions League mit einem Auswärtsspiel bei Paris Saint-Germain.

Marius Wolf, BVB-Rechtsverteidiger.
Marius Wolf, BVB-Rechtsverteidiger. © firo

Marius Wolf spricht mit BVB-Legende Marcel Schmelzer

Zurück zur öffentlichen Trainingseinheit; am Dienstag unterhielt sich Marius Wolf nach dem Training lange mit Marcel Schmelzer, der am Rand stand. Schmelzer, 35, hat seine BVB-Karriere beendet, arbeitet mittlerweile in der Dortmunder Jugend. Es gab talentiertere Fußballer als den gebürtigen Magdeburger, aber auf der linken Seite quetschte er das Beste aus seinen Fähigkeiten heraus – und sollte damit ein Vorbild sein für die aktuellen Außenverteidiger