Essen. . Die Entscheidung in puncto Nationaltrainer scheint gefallen zu sein. Julian Nagelsmann ist kein Rudi Völler, aber trotzdem gut. Ein Kommentar.
Es wird niemanden überraschen, wenn man zur Feststellung kommt, dass Julian Nagelsmann nicht Rudi Völler ist. Bekanntlich gibt es ja nur einen Rudi Völler, Nagelsmann kann also kein Völler sein – und er ist auch kein Typ Völler. Keiner, dem die Herzen zufliegen, keiner, der eine ganze Fußballnation hinter sich versammelt. Dem Fußballlehrer Nagelsmann schlägt deutlich mehr Ablehnung entgegen. Weil ihn sein Karriereweg bislang zur TSG Hoffenheim, zu RB Leipzig und zum FC Bayern führte, drei Klubs also, die stark polarisieren. Und weil ihm sein enormes Selbstbewusstsein immer wieder als Arroganz ausgelegt wird.
Trotzdem ist Nagelsmann eine vernünftige Wahl. Fachlich ist der mit 36 Jahren immer noch sehr junge Trainer über jeden Zweifel erhaben, zudem hat er nachgewiesen, dass er eine Mannschaft sehr schnell weiterentwickeln, ihr eine Spielidee und Energie verpassen kann. Entscheidend wird nun sein, wie er mit seinem jähen Aus beim FC Bayern umgeht. Ob er die richtigen Schlüsse zieht aus den Vorwürfen, die laut wurden – dass er hier und da übers Ziel hinaus schoss im Umgang mit den Spielern und auch in puncto Selbstinszenierung.
Spieler kennen die Spielidee von Julian Nagelsmann
Nagelsmanns Vorteil: Er kennt einen Großteil der Nationalmannschaft aus seiner Zeit bei Leipzig und Bayern und damit kennen die Spieler auch seine Spielidee. Nagelsmanns Nachteil: Das wissen auch die Profis aus den anderen Klubs, die genauestens beäugen werden, ob der neue Trainer jene bevorzugt, die er schon länger kennt. Selbst den geringsten Anschein davon muss Nagelsmann vermeiden – was ihm nicht nur fußballfachlich, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene Höchstleistungen abverlangen wird.