Mönchengladbach. Borussia Mönchengladbach verliert gegen den VfB Stuttgart klar. Manager und Trainer stellen sich hinter die Mannschaft.
Es gibt diese nicht so einfach zu kontrollierende Kraft im Fußball, die gerne mit Begriffen wie „Mentalität“ oder „Resilienz“ umschrieben wird und die bei Borussia Mönchengladbach ein ewiges Debattenthema ist. Vor dem ernüchternden 1:3 (1:1) gegen den VfB Stuttgart am Samstag wurde die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane für große Fortschritte auf diesem Gebiet gefeiert. Und auch am Samstag glänzten die Gladbacher mit einer beachtlichen Widerstandskraft. Jedenfalls in der ersten Halbzeit, über die der Stuttgarter Trainer Sebastian Hoeneß anerkennend sagte: „Es ging häufig darum, sich individuell zu behaupten, und da habe ich klare Vorteile auf der Gladbacher Seite gesehen.“ Bemerkenswert entschlossen wehrten sich die Protagonisten der Borussia dann auch nach dem Abpfiff, als ihnen vorgeworfen wurde, irgendwann doch wieder in eine plötzliche und irgendwie bekannte Lethargie verfallen zu sein. Das Problem war die zweite Halbzeit.
Gladbach-Sportchef Virkus: Ein Rückfall in die Vergangenheit
Roland Virkus hob zu einem emotionalen Verteidigungsplädoyer an, als er es darum ging, ob hier gerade eine Art Rückfall in die Vergangenheit zu beobachten sei. Es gebe „keinen Grund“ für diese Art der Kritik, entgegnete der Geschäftsführer Sport der Borussia energisch. „Nach drei guten Spielen reden wir über eine schlechte Halbzeit, die war nicht gut. Aber da können wir jetzt nicht alles wieder in Schutt und Asche reden. Wir sind auf einem guten Weg.“
Trainer Seoane lobte sogar explizit die Leidensfähigkeit seines Teams, „Kompliment an die Mannschaft, wie sie die Duelle angenommen hat“, sagte er. Der Grund für die Niederlage sei nicht im Charakter des Teams zu suchen, vielmehr habe die Mannschaft eben ein paar individuelle Fehler zu viel gemacht, lautete die zentrale Erklärung der Verantwortlichen. Wobei die individuellen Fehler, die den drei Treffern vorausgegangen waren, eine auffällige Gemeinsamkeit hatten: Es fehlte jeweils die Entschlossenheit beim Verteidigen des eigenen Tores. Das erinnerte dann eben doch an die überwunden geglaubte Schludrigkeit der Vergangenheit. Also doch ein Mentalitätsproblem?
Stuttgart oft wacher als Gladbach
Vor dem ersten Treffer stand Joe Scally bei einem von Torhüter Jonas Omlin abgewehrten Ball eigentlich viel besser als Deniz Undav, er hätte die Situation leicht klären können. Doch der Stuttgarter war einfach wacher und staubte zum 0:1 ab. Vor dem 1:2 hatte Luca Netz den Ball an der eigenen Grundlinie schon erobert, verlor dann aber einen Zweikampf gegen den energischen Fabian Rieder, dessen Pass vors Tor Ermedin Demirovic ins Tor stocherte. Und dem 1:3 war nach einer Ecke ein verlorenes Kopfballduell von Julian Weigl gegen Demirovic vorausgegangen, der das 1:3 köpfte. „Wir haben uns reingefightet und das Spiel in die richtige Richtung geschoben“, sagte der Stuttgarter Sportchef Fabian Wohlgemuth, was um Umkehrschluss hieß: Die Gladbacher haben sich in den entscheidenden Momenten in die falsche Richtung schieben lassen.
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Vielleicht lag das auch daran, dass Alassane Pleá, der zwischenzeitlich zum 1:1 getroffen hatte, nach einer halben Stunde verletzt ausgewechselt werden musste, woraufhin der unglücklich agierende Nathan Ngomou ins Spiel kam. Der Franzose stand ständig im Abseits, verlor fast jeden Zweikampf, in solchen Spielen, in denen um jeden kleinen Vorteil gerungen wird, sind solche Dinge ein Faktor. Aber auch der in den ersten Partien noch für seinen positiven Einfluss gefeierte Kevin Stöger verteidigte nicht so konsequent wie zuletzt, vor dem 0:1 ließ er sich auf dem linken Flügel viel zu leicht überlaufen. Und so bleibt nach vier Pflichtspielen in der neuen Saison eben doch ein altes und gut bekanntes Problem, das im Gegensatz zur Mentalitätsdebatte keinesfalls kontrovers diskutiert werden kann: die Erfolgslosigkeit vor eigenem Publikum.
Gladbach-Trainer Seone: „Insgesamt ist der eingeschlagene Weg sichtbar“
Im Pokal gewann die Mannschaft auswärts in Aue, das Spiel in Bochum am zweiten Spieltag war sehr überzeugend und endete mit einem 2:0-Sieg. Den bislang letzten Erfolg im heimischen Borussia-Park durfte das Publikum hingegen im Februar bejubeln. Das ist wirklich lange her. Erklärend lässt sich anmerken, dass die Gegner in den beiden bisherigen Heimspielen im laufenden Spieljahr Leverkusen und Stuttgart waren, die stärksten Teams der Vorsaison. Auch deshalb konnte Seoane darauf beharren, dass seine Mannschaft in vielen Phasen schon „viel Intensität, viel Leidenschaft und auch spielerische Linie gezeigt“ habe. „Insgesamt ist der eingeschlagene Weg sichtbar“, sagte der Trainer, wären da nicht diese einzelnen Momente, in denen dieses Spiel entschieden wurde. Damit die Erzählung von den nachhaltigen Verbesserungen glaubwürdig bleibt, ist nun dringend wieder einmal ein Sieg im Borussia-Park notwendig. Nach einem Auswärtsspiel in Frankfurt am kommenden Spieltag wird übrigens Union Berlin zu Gast sein, die Widerständler aus Köpenick. Es wäre keine Überraschung, wenn das Resilienz-Thema dann abermals eine zentrale Rolle spielen würde .