London. Zum Saisonende hört Gary Lineker als Moderator der BBC-Sendung Match Of The Day auf. Er prägte die Berichterstattung in England.
Wie sich ein Karriereende anfühlt, hat Gary Lineker aus dem kulturell vielschichtigen Leicester bereits erfahren. Mitte der 90er-Jahre beendete Englands Nationalstürmer nach 16 Jahren seine Spielerlaufbahn. Obwohl es seine kickenden Landsleute seinerzeit allenfalls vereinzelt ins Ausland zog, wechselte Lineker in jungen Jahren zum FC Barcelona und später nach Japan. Er spielte für einige der besten Klubs, nahm an Welt- und Europameisterschaften teil und gehörte zu den erfolgreichsten Torjägern, die England hervorgebracht hat. Der stets gutgelaunte Strahlemann erhielt nie auch nur eine gelbe oder rote Karte in einem Match.
Damit legte Lineker die Basis für seine spätere, zweite Laufbahn im TV. Seit 1995 beeinflusst er maßgeblich die Sportberichterstattung in England, bei der BBC und zwischendrin auch beim Pay-TV-Kanal BT Sport, der inzwischen unter dem Namen TNT Sports läuft. Der 63-Jährige ist der bekannteste Sportmoderator Großbritanniens, vielleicht sogar in der Welt. Doch noch die schillerndste Karriere neigt sich irgendwann mal dem Ende entgegen, auf dem Platz wie vor der Kamera. Das scheint nun bei Lineker zum zweiten Mal der Fall zu sein.
Gary Lineker bei der BBC: zum Abschluss die WM in den USA, Kanada und Mexiko
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In einer gemeinsamen Erklärung gaben die BBC und Lineker bekannt, die Zusammenarbeit künftig zu reduzieren. Zum Saisonende wird Lineker nach dann 26 Jahren die Präsentation der BBC-Flaggschiff-Sendung Match of the Day abgeben. Sie ist eine Mischung aus Sportschau und Sportstudio in England. In der Spielzeit 2025/26 wird er nur noch die FA-Cup-Partien in der BBC übernehmen – und zum Abschluss die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko. Er bedanke sich bei allen, die dies möglich gemacht hätten, erklärte Lineker. Sein Verhältnis zum neuen BBC-Direktor für Sport soll nicht sonderlich gut gewesen sein. Zudem muss der Sender sparen und Lineker gehört mit einem kolportierten Jahresgehalt von 1,6 Millionen Euro zu den Bestverdienern.
Über seinen Abgang wurde in letzter Zeit immer wieder spekuliert, nachdem die BBC ihn im März 2023 wegen eines kontroversen Tweets zur britischen Asylpolitik vorübergehend abgesetzt hatte. Die Solidarität mit Lineker sorgte dafür, dass beide Seiten das Engagement kurz darauf fortsetzten. Lineker präsentierte weiterhin mit früheren Fußballern die Spieltags-Höhepunkte der Premier League. Seine Berichterstattung mit den Kollegen sucht ihresgleichen, sie avancierte zum Vorbild für andere ehemalige Profis, die zu Experten wurden: Die Analysen waren tiefgründig, die Meinungen fundiert und die Atmosphäre entspannt.
Gary Lineker: zwei unvergessliche Auftritte
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Die Harmonie in den Gesprächsrunden basierte auf dem Vertrauensverhältnis zwischen Lineker und seinen Gästen. Sie konnten sich trotz den gegenseitigen Frotzeleien darauf verlassen, dass niemand schlecht wegkommt. In Erinnerung blieben besonders zwei Auftritte von ihm.
Erstens, wie er den Saisonauftakt im August 2016 nach einer verlorenen Wette in Unterhose moderierte. Lineker glaubte seinerzeit nicht daran, dass sein Heimatklub Leicester City die Meisterschaft gewinnt – was in der Vorsaison tatsächlich passiert war.
Zweitens eine ergreifende Hommage an den Weltfußballer Diego Maradona nach dessen Tod. Dabei brillierte Lineker mit seinem Einfühlungsvermögen und seiner tiefen Fachkenntnis sowie einer pointierten Ausdrucksweise und einem geschliffenen Humor. Diese Gaben bewies er schon als Spieler, als er nach dem verlorenen WM-Halbfinale 1990 gegen Deutschland seinen berühmtesten Satz sagte: „Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball nach – und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“
Gary Lineker am Mikrofon: immer professionell, nie überheblich
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Trotz seines besonderen Talents demonstrierte Lineker als Moderator eine seltene Professionalität, sie zeigte sich in der Vorbereitung und auch darin, dass er in der Anfangszeit Sprechtraining nahm. Damit widerlegte er die Gesetzmäßigkeit, dass bekannte Fußballer nach ihrem Rücktritt kaum an ihre bisherigen Erfolge anknüpfen können.
Der mediale Fußballboom hat Gary Lineker durch seine unzähligen TV-Einsätze zu einer enormen Popularität verholfen, seine solidarische Grundhaltung machte ihn vom Nationalliebling zum Nationalheiligtum. Das britische Magazin Esquire bezeichnet ihn als „Großbritanniens liberale Stimme“. Seine letzte Sendung dürfte das WM-Finale 2026 sein. Zum Abschied wird sich Lineker wünschen, dass Fußball ein einfaches Spiel ist, in dem 22 Männer 90 Minuten einem Ball nachjagen – und am Ende diesmal die Engländer gewinnen.