Bochum. Leverkusen lässt auch beim VfL Bochum Punkte liegen. Trainer Alonso bekommt die Probleme nicht in den Griff – weil sie im Kopf liegen.
Wie zur Salzsäule erstarrt stand Robert Andrich auf dem Rasen des Bochumer Ruhrstadions, der Blick ging ins Leere – und das Abklatschen mit den Gegenspielern, die nach und nach kamen, ließ der Mittelfeldspieler von Bayer Leverkusen höchst widerwillig über sich ergehen. Das 1:1 beim VfL Bochum hatte dem Nationalspieler wie all seinen Leverkusener Mannschaftskollegen gehörig auf den Magen geschlagen. „Wir schaffen es nicht, das bis zum Ende hin wegzuverteidigen und das ganze Spiel die Kontrolle zu haben“, schimpfte Andrich ein wenig später. „Wir schlagen die Bälle kreuz und quer und verlieren den Kopf. Ich verstehe es einfach nicht.“
Das Bochum Spiel war ja nur die Fortsetzung einer äußerst unguten Entwicklung für die Werkself. Schon zum sechsten Mal in der laufenden Saison verspielten die Rheinländer eine Führung, zum dritten Mal nach den Spielen gegen Holstein Kiel (2:2) und Werder Bremen (2:2) passierte das gegen ein Team aus der unteren Tabellenhälfte. In der vergangenen Saison noch als Laterkusen gefeiert, als Mannschaft, die serienweise Spiele noch spät auf ihre Seite zwang, erlebt Leverkusen aktuell das Gegenteil, immer wieder entgleiten die Partien in der Schlussphase – diesmal durch Koji Miyoshi in der 89. Minute, nachdem Patrik Schick früh zur Führung getroffen hatte (18.).
Trainer Xabi Alonso findet keine Lösung für Leverkusens Probleme
Bei der Ursachenforschung für die immer wiederkehrenden Einbrüche kommen sie nicht wirklich voran unterm Bayer-Kreuz. „Woran das liegt? Keine Ahnung!“, haderte Kapitän Lukas Hradecky. Und auch der Mann, der dafür bezahlt wird, sucht vergeblich nach Erklärungen. Trainer Xabi Alonso sprach im Stadionbauch viel über Intensität, darüber, dass er noch analysieren und dass man es besser machen müsse. Worte, die man so schon nach den Spielen gegen Kiel und Bremen gehört, nach denen sich aber wenig geändert hatte.
Der 42-Jährige durchlebt seine erste Krise, nachdem er Bayer im Oktober 2022 übernahm und aus dem Tabellenkeller nach ganz oben führte und nebenbei die Mannschaft formte, die den ansehnlichsten Fußball im Land spielte. Nun aber wirkt der Baske zunehmend frustriert, weil er keinen Ausweg aus der Misere findet. Die Probleme seiner Mannschaft liegen ja nicht in der Taktik, der Raumaufteilung, nicht in den noch immer sehr feinen Füßen – und damit eben nicht in den Bereichen, die für einen Trainer greifbar sind.
Bayer Leverkusens Probleme liegen im Kopf
Die Probleme liegen im Kopf, das klingt immer wieder durch, wenn die Führungsspieler nach den Partien vor die Mikros treten. Das Feuer aus der Double-Saison brennt nicht mehr so stark wie einst, die absolute Gier auf den Ball und den Erfolg geht der Mannschaft aktuell ab, sie wirkt satt, schnell schleicht sich Selbstzufriedenheit ins Spiel. Zu beobachten auch bei einem Unterschiedsspieler wie Florian Wirtz, der zwar eine traumhafte Vorlage für den Torschützen lieferte, dem die Bochumer dann aber mit intensiver Bearbeitung schnell die Lust am Fußballspielen nahmen.
Und dann sind da immer wieder diese Patzer in der Abwehr: 16 Gegentore fielen in der Liga bereits, in der gesamten vergangenen Saison waren es nur 24. Und schon jetzt hat Leverkusen mehr Punkte abgegeben als in der letzten Spielzeit. An Fußballstandorten mit mehr Tradition, wo die Emotionen oft überschwappen, wäre die Unruhe längst gewaltig. In Leverkusen bleibt es ruhig, aber einen Weg aus der Krise sollte der bislang so hochgelobte Trainer dann doch bald finden. Den Titel haben sie offiziell nie ins Visier genommen und intern längst abgeschrieben bei neun Punkten Rückstand auf Tabellenführer Bayern München. „Wir tun gut daran, nur auf uns zu schauen und nicht auf andere“, sagt Andrich. „Damit haben wir genug zu tun aktuell.“