Düsseldorf. Pascal Groß, der neue Chef im deutschen Mittelfeld, soll keine Kopie von Toni Kroos sein. Gegen Ungarn spielte er aber wie eine.

Pascal Groß musste schnell weg. Der Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund stand um kurz vor Mitternacht noch immer in der Mixed Zone, ehe er von einem DFB-Mitarbeiter in den abfahrbereiten Mannschaftsbus gerufen wurde, der bereits seinen Motor gestartet hatte. Groß aber wollte seiner neuen Verantwortung in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gerecht werden und beantwortete auch die letzte Frage zum 5:0 (1:0)-Sieg in der Nations League gegen Ungarn höflich. Sein Fazit nach seinem ersten Spiel als Chef im deutschen Mittelfeld: „Es hat sich sehr gut angefühlt.“ 

Groß selbst war dabei der Motor im deutschen Mittelfeld und neben dem Zauberduo „Wusiala“ ein Hauptgrund, warum Deutschland auch ohne Toni Kroos da weitermachen konnte, wo es bei der Heim-EM im Sommer aufgehört hatte. Julian Nagelsmann hatte sich früh festgelegt, dass der 33 Jahre alte Groß die Aufgabe übernehmen werde, die Rolle von Kroos auszufüllen. Gleichzeitig hatte der Bundestrainer angekündigt: „Pascal macht nicht den Kroos, sondern den Pascal. Es muss jetzt nicht jeder Sechser wie Toni nach hinten links abkippen und die Bälle zwischen die Linien knallen.“

Groß spielt gegen Ungarn wie Kroos

Groß machte gegen Ungarn dann aber vor allem eines: Er kippte von der Sechs häufig nach links hinten ab und knallte die Bälle zwischen die Linien. Vielleicht nicht mit der majestätischen Eleganz, wie sie Kroos über Jahre entwickelt hatte. Wohl aber mit einer ähnlichen Präzision und Sicherheit, die dem deutschen Spiel gut tat. „Pascal hat das Spiel von hinten aufgezogen. Er ist ein sehr intelligenter Fußballer, der nicht umsonst vom Trainer so eine Anerkennung genießt“, sagte Niclas Füllkrug, der nach Groß nun der zweitälteste Feldspieler im deutschen Kader ist. „Er übernimmt Verantwortung auf dem Platz, ist sehr pressingresistent und gibt den Rhythmus vor. Genau so etwas haben wir gebraucht nach dem Verlust von Toni Kroos“, so Füllkrug.

Deutschland - Ungarn
Pascal Groß führte gegen Ungarn die Standards der deutschen Mannschaft aus. © DPA Images | Fabian Strauch

Groß hatte jahrelang fast unbemerkt bei Brighton & Hove Albion in England sein Spiel in einer Ballbesitzmannschaft perfektioniert. Nun soll der neue Dortmunder diese Stärke auch in der Nationalmannschaft als Schlüsselspieler einbringen. Der Auftakt in die neue Ära war vielversprechend. Groß baute das deutsche Spiel auf, er initiierte mit tiefen Bällen mehrere Chancen, schoss die Standards und war immer anspielbar. Für den neuen Motor im deutschen Mittelfeld war die gelungene Premiere der Post-Kroos-Phase keine Überraschung. „Ich bin selbstbewusst und glaube an meine Stärken“, sagte Groß. In nur 59 Minuten hatte er 78 Ballkontakte und spielte 65 Pässe, von denen 91 Prozent den Mitspieler fanden. Zahlen, die an die Statistiken erinnern, mit denen sich Kroos bei der EM vom aktiven Fußball verabschiedete.

Nagelsmann lobt auch Stiller und Pavlovic

Nagelsmann wollte auch nach dem Spiel gegen Ungarn nicht wieder auf den Vergleich zwischen Groß und Kroos eingehen, tat es dann aber doch. „Pascal macht es ähnlich wie Toni, weil er gerne den Ball in den Fuß will und einen guten Blick für die Tiefe hat.“

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Der Bundestrainer lenkte von sich aus die Aufmerksamkeit aber auch auf die zwei Kroos-Groß-Nachfolger der Zukunft: Aleksandar Pavlovic (20) und Angelo Stiller (23). Der Münchner Pavlovic erzielte in seinem zweiten Länderspiel gleich sein erstes Tor, der Stuttgarter Stiller gab sein Debüt im DFB-Trikot. Es waren nur zehn Minuten, doch die hatten Nagelsmann bereits gefallen. „Er hat sofort Bälle gefordert“, lobte der Bundestrainer. „Beide verkörpern viel von dem, was ich auf der Sechs sehen will“, sagte Nagelsmann.

Die nahe Zukunft gehört aber Pascal Groß. Und die lautet: Dienstagabend, Amsterdam, Niederlande. Für den neuen DFB-Motor ist es die nächste Chance, Kroos weiter vergessen zu machen.