Essen. Die nächste Runde in unserem Bundesliga-Check. München, Freiburg und Mainz haben große Änderungen vorgenommen. Wie wirken sie sich aus?

Bald beginnt die Saison 2024/2025 der Bundesliga - vorher machen wir den Check und tippen auch die Abschlusstabelle. Wie immer ohne Gewähr. Hier geht es zu den ersten Teilen: Stuttgart, Augsburg, Kiel, Gladbach, Hoffenheim, St. Pauli, BVB, Frankfurt, Heidenheim und Bochum, Union, Wolfsburg.

FC Bayern: Mächtig Wut im Bauch

Vor dem Bundesligastart kann schon einmal festgehalten werden: An Selbstvertrauen mangelt es dem FC Bayern München auch nach der völlig verkorksten Saison nicht. Ehrenpräsident Uli Hoeneß gibt sich großspurig wie eh und je („Blasen zum Generalangriff“), der neue Trainer Vincent Kompany hat die Siegermentalität beim Einbiegen auf die Säbener Straße aufgesogen („Warum nicht alles gewinnen?“) und auch der frühere Bayern-Boss Oliver Kahn ist sicher, dass die Bayern „zurückschlagen werden“. Die titellose Saison hat dem Rekordmeister gar nicht geschmeckt, die gewohnte Ordnung in der Fußball-Bundesliga soll wiederhergestellt werden. Der Umbruch im Kader ist in vollem Gange.

Der Trainer

Die Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel war überraschend chaotisch und von Absagen der A-Prominenz gepflastert. Längst ist eine der einst attraktivsten Stellen im Fußballgeschäft ein Problemposten. Am Ende entschieden sich die Bayern für den Belgier Vincent Kompany. Bis vor vier Jahren selbst noch ein mit Titeln dekorierter Top-Abwehrspieler, als Trainer nur mäßig erfahren und mit 38 Jahren zwei Wochen jünger als Kapitän Manuel Neuer. Sein Spielstil: schnell, viel Ballbesitz, aggressives Pressing. Kompany selbst wirkt phasenweise noch schüchtern, wegen seiner Unerfahrenheit als Trainer eines Topklubs werden künftig Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund auf den Pressekonferenzen neben ihm Platz nehmen. Kompany selbst geht kein großes Risiko ein, als Coach des FC Burnley stieg er in die Premier League auf und gleich wieder ab. Er kann in München nur gewinnen. Und die Bayern können auch entspannt sein. Scheitert das Experiment, könnte kommenden Sommer wieder A-Prominenz verfügbar sein: Xabi Alonso und Sebastian Hoeneß beispielsweise, vielleicht sogar Jürgen Klopp oder Pep Guardiola.

Unser Bundesliga-Tipp
1. ?
2. FC Bayern München
3. Borussia Dortmund
4. ?
5. VfB Stuttgart
6. Eintracht Frankfurt
7. VfL Wolfsburg
8. SC Freiburg
9. TSG Hoffenheim
10. Union Berlin
11. Borussia Mönchengladbach
12. ?
13. FC Augsburg
14. 1. FSV Mainz 05
15. VfL Bochum
16. St. Pauli
17. 1. FC Heidenheim
18. Holstein Kiel

Der Kader

Der neue Trainer ist gleich gefordert. Sein Kader ist im Vergleich zu seiner letzten Station in England qualitativ einige Nummern größer, doch gleichzeitig auch eine Baustelle. Die Bayern hatten ihren angestrebten Umbruch in diesem Sommer durch die Verpflichtungen von Joao Palhinha (FC Fulham), Michael Olise (Crystal Palace) und Hiroki Ito (VfB Stuttgart/derzeit mit Mittelfußbruch raus) für knapp 130 Millionen Euro vorangetrieben, zudem ist Leihspieler Josip Stanisic von Doublesieger Bayer Leverkusen zurückgekehrt und mit einem Außenbandriss im rechten Knie gleich auf der Ausfallliste. Kein anderer Bundesligist investierte bisher so viel Geld, und die Bayern sind noch lange nicht fertig. Wie sein Team am Ende aussehen wird, weiß auch Kompany erst mit dem Schließen des Transferfensters am 30. August. Durch Entscheidungen in den vergangenen Jahren unter Eberl-Vorgänger Hasan Salihamidzic hat der Klub zu viele Profis im Kader, bei denen Leistung, Millionen-Gehalt und Perspektive längst nicht mehr zusammenpassen. Als Verkaufskandidaten gelten Kingsley Coman, Alphonso Davies und auch ein Abgang von Leon Goretzka wird nicht ausgeschlossen. Wehren würde man sich wohl auch nicht bei passenden Angeboten für Joshua Kimmich und Leroy Sané, die kommenden Sommer ablösefrei gehen können. Zuletzt wechselten Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui (beide Manchester United).

Aus Fulham zum FC Bayern: Joao Palhinha (M.)
Aus Fulham zum FC Bayern: Joao Palhinha (M.) © Marcel Engelbrecht/firo Sportphoto | Marcel Engelbrecht

Gesetzt sind Manuel Neuer im Tor und der letztjährige 36-Tore-Stürmer Harry Kane. Im zentralen Mittelfeld scheint sich einer der härtesten Konkurrenzkämpfe zu entwickeln. Palhinha scheint bereits gesetzt, es wird wohl noch ein Rangeln zwischen Goretzka, Aleksandar Pavlovic und Konrad Laimer geben. Auch eine Rückkehr von Kimmich in die Zentrale scheint nicht mehr unmöglich.

Die Perspektive

Fürs Warmlaufen haben die Bayern unter Kompany keine Zeit, ohne Erfolge gleich zu Saisonbeginn droht schnell wieder Unruhe. Scheitert der Trainer, dürften auch die Führung um Eberl und Freund kaum noch zu halten sein, ihr Schicksal ist mit ihrer Trainerwahl verknüpft. Am Sonntag starten die Bayern beim VfL Wolfsburg (15.30 Uhr/DAZN). Die Stimmung nach dem Sieg in der ersten DFB-Pokalrunde war gut. Mit weiteren Erfolgen wird sie es bleiben.

Die Prognose

Die Bayern sind traditionell am gefährlichsten, wenn sie geärgert wurden. Mit ordentlich Wut im Bauch werden sie auch unter Kompany alles versuchen, um wieder in die gewohnte Erfolgsspur zu kommen. Doch die Konkurrenz wird größer. Gegen starke Leverkusener dürfte es schwierig werden. Neuer Trainer, Unsicherheiten im Kader – der Rekordmeister wird nicht so dominant sein wie in der Vergangenheit und am Ende Zweiter werden.

SC Freiburg: Beginn einer neuen Ära

Die neue Ära beim SC Freiburg begann mit einem Erfolg. Zwölfeinhalb Jahre hatte Christian Streich den Klub im Breisgau trainiert und war zu einer wahren Kultfigur geworden, nun hatte Julian Schuster das schwere Erbe mit einem 4:0-Sieg gegen den VfL Osnabrück in der ersten Pokalrunde angetreten. Die Freude war groß, so wie es auch die Erwartungen der Fans sind: 5000 waren nach der Sommerpause bei der ersten Trainingseinheit als Zuschauer dabei. SC-Rekord! Der einst kleine SC Freiburg ist finanziell gesund, in der Liga etabliert und mit einem modernen Stadion gesegnet. Kein Wunder, dass er rasant wächst.

Der Trainer

Der Sport-Club bleibt familiär. 39 Jahre ist Schuster alt, seit 2008 im Verein. Erst als Defensivspieler, ab 2018 als Verbindungstrainer zwischen Nachwuchs und Profibereich und nun als Chefcoach. „Ich wundere mich selbst, dass ich relativ entspannt bin“, sagt Schuster vor dem Ligastart. Grundsätzlich gehe er seine erste Trainerstation in verantwortlicher Position mit viel Optimismus an. Darin unterscheidet er sich von Zweckpessimist Streich. Schusters Arbeit mit der Mannschaft baut dennoch auf der seines Vorgängers auf, unter dem er selbst noch gespielt und mit dem er als Verbindungstrainer sechs Jahre zusammengearbeitet hat. 

Die fehlende Erfahrung des neuen Chefs, sein vergleichsweise junges Alter und dass er noch mit einigen seiner jetzigen Schützlinge zusammen auf dem Platz stand, spielt für die Profis keine Rolle. „Er hat eine grundsätzliche Autorität“, findet Zugang Patrick Osterhage. „Es sprüht aus ihm heraus, Inhalte vermitteln zu wollen. Er spricht viel mit uns über Details und ich bin überzeugt, dass er Spieler besser macht.“

Auftakt geglückt: Im Pokalspiel in Osnabrück nahm der SC Freiburg locker die erste Hürde.
Auftakt geglückt: Im Pokalspiel in Osnabrück nahm der SC Freiburg locker die erste Hürde. © dpa | Friso Gentsch

Der Kader

Der Tabellenzehnte der Vorsaison ist weitgehend zusammengeblieben, nur Yannik Keitel (VfB Stuttgart) hat den Verein verlassen. In der Trainingsarbeit und im Spielsystem hat Schuster aber Anpassungen vorgenommen. Er will ein situativ höheres Pressing und insgesamt etwas offensiver und kreativer spielen lassen, auch wenn das eine größere Konter-Anfälligkeit bedeutet.

Die Perspektive

Ein neuer Trainer und viele neue Spielideen – da braucht es meist ein bisschen Zeit, bis alles rundläuft. „Es könnte sein, dass wir am Anfang noch eine Findungsphase haben“, sagt deshalb auch SC-Kapitän Christian Günter. Doch wenn es den gewohnt unaufgeregten Gang in Freiburg geht, den auch Julian Schuster beherrscht, wird dies ohne Druck gelingen. 

Die Prognose

Freiburg wackelt wegen der Eingewöhnung zunächst, findet dann aber Stabilität und die Euphorie wächst mit jedem Sieg. Am Ende wird der Sport-Club Achter.

Mainz 05: Kleiner Kader, großes Risiko

Es war ein eher ruhiger Sommer in Mainz, und das dürfte nach der turbulenten Saison 2023/24 vielen gutgetan haben. Die erste Runde im DFB-Pokal wurde gegen den Drittligisten SV Wehen Wiesbaden nach Verlängerung noch 3:1 gewonnen, und auch eine große Veränderung in der Führungsetage wurde ohne große Panik bewältigt. Martin Schmidt war Ende Juli aus persönlichen Gründen als Sportdirektor zurückgetreten, bleibt aber als Sportlicher Berater erhalten. Beerbt wird er als Sportdirektor vom ehemaligen Profi Niko Bungert.

Der Trainer

Er kam Mitte Februar als Feuerwehrmann und löschte erfolgreich den Mainzer Großbrand (Rang 17 mit zwölf Punkten): Bo Henriksen war vergangene Spielzeit bereits der dritte Trainer der Saison, und unter dem emotionalen Dänen gelang tatsächlich der Klassenerhalt. Der 49-Jährige verkörpert die richtige Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Lockerheit, bei den Spielern ist er beliebt und hat diese schnell zu einer Einheit geformt. Nun geht er in sein erstes volles Jahr in Mainz.

Der Kader

Änderungen gab es nicht nur in der Führungsetage der Rheinhessen, auch auf dem Feld wird der FSV zwar wieder mit einem kleinen, aber veränderten Kader stehen. Anführer und Mittelfeld-Antreiber Nadiem Amiri ist trotz lukrativerer Angebote geblieben, sein Partner auf der Doppelsechs allerdings nicht. Leandro Barreiro (Benfica Lissabon) zog es in die erste portugiesische Liga, für ihn ist der japanische Nationalspieler Kaishu Sano gekommen. Verspätet allerdings, denn nach einem angeblichen sexuellen Übergriff musste der 23-Jährige sich einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tokio unterziehen. Es wurde eingestellt, die Mainzer Fans sind mit der Verpflichtung trotzdem nicht glücklich. Neu dabei sind auch Nikolas Veratschnig (Wolfsberger AC), Bayern-Leihgabe Armindo Sieb (Greuther Fürth) und das zuletzt an Karlsruhe ausgeliehene Eigengewächs Paul Nebel. Junge Spieler ohne Bundesligaerfahrung – es ist ein Wagnis, doch diese Akteure zu gestandenen Profis zu entwickeln, gehört schon lange zur 05er-DNA. 

Ein japanischer Nationalspieler für die Rheinhessen: Kaishu Sano
Ein japanischer Nationalspieler für die Rheinhessen: Kaishu Sano © AFP | Str

Die Perspektive

Minimal-Mainz: Die 05er haben einen der kleinsten Kader der Liga. Nur 23 Feldspieler und drei Torhüter sorgen dafür, dass es weniger unzufriedene Bankdrücker gibt. Das Risiko, Ausfälle langfristig nicht kompensieren zu können, ist aber vorhanden und war schon vergangene Saison ein Problem, das Mainz in den Tabellenkeller und zur Trennung von Trainer Bo Svensson führte. Bleiben Amiri & Co. aber von Verletzungen verschont, kann Mainz eine Zittersaison wie die vergangene verhindern. 

Die Prognose

Mainz spielt eine solide, aber keine überragende Saison und wird am Ende auf Rang 14 landen. Das ist zwar ein Platz unter dem der Vorsaison, dürfte aber trotzdem für einen ruhigen Sommer im kommenden Jahr sorgen.