Paris. Jacob Schopf und Max Lemke holen sich einen Tag nach dem Triumph im Vierer das zweite Gold. Paszek/Hake zittern und beten sich zu Bronze.
Das Protokoll ist unerbittlich. Es nimmt keine Rücksicht auf Gefühle, auf das, was die Athleten teilen möchten im Erfolg. Max Lemke und Jacob Schopf standen gerade bei ihrem Trainer Arndt Hanisch, umarmten ihn, als hinter ihnen eine Mitarbeiterin der Organisation sie auf ihre Verpflichtungen hinwies. Freundlich, aber sehr bestimmt. Denn Sieger müssen vor etliche TV-Kameras, das hat bei den Olympischen Spielen den Vorrang vor den persönlichen Dingen.
Sie kannten das Prozedere bereits, denn mit dem Kajakvierer hatten die beiden Kanuten schon einen Tag zuvor Gold gewonnen im Stade Nautique de Vaires-sur-Marne. Jetzt legten sie nach, paddelten im K2 zum zweiten Triumph. „Wir sind so stolz. Wir haben in dieser Saison zum ersten Mal zusammen im Boot gesessen“, sagte Lemke, der gemeinsam mit Schopf nun der erfolgreichste männliche deutsch Athlet dieser Spiele ist mit zwei Goldmedaillen.
Vierererfolg wird mit alkoholfreiem Bier gefeiert
Das kleine Bier, das die beiden Potsdamer sich zusammen mit den Viererkollegen Max Rendschmidt (Essen) und Tom Liebscher-Lucz (Dresden) am Abend nach dem ersten Sieg gegönnt hatten, schränkte die Leistungsfähigkeit also nicht ein. „Wir wollten feiern, haben es aber bei einem alkoholfreien Bier belassen. Wir sind da schon professionell rangegangen. Wir wussten, dass die Chancen heute auch nicht schlecht sind“, klärte Schopf auf. Er hatte in Tokio bereits im Zweier gesessen und damals Silber gewonnen.
Nun wurde es Gold, Schlagmann Schopf betrachtete das als eine „perfekte Revanche“. Damals lagen er und Max Hoff hinter Australien, jetzt waren die Australier hinter ihnen, allerdings nur auf Rang drei, Ungarn wurde Zweiter. Er und Lemke, für den es der insgesamt dritte Olympiasieg war, dominierten das Rennen, in dem Rendschmidt und Liebscher-Lucz auf Platz fünf fuhren.
Frauen freuen sich über ein großartiges Geschenk
„Es war großartig, das hier mit Jacob zu machen. Jacob ist die Person, die ich in den letzten drei Jahren wahrscheinlich am häufigsten in meinem Leben gesehen habe, weil wir zusammen trainiert haben“, so Lemke über seinen Potsdamer Kollegen, mit dem er sich aber hauptsächlich auf den Vierer vorbereitet hat in dieser Zeit.
Mit dem großen Boot waren tags zuvor auch Jule Hake (Essen) und Paulina Paszek (Hannover) erfolgreich, sie gewannen gemeinsam mit Pauline Jagsch (Berlin) und Sarah Brüßler (Karlsruhe) die Silbermedaille. Hake und Paszek ließen in einem dramatischen Finish nun Bronze folgen und waren überglücklich. „Ich bin einfach nur froh, dass wir so ein Geschenk bekommen haben“, sagte Hake.
„Die Emotionen waren heute ein bisschen krasser, das Warten hat sie hochgetrieben.“
Sie und ihre Partnerin mussten eine halbe Ewigkeit auf die Auswertung des Zielfotos warten. „Ich habe gesehen, wie die beiden Zweier aus Ungarn einfach sofort gefeiert haben. Das war die schlimmste Zeit“, sagte Paszek, die in den bangen Minuten immer wieder betete, nicht auf Platz vier zu landen. Letztlich waren auch beide Zweier aus Ungarn hinter den überragenden Neuseeländerinnen auf den Rängen zwei und drei.
Allerdings wurde der dritte Platz geteilt, das deutsche Boot war zeitgleich über die Ziellinie gefahren. „Die Emotionen waren heute ein bisschen krasser, das Warten hat sie hochgetrieben“, erzählte Hake, die seit drei Jahren mit Paszek im Zweier fährt. Zu Beginn dieser Saison hatten beide aber Schwierigkeiten, während Jagsch mit Lena Röhlings gute Leistungen zeigte. Die jungen Berlinerinnen wurden im Finale nun Sechste.
Die Vorstellungen der Kanuten verfolgte auch Olaf Scholz (SPD) an der Regattastrecke im Osten von Paris. Das nutzte Tom Liebscher-Lucz, um ein paar Worte mit dem Bundeskanzler zu wechseln. Kurz zuvor hatte sich der 31-Jährige noch über mangelnde Unterstützung für den Sport in Deutschland beschwert. Rendschmidt illustrierte das an einem Beispiel. „Doppelte Leistung wird in Deutschland nicht belohnt, von daher ist es nicht so schlimm“, sagte er zur verpassten Medaille im Zweier.
Routinier Brendel fährt im Canadier-Finale nur hinterher
Eine gewonnen hätte er natürlich gern, ihm ging es nur darum zu zeigen, dass lediglich für eine Medaille eine Prämie gezahlt wird. Er hatte das in Rio 2016 als Sieger im K4 und im K2 selbst erlebt. Damals gelangen auch Sebastian Brendel im Canadier-Zweier und im Einer zwei Erfolge. Diesmal war der 36-Jährige optimistisch, seine olympische Karriere mit einem letzten starken Auftritt krönen zu können. Doch im Finale kam er mit den schwierigen Wind- und Wellenbedingungen nicht zurecht und wurde nur Achter.
Brendel musste das verdauen, während die anderen endlich ihre Pläne umsetzen wollten. „Jetzt können wir richtig die Sau rauslassen“, sagte Jule Hake. Schopf kündigte bezüglich seiner Party-Vorhaben an: „Das wird sich ziehen. Ich will mit so vielen Leuten feiern.“ Aber mit richtigem Bier.