Lemgo/Paris. Er spielte selbst einst auf den großen Handball-Bühnen der Welt. Heute verfolgt der TBV-Lemgo-Coach die Olympischen Spiele mit Abstand.

40 Tore warf Florian Kehrmann bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen für die deutsche Handball-Nationalmannschaft. Gemeinsam schlugen das deutsche Team Spanien im Viertelfinale, Russland im Halbfinale und scheiterten im Final-Krimi an Kroatien. Heute, fast 20 Jahre nach der bitteren Niederlage, blickt Kehrmann aus der Ferne auf der Handballer bei Olympia – als Cheftrainer des Bundesligisten TBV Lemgo.

Wenn am Freitagabend die Olympischen Spiele 2024 in Paris feierlich eröffnet werden, ist Kehrmann womöglich gerade fertig mit einer weiteren Vorbereitungseinheit beim TBV Lemgo. „Ich verfolge nicht nur die Olympischen Spiele, sondern zum Beispiel auch die Jugend-EM. Ich gucke viel Sport, bevorzugt den Handball, aber auch ganz viele andere Sportarten“, sagt Kehrmann, der in den kommenden Tagen in den Trainingspausen den Fernseher oder das Tablet laufen lassen wird.

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Florian Kehrmann: Vize-Olympiasieger setzt klares Ziel für die deutschen Handballer

Er fiebert aus der Ferne mit: „Das Ziel muss das Halbfinale sein, bei jedem großen Turnier. Unsere Mannschaft hat eine sehr gute Vorbereitung gespielt und durch die Europameisterschaft, bei der sie auch ins Halbfinale gekommen ist, ein bisschen Rückenwind“, legt sich Kehrmann fest. Trotzdem weiß er aus Erfahrung, dass die Olympischen Spiele immer viel abverlangen. „Es ist wichtig, gut ins Turnier rein zu starten. Das Spiel gegen Schweden wird ein Gradmesser sein. Wenn die Deutschen das erfolgreich bestreiten, haben sie gute Aussichten, um unter die besten Zwei in der Gruppe zu kommen“, glaubt Kehrmann.

Eine gut laufende Vorrunde kann den deutschen Handballern helfen, Dänemark und Frankreich im Viertelfinale aus dem Weg zu gehen, weiß der ehemalige Profi. „Aber im Viertelfinale sind es Entscheidungsspiele. Nicht immer gewinnt das Team, das auf dem Papier das bessere ist. Vielleicht gewinnen auch die, die die bessere Tagesform haben“, sagt der TBV-Coach.

Deutsche Handballer starten gegen Schweden ins Olympische Turnier

Um 19 Uhr wird die erste Partie der Deutschen gegen Schweden am Samstag angepfiffen. Dann können die ersten Weichen gestellt werden. Und dann werden auch die Youngsters wie Rückraumspieler Julian Köster oder Kreisläufer Johannes Golla Verantwortung übernehmen. Es ist eine Mannschaft im Umbruch, im Generationenwechsel sozusagen.

„Im Moment sind wir im Aufbau, eine neue Mannschaft heranzuführen. Es sind viele junge Spieler, die früh in die Verantwortung kommen“, sagt Kehrmann, der vor allem in den Jahren 2003 und 2004 in einer Deutschen Nationalmannschaft gespielt hat, in der viele Spieler schon sehr erfahren waren und teilweise ihre letzten internationalen Spiele bestritten haben, wie er erzählt. „Das kann der Anfang einer guten Ära sein, aber da muss auch viel zusammen passen. Uns darf aber nicht bange sein. Wir kriegen viele gute Talente nach“, macht Kehrmann Mut.

„Das kann der Anfang einer guten Ära sein, aber da muss auch viel zusammen passen. Uns darf aber nicht bange sein. Wir kriegen viele gute Talente nach.“

Florian Kehrmann
über den Generationenwechsel in der Deutschen Handball-Nationalmannschaft

Ex-Handballer Kehrmann spricht über einzigartige Stimmung im Olympia Dorf

Mut, den er womöglich aus vielen wichtigen Spielen geschöpft hat. Eines der Spiele war das Olympia-Finale in Athen. Damals führten die Deutschen zur Halbzeit mit einem Tor. Am Ende mussten sie sich 24:26 gegen Kroatien geschlagen geben. „Wir hatten jetzt im Sommer ein Treffen: 20 Jahre Europameister und Vize-Olympiasieger“, erzählt Kehrmann und schwelgt in Erinnerungen. „Wir haben an einem Abend noch ein paar Ausschnitte angesehen und haben über alte Zeiten gesprochen.“ Ansonsten lebe er aber gern in der Gegenwart, mit Blick in die Zukunft und nicht zu viel in der Vergangenheit.

Und trotzdem weiß er, wie sich die Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen fühlen. Immerhin hatte er das Privileg, an drei Spielen teilzunehmen. „Die Stimmung ist einzigartig. Ich war als Jüngster in Sydney. Das war eine unglaublich tolle Stadt mit unglaublich netten Menschen. Alles hat gepasst, aber wir sind knapp im Viertelfnale ausgeschieden. In Athen war alles noch ein bisschen Baustelle, aber der Spirit war da. Wir sind mit unserer Leistung bis ins Finale gekommen. Und in Peking hat ein Staat alles perfekt organisiert. Aber leider fehlte uns der Flow, und wir sind früh ausgeschieden“, erinnert sich Kehrmann.

Zurück im Hier und Jetzt verfolgt er die kommenden Tage aber erstmal die sportlichen Geschehnisse im Fernsehen und bereitet sich weiter auf seine Bundesliga-Saison mit dem TBV Lemgo vor.

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