München. Die EM 2024 zeigt: Ein guter Keeper muss keine furchteinflößende Gestalt mehr haben. Dieses Quartett wird die Halbfinals beeinflussen.
Es besteht Einigkeit, dass Italien ohne einen tüchtigen Tormann nicht vor drei Jahren Europameister geworden wäre. Gianluigi Donnarumma hielt im EM-Finale gegen England famos und sackte nach dem Triumph in Wembley die Auszeichnung zum besten Spieler des Turniers ein. Diesmal sind die Italiener trotz ihres hochbegabten Hünen früh raus. Zum Halbfinale treten vier Torhüter ins Rampenlicht, die viel weniger furchteinflößend rüberkommen, dafür geschmeidiger. Wer sind die vier Protagonisten?
EM 2024 - Spanien: Unai Simon (27 Jahre/44 Länderspiele/Athletic Bilbao)
Einer, der gerne mit dem Feuer spielt. Ihn aber als Fehlerteufel abzustempeln, wäre zu einfach. Erst Trainer Luis Enrique, dann Luis de la Fuente setzen nicht grundlos auf einen sehr gläubigen Tormann, der bei Athletic Bilbao und der Seleccion die Nummer eins ist. Andoni Zubizarretta, in den 80er und 90er Jahren ein Torwart von Weltruf, sagt: „Unai ist auf der Höhe der Besten.“ Nur manchmal spielt bei ihm Bruder Leichtfuß mit. Er hat bei der EM 2021 gegen Kroatien auf groteske Art einen Rückpass durchrutschen lassen. Immer mal wieder lupft er Bälle an den falschen Adressaten. Gegen Deutschland hätte sich beinahe Kai Havertz bedankt.
EM 2024 - Frankreich: Mike Maignan (29 Jahre/21 Länderspiele/ AC Mailand)
Alles redet über Kylian Mbappé. Dabei müsste viel mehr über einen gesprochen werden, der Frankreich überhaupt im Turnier hält. Ohne Fehl und Tadel. Stark auf der Linie, ruhig in der Ausstrahlung. Mit dem Wahl-Mailänder gibt es endlich einen, der in riesige Fußstapfen getreten ist. Hugo Lloris war mehr als 14 Jahre mehr als nur ein Rückhalt, gab ein treuer Diener für Nationaltrainer Didier Deschamps. Lloris‘ Nachfolger stieg Anfang 2023 zur Nummer eins auf. Der Sohn einer haitianischen Mutter und eines französischen Vaters aus Guadeloupe stammt aus dem Nachwuchs von Paris St.-Germain, kennt aus den U-Nationalmannschaften seine Vorderleute bestens, wirft sich mutig in jeden Schuss und jede Flanke. Titelverdächtige Verfassung.
EM 2024 - England: Jordan Pickford (30 Jahre /66 Länderspiele/ FC Everton)
Der älteste und unkonventionellste Keeper unter den Halbfinalisten. Zieht die Stutzen oft nur halbhoch, die Hose wirkt ein bissen kurz – und manchmal schaut er genauso zerknautscht, wie seine Mannschaft spielt. Beim FC Everton ist der nur 1,84 Meter große Pickford unangefochten, aber die großen Nummern der Premier League, vom FC Liverpool bis hin zu Manchester City, vertrauen lieber einem Ausländer auf dieser Position. Sicher ist sicher. Hält neuerdings auch Elfmeter, wenngleich der Schuss des Schweizers Manuel Akanji im Viertelfinale auch nicht schwierig zu parieren war. Die Heldenrolle nimmt jedoch jeder englische Torhüter gerne an. Es gab andere Zeiten.
EM 2024 - Niederlande: Bart Verbruggen (21 Jahre/12 Länderspiele/ Brighton & Hove Albion)
Was haben die Holländer für Torhüter gehabt? Mit der EM 1988 und WM 1990 wurde Hans van Breukelen berühmt - aber nicht beliebt in Deutschland. Anders als Edwin van de Sar, der ohne Mätzchen auskam. In jüngerer Vergangenheit fahndete der Nachbar fast verzweifelt nach einer verlässlichen Torwart-Lösung. Neun Kandidaten wurden ausprobiert, bis Bondscoach Ronald Koeman sich auf Bart Verbruggen festlegte. Der jüngste EM-Stammtorwart seit 60 (!) Jahren ist nervenstark und reaktionsschnell. Was kommt nun nach seinen tollkühnen Rettungstaten gegen die Türkei noch?
- Nicht nur Sport: EM 2024 – Aktuelle News und kuriose Geschichten abseits des Platzes
- Krise während der EM: Beziehungskiller Fußball? Das steckt wirklich hinter dem Konflikt
- Live dabei: EM 2024 im TV und Stream – Wer überträgt die Spiele?
- Punkte sammeln: Experte verrät 5 geheime Strategien fürs EM-Tippspiel