Berlin. Österreich beeindruckt in der Gruppenphase der EM 2024 nicht nur Frankreich und die Niederlande. Ist jetzt sogar der Titel möglich?
Die Belohnung nach dem Sieg gegen die Niederlande folgte für die Österreicher prompt. Die Spieler bekamen den Mittwoch trainingsfrei, durften auch ihre Familien, Frauen oder Freundinnen mit ins Schlosshotel Berlin bringen. Einmal durchatmen nach einer Gruppenphase, die sich das ÖFB-Team vielleicht erträumt, sicher aber nicht so erwartet hatte.
Ein couragierter Auftritt gegen Frankreich (0:1) und dann zwei famose Erfolge im Berliner Olympiastadion gegen Polen (3:1) und nun gegen die Niederlande (3:2) – das bedeutet für die Mannschaft von Trainer Ralf Rangnick nicht nur den Sieg in der Gruppe D, sondern bringt auch wieder die Frage mit sich: Ist Österreich mehr als nur ein Geheimfavorit bei dieser Europameisterschaft?
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Rangnick bleibt in seinem Duktus: „So ein Label hat überhaupt keine Auswirkungen auf unsere Spiele. Wir müssen mit unserer Mannschaft ohnehin immer am obersten Level performen.“ Den Gruppensieg umschreibt er schlicht mit „unglaublich“.
Selbst Rangnick ist beeindruckt von seinem Team
Die Gründe dafür ausschließlich mit dem Teamgeist zu umreißen, der diese Mannschaft auszeichnet, greift zu kurz. Es mag die Basis sein, die Rangnick seit seinem Amtsantritt Ende Mai 2022 gelegt hat. Doch die Mannschaft folgt nicht nur dem Spielprinzip ihres Trainers, dem aggressiven Anlaufen samt mutigem Offensivspiel – sie ist auch weiter in der Lage dazuzulernen.
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Rangnick: „Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Reaktion auf die jeweiligen Ausgleichstreffer.“ Marcel Sabitzer, gegen die Niederlande zum Spieler des Spiels gekürt, sagt dazu: „Da schütteln wir uns kurz und machen einfach weiter.“
Nur zwölf Minuten brauchte es nach dem 1:1 zur erneuten Führung, gar nur fünf Minuten bis zur dritten Führung und damit auch zur Entscheidung durch Sabitzer. Und alles umrahmt von vielen Ballbesitzphasen. „Das ist gegen die Niederländer nicht selbstverständlich“, merkt der ÖFB-Trainer an.
Schmid: „Wir werden gut vorbereitet sein“
Selbstvertrauen, gespeist auch durch die letzten Ergebnisse vor dem Turnier (darunter ein 2:0 gegen Deutschland), ist ein Grund für den bisherigen Erfolg bei der EM. „Die Prinzipien greifen. Egal, wer jetzt kommt, wir werden gut vorbereitet sein“, erklärt Romano Schmid, Schütze des Treffers zum 2:1.
Die Aussage des Mittelfeldspielers wird bestätigt durch die Startelf gegen die Niederlande. Auf vier Positionen hatte Rangnick sein Team verändert, auch weil Verteidiger Gernot Trauner verletzt ausgefallen war. „Ich hatte eine schlaflose Nacht“, gesteht Rangnick, doch die personellen Veränderungen „waren gut und richtig so.“
Was sich daraus für das Achtelfinale gegen den Zweiten der Gruppe F am Dienstag in Leipzig mitnehmen lässt? „Es hat uns die Erkenntnis gebracht, dass unser Kader doch ein wenig breiter ist, als man vielleicht gedacht hatte“, erklärt Rangnick.
Keine schlechte Botschaft angesichts der Tatsache, dass Mittelfeldmann Patrick Wimmer Gelb-gesperrt fehlen wird. Konrad Laimer und Christoph Baumgartner, die gegen die Niederlande rausrotiert waren, stehen jedoch bereit.
Sabitzer spürt viel Halt und Zutrauen im Team
Schließlich ist da noch Sabitzer. Gegen Polen eher Linksaußen, gegen Oranje nun im Zentrum, gibt der Dortmunder einen echten Anführer im österreichischen Spiel. „Ich hatte schon viele Aufs und Abs in den vergangenen Monaten. Aber ich bin auf die Mannschaft stolz, weil sie mir sehr viel Halt und Zutrauen gibt. Dann kann ich auch befreit aufspielen“, erzählt Sabitzer. Mehr noch: „Ich will vorangehen.“
Das tut er nicht nur als Torschütze, sondern auch als Antreiber und Anspielstation im Mittelfeld. Und der 30-Jährige weiß, was im weiteren Turnierverlauf noch möglich sein kann: „Wenn du mal in einem K.o.-System bist, kannst du auch in einen Lauf kommen. Aber wir fahren sehr gut damit, dass wir uns nur auf uns fokussieren.“
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Durch die Woche Pause bis zum Achtelfinale und den Umstand, von Berlin zum Spielort nach Leipzig nicht lange reisen zu müssen, will das Team wieder Kraft schöpfen. „Energie ist keine Frage, wenn du so viele Österreicher hast, die zugucken und uns das Vertrauen schenken. Dann willst du auch etwas zurückgeben“, sagt Sabitzer. Und fügt als vielleicht letztes Erfolgsgeheimnis hinzu: „Man muss auch bewusst die Siege mal genießen können.“ So wie am Mittwoch im Schlosshotel Berlin.