Dortmund. Die Suche nach einem neuen Bundestrainer läuft auf Hochtouren. Es soll Kontakt zu Julian Nagelsmann geben. Der Stand im Liveblog.
- Nach dem Aus für Hansi Flick muss Rudi Völler als Interims-Bundestrainer heute ein weiteres Debakel gegen Frankreich verhindern
- Mit Hochdruck muss Völler nun neun Monate vor der Heim-EM einen neuen Bundestrainer suchen
- Favorit ist Julian Nagelsmann. Laut Medienberichten würde ihm der FC Bayern, bei dem er bis 2026 noch unter Vertrag steht, die Freigabe für den Job als Bundestrainer erteilen
Deutschland sucht einen neuen Bundestrainer: Alle Infos dazu gibt es hier im Liveblog
Medien: Es gibt einen ersten Kontakt Nagelsmann
Der Deutsche Fußball-Bund hat Medienberichten zufolge bei der Suche nach einem neuen Bundestrainer einen ersten Kontakt zu Julian Nagelsmann aufgenommen. Darüber berichteten Sport1 sowie die "Bild"-Zeitung. Der 36-Jährige ist vertraglich noch an den FC Bayern gebunden, der ihn im vergangenen März von allen Aufgaben entbunden hatte. Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß hatte aber bereits angedeutet, dass ein Wechsel Nagelsmanns zum DFB am FC Bayern "sicher nicht scheitern" würde.
Beim DFB sind Verbandspräsident Bernd Neuendorf, Sportdirektor Rudi Völler, der nach der Trennung von Hansi Flick für das Frankreich-Spiel am Dienstag (2:1) übernommen hatte, und DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke maßgeblich für die Suche verantwortlich. "Es werden 1000 Namen gehandelt", sagte Neuendorf am Mittwochabend während seiner Rede bei der Gala zum 60. Jahrestag der Bundesliga-Gründung. Der 62-Jährige und auch Watzke bekräftigten, dass sich der DFB in "einem Prozess" befinde, in dem Namen zunächst nachrangig seien. Die Nachfrage nach Verhandlungen mit Nagelsmann verneinte Watzke.
Bild: FC Bayern würde Julian Nagelsmann für DFB-Job Freigabe erteilen
Julian Nagelsmann ist der Favorit des DFB für die Nachfolge von Hansi Flick als Bundestrainer. Wie die "Bild" nun berichtet, hat DFB-Vize-Präsident Hans-Joachim Watzke bereits bei Nagelsmanns Ex-Klub FC Bayern angefragt. Beim Rekordmeister steht der 36-Jährige noch bis 2026 unter Vertrag. Laut Bild sei der FC Bayern bereit, Nagelsmann für den DFB-Job freizugeben. Eine Ablösesumme müsse der DFB nicht bezahlen, dafür aber das Gehalt Nagelsmanns komplett übernehmen, das laut Bild bei rund sieben Millionen Euro pro Jahr liegt. Zudem müsse die Nationalmannschaft zu einem Ablösespiel in der Allianz Arena auflaufen. Ob der frühere Bayern-Trainer den Job als Bundestrainer aber überhaupt übernehmen möchte, sei noch nicht geklärt.
„Am FC Bayern würde es sicher nicht scheitern“, sagte der Münchner Ehrenpräsident Uli Hoeneß am Dienstagnachmittag über ein mögliches Engagement von Nagelsmann beim DFB.
Rudi Völler will Trainersuche beim DFB nicht kommentieren
Rudi Völler umdribbelte die bohrenden Fragen nach dem neuen Bundestrainer so geschmeidig wie einst seine Gegenspieler. „Natürlich“, betonte der Ein-Spiel-Teamchef, „gibt es Namen, die infrage kommen“. Diese werde er aber „nicht kommentieren“. Als sich der DFB-Sportdirektor dann doch für einen Augenblick aus der Reserve locken ließ und Julian Nagelsmann als „absoluten Top-Trainer“ bezeichnete, schob er gekonnt ein „wie viele andere auch“ hinterher.
Ralf Rangnick möchte nicht Bundestrainer werden
Ralf Rangnick steht nicht als möglicher Nachfolger von Hansi Flick zur Verfügung. Der 65-Jährige antwortete am Montag in Windischgarsten in einem Interview dem ORF auf die Frage, ob er für eine Anfrage des Deutschen Fußball-Bundes bereitstehen würde mit: „Nein.“
Er habe sich vor 14 Monaten dazu entschieden, in Österreich als Teamchef zu arbeiten und die Mannschaft so vorzubereiten, dass sie sich für die EM im kommenden Jahr in Deutschland qualifizieren und dort auch eine gute Rolle spielen würden, erklärte Rangnick. „Alles andere ist für mich kein Thema“, sagte er.
DFB-Trainer: Matthias Sammer wird es nicht, Jürgen Klopp nicht zu haben
Matthias Sammer steht ebenso wie Völler als Übergangslösung nicht zur Verfügung. Fan-Liebling Jürgen Klopp ist während der laufenden Saison des FC Liverpool nicht zu bekommen. Die Namen Stefan Kuntz, Oliver Glasner und Louis van Gaal schwirren weiter durch den Raum, die Wunschlösung heißt derzeit aber Julian Nagelsmann.
Berti Vogts rät DFB von Julian Nagelsmann ab
Für Ex-Bundestrainer Berti Vogts wäre der ehemalige Bayern-Coach Julian Nagelsmann nicht die beste Wahl. Der Weltmeister von 1974 bezeichnete eine Verpflichtung des 36-Jährigen gegenüber der Rheinischen Post als „risikoreich“. Die Nationalmannschaft benötige „einen erfahrenen Mann als Bundestrainer, der die Spieler und die Menschen begeistern kann“, sagte Vogts.
Erfahren wäre van Gaal. Doch der 72-jährige Niederländer rechnet sich wenig Chancen aus, da „noch nie ein Ausländer für den Posten des Bundestrainers in Deutschland ausgewählt wurde“.
Deutschland gegen Frankreich: Das Comeback von Rudi Völler
Die Farbe passte zur Stimmung im deutschen Fußball. Komplett in Schwarz gekleidet stieg Rudi Völler am frühen Montagnachmittag aus dem Mannschaftsbus. Die erste Dienstreise des Bundestrainers auf Zeit führte vom Wolfsburg in den Dortmunder Süden, wo die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für das Länderspiel am Dienstagabend gegen Frankreich (21 Uhr/ARD) Quartier bezog. Die Last, die der 63-Jährige gerade zu tragen hat, ist wesentlich größer als die – natürlich schwarze – Tasche, die Völler über seine Schulter geworfen hatte.
Die eine Last als Interimstrainer wird er höchstwahrscheinlich am Dienstagabend los sein, wenn die Partie gegen Frankreichs Topauswahl abgepfiffen wird. Die andere könnte sich noch eine Weile hinziehen - denn die wird ungleich schwieriger.
Rudi Völler sucht einen neuen Bundestrainer
Als DFB-Sportdirektor ist Völler in die Suche nach einem neuen Bundestrainer eingebunden. Es soll einer werden, der die Fans wieder hinter der in den vergangenen Monaten so uninspirierten Mannschaft versammeln kann, der es an allen Ecken und Enden an Leidenschaft und Spielidee fehlt. Schon in neun Monaten steht die Europameisterschaft in eigenem Land an, die Stimmung rund ums Team aber ist auf dem Tiefpunkt. „Es ist wichtig, dass wir einen Trainer finden, der es mit Leib und Seele macht“, sagte Völler am Montagabend. Der Neue soll „eine gewisse Euphorie erzeugen“.
Schwierige Aufgabe für Deutschland gegen Frankreich
Lange vor der EM allerdings hat Völler die undankbare Aufgabe, irgendwie dafür zu sorgen, dass die DFB-Elf nur drei Tage nach dem 1:4 Japan, das Hansi Flick seinen Job als Bundestrainer gekostet hatte, gegen Frankreich nicht die nächste Blamage erlebt. „Wir dürfen uns nicht in die Hose machen jetzt“, sagte Völler zwar schon am Wochenende, doch angesichts der gegenwärtigen Form des eigenen Teams und der hochkarätig besetzen französischen Auswahl ist grundsätzlich mit dem Schlimmsten zu rechnen.
Der ewige Rudi soll es nun richten. Mal wieder.
Nach dem Scheitern bei der Weltmeisterschaft in Katar wurde Sportdirektor Oliver Bierhoff als Bauernopfer herangezogen. Der 55-Jährige war damals das Gesicht der vielen Probleme, sportlicher und nichtsportlicher Natur, mit denen sich der Verband herumplagen musste, nun musste er gehen. Völler, viele Jahre bei Bayer Leverkusen in verschiedenen Positionen tätig, sprang ein, beziehungsweise: wurde eingesprungen. „Rudi, das wäre doch eigentlich etwas für dich“, sagte Hans-Joachim Watzke – so zumindest so schilderte der DFB-Vize im Januar die Nachfolge-Suche. Man benötigte nämlich jemanden, der all die komplexen Sachverhalte bis zur Heim-EM locker aus der Welt lächeln konnte: Rudi Völler eben.
So wie schon vor 23 Jahren. Am 2. Juli 2000 trat Völler erstmals den Job als Teamchef der Nationalmannschaft an. Erich Ribbecks Rumpelfußballer waren in der Gruppenphase der Europameisterschaft böse gescheitert, Völler, Weltmeister von 1990, sollte die DFB-Elf ein Jahr lang betreuen, bis Christoph Daums Vertrag bei Bayer Leverkusen auslief. Daum jedoch hatte unglücklicherweise neben einem absolut reinen Gewissen auch einen positiven Test auf Kokain vorzuweisen. Völler musste bleiben, wurde 2002 Vize-Weltmeister und schied anschließend bei der EM in der Gruppenphase aus.
Die DFB-Geschichte wiederholt sich
Nach dem Vorrunden-Debakel in Portugal trat er zurück. „Ich hatte das Gefühl, dass die Aufgabe durch die WM im eigenen Land nur jemand machen kann, der unbefleckt ist, der einen gewissen Kredit hat“, sagte er vor 19 Jahren, kurz nach seinem (vorerst) letzten Länderspiel als Chef. „Wenn man einen Rucksack mit sich rumschleppt wie dieses Vorrunden-Aus, da habe ich kein gutes Gefühl.“
Wie sich die Geschichte doch wiederholt. Flicks Rucksack war das Debakel in Katar, ihm eine zweite Chance zu geben, erwies sich im Nachhinein als falsch. Nun wird wieder jemand Unbeflecktes gesucht, der einen Stimmungswandel forcieren kann. Wer könnte das sein?
+++ Keine Lust auf DFB-Team? Spiel gegen Frankreich in Dortmund nicht ausverkauft +++
„Natürlich sind schon einige Namen in der Dreierdiskussion (Völler, DFB-Chef Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke, Anm. d. Red), aber ich habe auch schon mit weiteren Mitgliedern der Task Force gesprochen“, meinte Völler. „Es gibt Namen, die absolut infrage kommen, aber ich bin schon zu lang im Geschäft, um hier Namen zu kommentieren. Wir arbeiten dran und sind permanent in Kontakt mit Leuten, die mitentscheiden.“
Als Favorit gilt Julian Nagelsmann, der noch ein fürstliches Gehalt von Bayern München bezieht. Der DFB müsste den 36-Jährigen wohl aus seinem Kontrakt herauskaufen. Ob sich Nagelsmann den Job beim kriselnden Verband antun würde, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Im Optimalfall sorgt er für Aufbruch, in einem negativen Szenario wäre die Nationalelf nach München die zweite Station, bei der Nagelsmann scheitert.
Stefan Kuntz, 60, Erfolgstrainer mit der deutschen U21, hat viele Sympathien und genießt ein hohes Ansehen beim DFB, ist aber noch in der Türkei angestellt – wo es für den Europameister von 1996 derzeit gar nicht gut läuft. Roger Schmidt leistet bei Benfica Lissabon hervorragende Arbeit, doch auch beim 56-Jährigen, den Völler aus seiner Zeit bei Bayer Leverkusen bestens kennt, wäre eine Ablöse fällig, die bei 30 Millionen Euro liegt. Matthias Sammer (56), der Chefkritiker des deutschen Fußballs, steht nicht zur Verfügung.
Völlers nächste Herausforderung ist aber Frankreich. Im Dortmunder Westfalenstadion, das damals auch noch so hieß, konnte er den deutschen Fußball schon mal aus einer brenzligen Lage. Am 14. November 2001 gewann Deutschland nach dem 1:1 im Hinspiel das Play-off-Rückspiel gegen die Ukraine mit 4:1 und qualifizierte sich für die WM. Rudi Völler trug damals beige.