Paderborn/Geseke. Am Silvesterabend starb ein 24-Jähriger in Geseke beim Zünden einer Kugelbombe. Ermittler suchen die Bezugsquelle des Verkäufers (19).

Zweieinhalb Wochen nach dem Kugelbombenunglück am Silvesterabend in Geseke (Kreis Soest) suchen die Ermittler weiter den „Vorlieferanten“ des 19-jährigen Verkäufers des tödlichen Feuerwerkskörpers. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass der junge Mann die illegale Kugelbombe nicht selbst hergestellt hat, sondern eine Bezugsquelle hatte“, sagt Kai Uwe Waschkies von der Staatsanwaltschaft Paderborn.

Bei der Durchsuchung der Wohnung des 19-Jährigen aus Bad Lippspringe (Kreis Paderborn) habe man keine Apparate und Substanzen zur Herstellung von Feuerwerk vorgefunden, so der Sprecher der Anklagebehörde. „Stattdessen aber einen großen Karton, der bereits fast nahezu geleert war.“ In der Wohnung habe man zudem eine größere Menge Bargeld sichergestellt.

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Am Silvesterabend hatte Polizeiangaben zufolge ein 24 Jahre alter Mann aus Bad Wünnenberg (Kreis Paderborn) zusammen mit Verwandten eine private Silvesterfeier verlassen und einen „pyrotechnischen Gegenstand“ 200 Meter von seiner Familie entfernt auf einem Feld abgelegt. Gegen 22.43 Uhr explodierte die – wie sich später herausstellte – illegale Kugelbombe und riss den Mann in den Tod.

Kugelbombe in sozialen Medien angeboten

Am frühen Neujahrsabend war ein 19-Jähriger aus Bad Lippspringe vorläufig festgenommen worden. Er soll den tödlichen Sprengsatz in sozialen Medien angeboten und dann an das spätere Opfer für einen Stückpreis von 45 Euro verkauft haben.

Ein Freund des Getöteten soll den Gegenstand bei dem 19-Jährigen abgeholt haben. „In seiner Einlassung hat der Verdächtige gestanden“, so Staatsanwalt Waschkies, „dass er Feuerwerkskörper bei sich gelagert hatte.“ Zugleich aber, so der Jurist weiter, habe sich der junge Mann nach dessen Aussage nicht vorstellen können, dass seine Ware so etwas Schlimmes wie den Tod eines Menschen auslösen könne.

Vorwurf: Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz

Dabei hätte der Ostwestfale aus Sicht der Staatsanwaltschaft - wenn er schon Feuerwerk illegal veräußert - den Käufer mindestens eindringlich auf die Gefahren von Kugelbomben hinweisen müssen. Diese sind in Deutschland nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen, dürfen nach dem Sprengstoffgesetz nur von ausgebildeten Fachleuten für professionelle Feuerwerke gezündet werden. Kugelbomben haben Experten zufolge eine hohe Explosionskraft. Sie sollen auch wegen der schnell abbrennenden Zündschnur sehr gefährlich sein.

Also ermittelt die Staatsanwaltschaft Paderborn gegen den 19 Jahre alten Verdächtigen nicht nur wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, sondern auch wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Gleichwohl, so Waschkies, der seine Aussage grundsätzlich verstanden wissen möchte: „In den Kreisen, in denen illegales Feuerwerk verkauft und gekauft wird, scheinen die Gefahren oft bagatellisiert zu werden.“

Staatsanwalt: „Eine neue Qualität“

Nach Waschkies‘ Angaben ist die Tragödie in Geseke der erste Ermittlungsfall im Bezirk der Staatanwaltschaft Paderborn in Zusammenhang mit einer Kugelbombe. „Es ist eine neue Qualität. Kugelbomben sind alles andere als ein Spielzeug. Und doch müssen wir den Eindruck gewinnen, dass ganz normale Knaller beim Feuerwerk offenbar nicht mehr reichen.“

In der Brust des Staatsanwalts schlagen derzeit zwei Herzen. Auf der einen Seite könne man nicht genügend vor den Gefahren illegaler Feuerwerkskörper warnen, andererseits dürfe das Ganze aus seiner Sicht nicht zu viel öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Insbesondere mit der Information, dass es offenbar im Digitalzeitalter nicht allzu schwierig ist, an illegale Produkte zu kommen. Waschkies: „Je breiter das Thema getreten wird, umso mehr stößt es bei bestimmten Menschen auf Interesse. Sie wissen ja: Der Reiz des Verbotenen.“

Handy-Auswertung noch nicht abgeschlossen

Die Auswertung des Handys des Verdächtigen und die Untersuchung des Sprengsatzes beim Landeskriminalamt in Düsseldorf sind noch nicht abgeschlossen. Der 19 Jahre alte Verdächtige jedenfalls, davon gehen die Ermittler aus, soll illegales Feuerwerk gewerbsmäßig und mit dem Ziel, Gewinne zu erzielen, vertrieben haben. „Die Abgabe der Kugelbombe an das spätere Todesopfer von Geseke war keine einmalige Aktion oder eine Gefälligkeit.“

Dass im Bundesgebiet offenbar ein durchaus reger Handel mit Kugelbomben herrscht, belegt auch eine Pressemitteilung des Zollfahndungsamtes Frankfurt von Donnerstag (16. Januar). Demnach beschlagnahmte der hessische Zoll mehr als eine halbe Tonne Sprengstoff bei einem illegalen Handel. Darunter sollen sich auch hunderte Kugelbomben befunden haben.