Geseke. Der 24-Jährige, der an Silvester ums Leben kam, hantierte mit einem illegalen Sprengsatz. Der Verkäufer wurde vorläufig festgenommen.
Dort, wo es passierte, stieg noch am Abend eine Drohne mit einem Scheinwerfer auf. Mit ihr suchten die Einsatzkräfte nach allem, was in der Dunkelheit schwer zu finden war. Ein Feld hinter drei dicken Bäumen in Geseke (Kreis Soest), weit weg von Häusern, von der Silvesterparty mit der Familie, auf der der junge Mann sich bis dahin befunden hatte. Bis er sich entfernte, um einen Feuerwerkskörper zu zünden - und nicht mehr wiederkam. Der 24-Jährige wurde bei der Explosion einer Kugelbombe in der Silvesternacht gegen 22.40 Uhr tödlich verletzt. Das Unglück wird nun zum Kriminalfall.
19-Jähriger soll Kugelbombe verkauft haben
Denn anders als zunächst vermutet hat der junge Mann aus dem Kreis Paderborn jenen Sprengsatz nicht selbst hergestellt, sondern diesen käuflich erworben. Unter Verdacht steht ein 19-Jähriger aus Bad Lippspringe (Kreis Paderborn). Der Verkäufer wurde am Mittwochabend vorläufig festgenommen. Die Bild-Zeitung berichtete als erstes darüber. Gegen den 19-Jährigen wird nun wegen „des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen und des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz“ ermittelt, wie die Staatsanwaltschaft Paderborn und die Polizei Soest in einer gemeinsamen Presseerklärung am Donnerstagnachmittag mitteilten.
Noch am Silvesterabend hatten Beamte der Soester Kriminalpolizei die Ermittlungen aufgenommen und eine umfangreiche Spurensicherung durchgeführt. Im Rahmen von Zeugenvernehmungen hätten sich Hinweise darauf ergeben, dass der 24-Jährige den Sprengsatz über soziale Medien von einer Person aus Bad Lippspringe gekauft haben könnte. Am Mittwochabend (Neujahr) sei die Wohnung des Verkäufers von der Polizei durchsucht worden. Gefunden wurden neben weiteren sogenannten „Kugelbomben“ auch zahlreiche pyrotechnische Gegenstände und eine größere Menge Bargeld.
Mögliche weitere Käufer werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden
Die genaue Summe will die Polizei im Kreis Soest auf Nachfrage nicht nennen. „Es wäre naiv auszuschließen, dass weitere Kugelbomben verkauft worden sind“, heißt es. Mögliche Käufer werden eindringlich gebeten, diese nicht zu zünden und sich bei der Polizei zu melden. Über einen Social-Media-Kanal sei das Opfer auf das Angebot aufmerksam geworden. Ob sie sich zuvor schon kannten, ist Teil der weiteren Ermittlungen.
Insgesamt, teilt die Polizei mit, seien 680 Gramm Nettoexplosivstoffmasse in der Wohnung aufgefunden worden. „Eine in Deutschland für Erwachsene frei verkäufliche Silvesterrakete darf maximal 20 Gramm Nettoexplosivstoffmasse aufweisen“, erklärt Richard Eickel. Der Arnsberger ist Geschäftsführer der Comet Feuerwerk GmbH in Bremerhaven, der Nummer 2 unter Deutschlands Feuerwerks-Unternehmen. „Besonderheit: Etwa die Hälfte davon bringt die Rakete erst in die Luft, die andere Hälfte sorgt für den Effekt am Himmel. Das heißt: Zündet man 20 Gramm am Boden, verdoppelt sich die Wucht.“
Unter Kugelbomben versteht man Feuerwerkskörper, die aus zwei Halbschalen bestehen, gefüllt mit Effekten und Zerlegerladung. Kugelbomben, sagt Eickel, kämen im Großfeuerwerksbereich zum Einsatz, „wenn zum Beispiel bei großen Veranstaltungen Feuerwerk geplant ist. Diese werden aus der Ferne gezündet.“ Es handelt sich dabei um Feuerwerk der Kategorie F4, das nur von ausgebildeten Pyrotechnikern abgebrannt werden darf. „Der Besitz solcher Kugelbomben ist für den normalen Bürger illegal“, sagt Eickel. Aber offenbar können sie illegal beschafft werden, im osteuropäischen Ausland zum Beispiel.
Beschlagnahmte Telefone werden ausgewertet
Der Tatverdächtige sei nach seiner Vernehmung auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wieder entlassen worden, heißt es in der Pressemitteilung. Ob und wenn ja, wie er sich zur Sache einließ, kommentierte die Polizei nicht. Nun würden die beim Verkäufer beschlagnahmten Telefone ausgewertet und die Zusammensetzung der Kugelbombe bestmöglich analysiert. Da nach dem bisherigen Ermittlungsstand keine weiteren Personen bei der Zündung beteiligt gewesen seien, sei „eine Obduktion des Verstorbenen durch die Rechtsmedizin“ nicht beabsichtigt.
Die Wucht der Detonation muss erheblich gewesen sein - und die Folgen waren tödlich. Richard Eickel, der Feuerwerks-Experte, kann nur warnen: „Das Sprengstoffgesetz besagt, dass jede bauliche Veränderung von Feuerwerkskörpern untersagt ist. Das sind individuell zugelassene Produkte, die nicht geöffnet oder manipuliert werden dürfen. Streng genommen: Wer zwei Zisselmänner aneinanderbindet, verstößt schon gegen das Gesetz.“