Fröndenberg. Fröndenberg kämpft immer noch mit den Folgen eines extremen Unwetters. Ein Meteorologe ordnet ein, wie ungewöhnlich die Lage war.
Die 21.000-Einwohner-Stadt Fröndenberg/Ruhr trägt das Wasser eigentlich schon im Namen. Doch es war nicht die Ruhr, die am Sonntag zu einer Katastrophe geführt hat, mit der die Stadt an der Grenze zwischen dem Kreis Unna und dem Märkischen Kreis noch lange zu kämpfen haben wird. Sondern ein extremes Unwetter, nach dem auf einigen Straßen das Wasser hüfthoch gestanden hatte. Ein Freibad wurde vollkommen überflutet. Mehrere geparkte und fortgespülte Autos stapelten sich auch gestern noch im Bachlauf. Kurzum: Es war ein Unwetter in einer Dimension für die Geschichtsbücher, wie ein Wetter-Experte bestätigt.
Meteorologe: Extremer Wert
Am Fröndenberger Unwetter-Sonntag wurden an einer örtlichen Wetterstation fast 120 Liter Regen innerhalb einer Stunde gemessen. „Ein extremer Wert“, sagt Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst (DWD), und setzt noch einen drauf: „Ein Jahrhundert-Ereignis für einen Ort.“ Der DWD hatte für die Stadt im Kreis Unna vorab die höchste Warnstufe 4 (Warnung vor extremem Unwetter mit mehr als 40 Litern Niederschlag pro Stunde) ausgegeben – und recht behalten.
„Die Trefferquote ist in der Regel sehr hoch“, so DWD-Sprecher Friedrich, nebenbei auch „Tornadobeauftragter“ in der Pressestelle. Schließlich gebe man punktgenaue Unwetterwarnungen für Gemeinden nur mit einem sehr knappen Vorlauf heraus: 30 bis 60 Minuten. „Dann sind die entsprechenden Gewitterzellen auf dem Wetter-Radar genau zu erkennen.“
Sind heftige Unwetter wie in Fröndenberg eine Folge des Klimawandels? „Ja“, sagt Andreas Friedrich, „es hat zwar auch schon vor 20, 30 Jahren Starkregenfälle gegeben, aber der Trend zu extremeren Niederschlägen im Sommer ist sicher darauf zurückzuführen.“ Und wie geht das Ganze weiter? Da beschreibt Friedrich das Zukunftsszenario: „Es wird mehr Trockenheit, mehr Dürren, mehr Hitzewellen in Deutschland geben“, sagt er, „unterbrochen werden diese von Unwettern, die zwar n icht häufiger auftreten werden, dafür aber mit extremeren Ausmaßen.“
Seniorenheim evakuiert
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Extreme Ausmaße – dieser Begriff passt auch am Tag nach dem Unwetter noch zu Fröndenberg: In der Nacht zu Montag hatte bereits ein Seniorenheim evakuiert werden müssen, nachdem das Wasser schon 50 Zentimeter hoch im Erdgeschoss stand, wie eine Sprecherin des Kreises Unna sagte. Die knapp 50 Bewohner und Bewohnerinnen habe man in anderen Häusern unterbringen können. Etliche Menschen hatten auch am Montag mit vollgelaufenen Kellern zu kämpfen. „Viele werden sich noch weiter gedulden müssen, weil die Kanalisation gar kein Wasser aufnehmen kann“, so die Kreissprecherin.
Die größte Sorge galt gestern aber dem Damm eines 80 mal 60 Meter großen Angelteichs. Der war nach dem Starkregen völlig durchgeweicht und drohte zu brechen. Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) versuchten den Teich abzupumpen und den Damm mit Sandsäcken zu sichern. Am Abend war man schon recht weit, doch – so die Befürchtung – die verbliebenen Wassermassen könnten eine weitere schwere Flutwelle auslösen. „Wir können eine Gefährdung der Bewohner nicht ausschließen“, sagt Ordnungsamtsleiter Christoph Börger. Evakuiert wurden zunächst nur Erdgeschosse und Souterrains der Wohnungen. Wer nicht bei Freunden und Verwandten unterkommen konnte, wurde in die Turnhalle einer Gesamtschule gebracht. Eine Tankstelle und ein Discounter wurden vorsichtshalber geschlossen.
Elementarschäden versichern
Für die Dutzenden Haus- und Wohnungsbesitzer, deren Wohnungen und Keller durch das Unwetter vollgelaufen waren, droht nun auch ein finanzieller Schaden. „Überflutet Dauerregen Keller und beschädigt Wände und Inventar, dann hilft allein die Police gegen Elementarschäden“, so die Verbrauchzentrale NRW. „Denn Gebäudeversicherungen haften nicht für Schäden durch eindringendes Wasser.“