Starkregen in Hagen: Straßen aufgeplatzt, Autos weggespült
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Hagen. Die Flut kam binnen einer Stunde: In Hagen-Holthausen spült der Starkregen Häuser voll und Autos weg. Das Wasser kommt sogar aus den Steckdosen.
Dass der Kampf vergeblich ist, weiß Wolfgang Altenkämper. Eine Pumpe arbeite auf Hochtouren, sagt er, zu fünft sei seine Familie dabei, das Wasser aus dem Wohnzimmer der Tochter zu schöpfen. „Aber wir können eigentlich nichts tun, das Wasser kommt aus allen Ritzen, selbst aus den Steckdosen. Das ist gewaltig“, sagt er. Drei Generationen wohnen in dem Haus in Hagen-Holthausen, einem der am schwersten vom Starkregen betroffenen Gebiete in Hagen.
Das Wasser reißt alles mit sich: Autos, Laternen, sogar die Straße selbst
Die Straße vor der Tür hat sich in einen reißenden Fluss verwandelt. Noch immer reißt er alles mit, was sich ihm in den Weg stellt: ein Stromkasten ist umgestürzt an einem Baum zu liegen gekommen, ein paar Meter weiter liegt eine abgeknickte Straßenlaterne, der Boden ist vom unterirdischen Druck des Wassers aufgesprengt worden, Asphalt-Platten ragen in die Höhe.
Wo sich der kräftige Strom auf die breitere Hauptstraße ergießt, ist auch das Auto von Wolfgang Altenkämper zum Stehen gekommen. „Als das heute Nacht losging, habe ich nach draußen geschaut, es aber nicht gesehen.“ Er hatte vor der Tür geparkt und wollte eigentlich direkt schauen gehen, wo es abgeblieben ist. „Aber die Strömung war so stark, ich hatte keine Chance, nach draußen zu gehen. Ich habe es heute Morgen erst ein paar hundert Meter weiter unten aufgefunden.“ Kotflügel ab, Heckschürze ab, Nummernschilder ab.
Ein breiter, kräftiger, rauschender Strom auf der Straße
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Der Nachbar zwei Häuser weiter wischt mit einem Gummibesen Wasser aus dem Flur zur Haustür raus, hinein in den reißenden Strom, der sein haus umspült. Verzweiflungstaten. Das Wasser steht noch knöchelhoch im Wohnzimmer. „Katastrophe“, sagt Hüseyin Dilekli. Innerhalb einer Stunde sei alles vollgelaufen. Sein Auto? Auch fort. Der Strom ist in der Straße längst ausgefallen.
Die Polizei sperrt am Mittwochmittag die Straßen in der Nähe mit Flatterband ab, die Feuerwehr ist im Dauereinsatz, das Team vom Katastrophenschutz NRW unterstützt: Die vollgelaufenen und verstopften Kanäle müssen freigeräumt werden, damit annähernd eine Chance besteht, das Wasser fassen zu können. Es ergießt sich breit und kräftig und rauschend weiter hinunter. Dorthin, wo Familie Yamungu wohnt.
Auch sie haben eine schlaflose Nacht hinter sich. Das Wasser im Keller stand fast bis zur Decke, selbst im Erdgeschoss hat der Starkregen und seine Folgen Spuren hinterlassen. Vor der Tür ist die Straße ebenfalls aufgebrochen. Immer wieder bringen die Wassermassen Autos mit sich. „Das waie im Film“, sagt Jean-Luc Yamungu, der mit seinen beiden Schwestern und der Mama lebt. Ein Mann sei in seinem Auto weggespült worden, die Feuerwehr habe ihn befreien müssen. Das havarierte Gefährt ist eines von mehreren, die wie Spielzeugautos in- und aufeinanderliegen.
Die Feuerwehr ist völlig überlastet
Gegen 1 Uhr in der Nacht sei das Wasser ins Haus gekommen. Der Keller, in dem die Bilder und Tagebuchaufzeichnungen des im vergangenen Jahr verstorbenen Vaters lagern, ist überschwemmt. „Wir haben sofort die Feuerwehr gerufen. Die haben auch gesagt, dass sie jemanden schicken“, sagt Jean-Luc Yamungu, Aber auf Hilfe warten sie am Mittwochmittag noch immer. Die Feuerwehr hat keine Zeit: zu viele Einsätze. Hilflos sind sie gerade, machtlos auch. Für Mittwochnachmittag ist weiterer schwerer Regen angekündigt. Sie wissen nicht, was sie tun sollen. Versichert sind sie nicht.
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