Herdecke. Inka Beermann (45) hat lieber eine Ausbildung gemacht statt zu Ende zu studieren. Sie ist gerne Buchhändlerin in Herdecke.
Allein am Schreibtisch zu sitzen, war nie ihr Ding. Schon zu Abizeiten hat sie lieber gearbeitet als gelernt. Auch an der Uni hat sich Inka Beermann nie richtig wohl gefühlt. Ein bisschen Literaturwissenschaft, ein bisschen Germanistik. „Das war nicht so richtig viel“, bekennt die heute 45-Jährige ein halbes Leben später. Probier’s doch mal als Buchhändlerin“, riet ihr damals eine Bekannte. Einen Anruf und eine Woche später hatte Inka Beermann die Lehrstelle in der Buchhandlung Herdecke an der Hauptstraße. Ein Kindheitstraum ging damit in Erfüllung. „Mir war früh schon klar, dass ich einen Laden haben wollte“, sagt sie. Und haben sich ihre Vorstellungen erfüllt? Die Antwort ist „Ja“, und sie hat viel mit dem zu tun, was die Ware Buch von anderen Waren unterscheidet.
Feingefühl gefragt
Wer nach einem Buch für eine ältere Dame oder für einen Knirps mit ersten Lesekenntnissen sucht, verrät zugleich etwas über seine Lebenssituation. „Man betreibt sehr viel Kommunikation, spricht über alles Mögliche“, sagt Inka Beermann. Aber gerade wenn ein Kunde häufiger kommt und sich zunehmend öffnet, wächst das Verständnis auch für schlechte Laune oder einen traurigen Blick. Einfühlungsvermögen braucht sie dabei, das aber in der Ausbildung auf keinem Lehrplan stand. Da gehe es mehr um bloßes Verkaufstraining, erinnert sie sich, was sie aber in einer Kleinstadtbuchhandlung wie der in Herdecke keinesfalls weiter bringe.
Fingerspitzengefühl und Kenntnis helfen ihr auch bei der zweiten Standardfrage an alle Buchhändler. Sie lautet: „Können Sie mir etwas empfehlen?“. Und Inka Beermann kann. Viele Kunden kämen mit einem blinden Vertrauen. „Wenn Sie mir das sagen, dann nehme ich das gern“, bekommt sie dann zu hören.
Zu wie vielen von den Büchern in den Regalen kann sie denn etwas Näheres sagen? „Ich entscheide ja selbst, was im Laden liegt“, erklärt sie einen Teil ihrer Kompetenz. Vieles hat sie selbst gelesen, anderes aus den Verlagsbroschüren. „Bei mir gibt es eine Mischung aus Marketing und dem, was ich selbst gelesen habe.“ Das ist bei Inka Beermann ziemlich viel.
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Zweimal im Jahr gibt es Lesefutter in einer besonders hohen Dosis. „Und ja, ist bei mir ist es immer noch so, dass ich sage: So ein geiles Buch“ gerät die Buchhändlerin ins Schwärmen. Das neue Buch von Wolf Haas fällt ihr dabei ein. „Junger Mann“ heißt es. Lustig und herzerwärmend werde darin erzählt „voller Sympathie für die Figuren, die gar nicht so perfekt sind.“ Das wäre so ein Beispiel für einen Roman, bei dem ihr „immer noch aus irgendeinem Grund das Herz aufgeht.“ Drei bis vier dieser „Superbücher“ erwartete sie zu Buchmessenzeiten.
Die Kasse muss klingeln
Sie liest, berät, hält vor und bestellt. Und doch muss Inka Beermann bei aller Liebe zu den gedruckten Buchstaben und den Lebensgeschichten ihrer Kunden auch ans Geld denken. Sie erzählt von einer Berufskollegin, die stark auf „Non-Book-Kram“ setze. Wenn die eine teure Tasche ins Schaufenster stelle und dann verkaufe, „dann lohnt sich das. Bei einem Taschenbuch für 9,90 Euro bei mir ist das eine andere Rechnung.“
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In Konkurrenz mit Internet
Der Internethandel setzt ihr zu. „Ich merke das schon“, sagt Inka Beermann, und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: „sehr“. Die Ungeduld der Kunden bekommt sie zu spüren, wenn etwas nicht sofort zum Mitnehmen da ist. Aber es gebe auch eine Gegenbewegung, Kunden, die bewusst vor Ort kaufen würden, ohne sich gleich als Retter feiern lassen zu wollen. Und doch: Noch mal einen Laden aufmachen? Nein, sagt sie, „Heute wäre mir das zu heikel.“