Winterberg. . Robin Geueke und David Gamm gestatten ausnahmsweise einen Besuch in ihrer Werkstatt. Wo der Doppelsitzer des BSC Winterberg Neues austüftelt.

Es ist relativ unwahrscheinlich. Robin Geueke und David Gamm wissen das. Trotzdem achten sie penibel darauf, in welcher Pose ihr Schlitten fotografiert wird und kontrollieren, was auf dem Bild zu sehen ist – und was nicht. Denn theoretisch könnte sich die Konkurrenz das Bild des Sportgeräts zu eigen machen und in bester Spionage-Manier alle im Rahmen der Regeln angewandten Tricks und Kniffe enttarnen.

Köhne: „Das ist gelebte Solidarität“

Hans-Jürgen Köhne, Vorsitzender des für die sportliche Abwicklung und andere organisatorische Aufgaben bei der WM zuständigen BRC Hallenberg, ist bereits jetzt voller Freude und Erwartung: „Allein aus dem Verein haben sich 112 Mitglieder gemeldet, die bei der WM mit anpacken wollen. Das ist eine überwältigende Resonanz.“

Köhne hatte eigentlich mit 70 bis 80 freiwilligen Helfern gerechnet. „Dass so viele dabei sein wollen, ist eine tolle Sache. Ich bin richtig begeistert. Das ist gelebte Solidarität.“

Die WM beginnt mit der abendlichen Eröffnungsfeier am Donnerstag, 24. Januar. Von Freitag bis Sonntag schließen sich die Rennen an.

„So ist das aber voll in Ordnung“, sagt David Gamm – und schmunzelt. Wohlwissend, dass die Null-Null-Siebens des Rennrodelns an den Bahnen dieser Welt jede Menge Chancen haben, einen Blick auf die Schlitten zu werfen. Obwohl diese vor und nach den Läufen so schnell wie möglich wieder in den Schutzhüllen verschwinden.

Bevor die neue Saison mit den Deutschen Meisterschaften an diesem Sonntag (ab 9 Uhr) in Winterberg und dem ersten Weltcup in Innsbruck-Igls (24./25. November) endgültig beginnt, machten die Doppelsitzer des BSC Winterberg für diese Zeitung eine sehr große Ausnahme und gewährten einen exklusiven Einblick: Sie öffneten die Tür zu ihrer Werkstatt. Zu dem Ort, für den normalerweise Zutritt verboten gilt.

Der größte Raum für den Chef

Auf dem Gelände der Bundeswehr in der Nähe der Veltins-EisArena, in der vom 25. bis 27. Januar 2019 die Rennrodel-WM ausgetragen wird, befindet sich Geueke/Gamms Refugium. Obwohl: Sie sind bei weitem nicht alleinige Nutzer jener Werkstatt, in welche es durch eine kleine Tür in einem hohen, grauen Sektionaltor geht. Auch ihr Einzelkollege Christian Paffe tüftelt hier an seinem Schlitten und Mechaniker Konrad Humpert arbeitet an den Sportgeräten für den Nachwuchs des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes.

Robin Geueke (re.) und David Gamm werden immer an ihr großes Ziel erinnert.
Robin Geueke (re.) und David Gamm werden immer an ihr großes Ziel erinnert. © Falk Blesken

„Der kleinste Raum ist der, in dem am meisten Dreck gemacht wird“, sagt Robin Geueke zu Beginn der Tour durch die insgesamt drei Räume der Werkstatt, „hier wird geschweißt, geschliffen, geflext, geklebt – eben alles, was irgendwie mit Dreck und Staub zu tun hat.“ Eine Schleifmaschine, ein Arbeitstisch mit Schraubstock, dazu zum Schrank umfunktionierte Bundeswehr-Spinde, weiße Wände ohne Bilder: Schön soll und muss hier nichts sein.

Das sieht in einem der zwei weiteren Räume anders aus. „Der größte ist für den Chef“, sagt Geueke grinsend in Richtung Konrad Humpert. Aus dem Radio dudelt leise Musik, an den Wänden hängen zig alte Bilder und von der Decke baumeln zwei gelb-schwarze Steckdosen. „Konrad achtet darauf, dass wir alles ordentlich zusammenbasteln – und dass wir anschließend auch wieder aufräumen“, sagt Geueke.

Chaos herrscht weder auf den Arbeitstischen, noch in den Regalen oder Schränken. Aber warum hängt nur ein Unterstützungsplakat für das einstige Erfolgsdoppel Steffen Skel/Steffen Wöller an der Werkstattwand? Das weiß das aktuell drittbeste deutsche Doppel auch nicht.

Der Wert einer Kaffeemaschine

Nebenan sind die Wände wieder weiß. An einer steht auf ganzer Breite und Höhe ein Regal, das voll mit Schlitten gepackt ist. „Hier arbeiten wir am meisten“, sagt David Gamm. In diesem Sommer sei er rund 200 Stunden mit der Entwicklung des Schlittens beschäftigt gewesen, „vor den ersten Fahrten war ich vier Wochen lang fast jeden Tag hier“, erklärt Geueke.

Umso wichtiger sei die Kaffemaschine gewesen, die neben dem Geueke/Gamm-Spind auf der Fensterbank steht. Und jedes Mal, wenn sie „ihren“ Raum verlassen, müssen die Winterberger zwingend auf das Graffiti „Go for Gold“ schauen, welches über der Tür prangt. „Früher war das der Bobraum von Sandra Kiriasis“, sagt Gamm beim Blick darauf. Sieben WM-Titel gewann die ehemalige Winterbergerin – Geueke/Gamm würde erstmal einer reichen.