Hagen. Der Hagener Polizei ist ein Schlag gegen den illegalen Waffenhandel gelungen: Verbindungen bestehen nach Arnsberg, Menden und ins Rocker-Milieu.

Waffen, Munition, Betäubungsmittel, Bargeld, Drogen – bei einer landesweiten Razzia am Mittwoch, 28. August, in Dortmund, Lünen, Radevormwald, Remscheid, Menden, Duisburg und Wilhelmshaven haben die Ermittlungsbehörden zwölf Häuser, Wohnungen, Werkstätten und eine Firma durchsucht. Ein Schlag gegen den illegalen Waffenhandel, der seine Anfänge auch im Hagener Rocker-Krieg hat.

Denn: Bei drei versuchten Tötungsdelikten zwischen den verfeindeten Mitgliedern der Bandidos und der Hagener Freeway Riders im Jahr 2018 wurden auffällige Waffen verwendet. Waffen, bei denen die vorgeschriebenen Beschusszeichen, Vertriebszeichen und Waffennummer fehlten. Waffen des Modells Walther, P 22, Kaliber 22.

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Waffenteile aus Arnsberg

Bereits seit 2017 wurden in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Sachsen-Anhalt sowie in Meschede, Bielefeld, Dortmund, Bochum, Herne, Köln, Lüdenscheid und Hagen zahlreiche Pistolen dieser Art sichergestellt – mehrere im Rockermilieu. Anzeichen, dass die Kennzeichnungen einmal vorhanden oder entfernt worden waren, habe es laut Polizei nicht gegeben. „Ein großer Vorteil für die Käufer, da diese Waffen nirgendwo registriert sind“, erklärt Thomas Schmelzer von der Staatsanwaltschaft Hagen. Kurzgesagt: Offiziell existieren die Waffen gar nicht.

Waffenkriminalität nimmt zu

Deutschlandweit hat die Waffenkriminalität zugenommen, wie Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) in einem aktuellen Lagebild notieren. Im Jahr 2018 wurden bundesweit 40.104 Verstöße gegen das Waffengesetz gezählt, ein Plus von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Nach wie vor kommen viele Waffen vom Westbalkan illegal nach Deutschland. Dem BKA zufolge nutzen die Schmuggler Linienbusse oder den Pkw-Verkehr. Häufig haben es Ermittler in umgebauten Pkw oder Klein-Lieferwagen mit „Mischsicherstellungen“ von Waffen und Rauschgift zu tun. Ein wachsendes Problem ist der unerlaubte Handel mit Waffen im Internet.

Da dieser Waffentyp ausschließlich bei der Firma Umarex in Arnsberg produziert wird, standen schnell Mitarbeiter im Verdacht, Waffen oder entsprechende Waffenteile vor der Endkontrolle und dem Anbringen der Beschusszeichen und Seriennummern aus der Firma entwendet zu haben. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Firma wurden daraufhin verschärft. Am 25. März fiel ein langjähriger Mitarbeiter (47) des Waffenproduzenten auf, als er versuchte, einen Lauf durch die Sicherheitskontrolle zu schleusen. Eyck Pflaumer, Geschäftsführer des Waffenherstellers, erklärte in einer ersten Stellungnahme, „dass keine Waffen, sondern ,nur’ Waffenteile aus dem Hause Umarex entwendet wurden“. Das „nur“ setzte er bewusst in Anführungszeichen, da es natürlich auch dies zu verhindern gilt.

Waffenhändler aus Menden

Es stellte sich heraus, dass der Mitarbeiter, ein Arnsberger, seit 2016 regelmäßig Waffenteile bei seinem Arbeitgeber entwendet hatte und diese dank seines Fachwissens zu Hause zusammenbauen konnte. „Es ist ein Ausnahmefall, dass unregistrierte Waffenteile zu Waffen zusammengebaut und illegal verkauft werden“, sagt Staatsanwalt Schmelzer.

Mindestens 100 unregistrierte Pistolen sind auf diese Weise in Umlauf geraten. Bei dem Arnsberger wurden Waffenteile für etwa 50 weitere Waffen gefunden. Der 47-jährige Tatverdächtige, inzwischen gekündigt, nannte der Polizei einen Waffenkäufer aus dem Märkischen Kreis, genauer gesagt aus Menden. Dort wurde nur zwei Tage später, also am 27. März, ein 26-Jähriger von der Polizei festgenommen. Er soll die zusammengebauten Pistolen weiterverkauft und nötige Munition beschafft haben. Abnehmer: vier Männer aus Dortmund und Hagen.

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Festnahmen erfolgten unter anderem im April in Hagen: Ein Scheingeschäft überführte einen 25-Jährigen, bei dem zwei scharfe Schusswaffen, darunter auch eine Walther PK380 – ohne entsprechenden Kennzeichnungen –, sieben Kilogramm Cannabis und 50.000 Euro sichergestellt werden konnten. Außerdem wurden zwei weitere Hagener – 25 und 26 Jahre alt – festgenommen. Letzterer sei der Rockergruppierung Bandidos zuzurechnen. Aktuell befinden sich vier Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Gegen zwei weitere Tatverdächtige wurden bestehende Haftbefehle gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

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15.000 Schuss Munition sichergestellt

Im Zuge der Durchsuchungen, verrät die Polizei, seien zirka 15.000 Schuss Munition, etwa fünf Kilogramm Schwarzpulver, 35 Kurzwaffen, 29 Langwaffen, zwei Scharfschützengewehre, zwei vollautomatische Schusswaffen und drei Handgranaten.