Dortmund. . Die Dortmunder Oper zeigt Lehárs Erfolgsoperette „Der Graf von Luxemburg“ in einer ungewöhnlich opulent ausgestatteten Inszenierung. So viele Kostüme sieht man selten in einer Theater-Produktion.

„Der Graf von Luxemburg“ ist eine keck-sentimentale Salonoperette mit richtig guter Musik. Das Theater Dortmund macht aus Franz Lehárs Welterfolg jetzt ein opulentes Ausstattungsstück. Der Esprit der Partitur spiegelt sich in der Inszenierung leider nicht wieder, sie bleibt recht steif. Aber da das Auge so viel zu schauen hat wie selten in einer Operette und die Stimmen erstklassig sind, kommt das Publikum auf seine Kosten und feiert die Premiere mit Beifall im Stehen.

Kostüme über Kostüme

Kostüme über Kostüme. Prachtvolle Roben zwischen mondän und elegant. Ausgefallene Karnevalsverkleidungen plus Edel-Grunge für den Chor und das Tanzensemble. Dazu immer wieder Mäntel, mit Pelzbesatz und ohne, deren dramaturgische Funktion einzig und allein darin besteht, auf der Bühne ausgezogen zu werden: Der Magdeburger Bühnenbildner Toto greift für den „Grafen von Luxemburg“ in die Vollen. Alleine mit dem Kostümetat könnten kleine Bühnen wie das Theater Hagen vermutlich zwei komplette Inszenierungen bestreiten.

Jenseits der Handlung ist ständig etwas los auf der Bühne. Der Chor, die Statisterie und das eigens zusammengestellte Tanzensemble (in Dortmund braucht das Ballett nicht an Operettenproduktionen mitzuwirken) sind ununterbrochen präsent, flanieren, plaudern, schlendern. Die schiere Menge dieser Mitwirkenden überwältigt. Dazu kommt ein spektakuläres Bühnenbild mit Art-Deco-Panorama-Rundfenstern, die den Blick weit über die gemalten Dächer von Paris freigeben.

Ein Pleitegraf heiratet für Geld

Aber die Tänzer wollen tanzen, und die Masse will sich bewegen. Regisseur Thomas Enzinger hat sein Personal handwerklich gekonnt im Griff. Doch er reizt jede Situation bis zum Anschlag aus. So wird der Abend nicht nur mit knapp drei Stunden ziemlich lang, die hinzugefügten Szenen gehen auf Kosten der Musik. René, der Pleitegraf von Luxemburg, und Angèle, die aufstiegswillige Designerin (im Original: Sängerin) haben Mühe, in dieser Kulisse mit ihrer romantischen Liebesgeschichte die Hauptrollen zu behaupten. Der Graf, der sein Erbe verjuxt hat, gibt der Bürgerlichen gegen Geld sein Jawort, damit sie nach der schon vorab geplanten Scheidung standesgemäß genug ist für einen fürstlichen Gatten. Tenor Lucian Krasznec hatte sich erkältungsbedingt ansagen lassen, singt den Heiratsgrafen gleichwohl mit lyrischem Schmelz und feinen Zwischentönen. Julia Amos ist eine betörend stimmschöne Angèle, und Mirella Hagen (der Waldvogel im Bayreuther „Ring“) gibt die flotte Juliette mit blitzsauberem Sopran.

Mehr Gewicht gewinnt in diesem Konzept das komische Paar: Ks. Hannes Brock kostet den Fürsten Basilowitsch („die Damenwelt raufte und riss sich um mich“) genussvoll als Greis auf Freiersfüßen aus, mit russischem Akzent und rheumatischen Gliedern, die sich für eine Polka nicht zu schade sind. Der Schlussakt ist ganz der großartigen Johanna Schoppa gewidmet, die als Gräfin Kokozow mit XXL-Gemüt, Damen-Bariton und einem Lachen so dreckig wie die Eckkneipe am Morgen nach Rosenmontag die Herzen erobert. In ihrem anspielungsreichen Chanson bringt sie sogar das Publikum zum Mitsingen.

„Mädel klein, Mädel fein“

Zusätzlich zum Libretto führt Thomas Pohn als Poet durch die Handlung, was heißt, dass er das erzählt, was anschließend die Protagonisten auf der Bühne noch einmal selber sagen.

„Der Graf von Luxemburg“ steckt voller Hits. Flotte Tänze kontrastieren mit sehnsüchtigen Melodien: „Mädel klein, Mädel fein“, „Lieber Freund, man greift nicht nach den Sternen“, „Bist Du’s lachendes Glück“. Dirigent Motonori Kobayashi hält sich mit den Dortmunder Philharmonikern unerklärlicherweise ziemlich zurück. Das Dirigat ist kultiviert, aber viel zu leise, Lehárs Rhythmen und rauschende Bögen sind die Basis seines Operettenerfolges und sollten zünden. So werden sie zur Begleitmusik degradiert.

Der Opernchor zeigt, was er kann

Der Dortmunder Opernchor zeigt dagegen einmal mehr, dass er zu den besten Opernchören Deutschlands gehört. Denn hier wird nicht nur hervorragend gesungen; die Sängerinnen und Sänger sind zudem inzwischen sehr versiert darin, eine Geschichte auch in vielfältigen darstellerischen Aufgaben zu erzählen.