Hagen. . Das Bundes-Innenministerium gibt beim Bau des Schützenvogels eine neue Richtlinie vor. Der Rumpf des Holzvogels soll nur noch einen Durchmesser von 8 Zentimetern haben. Die Schützen sind gegen diese Regelung. Traditionen verschwinden vom Schützenfest, sagen sie.

Eine Richtlinie des Bundes-Innenministeriums soll dem ­Schützenvogel, diesem allseits anerkannten Symbol der Brauchtumspflege, die Flügel stutzen. Oder besser: den Rumpf. Die maximal zulässige Dicke der „Ziele für Vogelschießstände“ darf nur noch 80 Millimeter betragen, so will es der Gesetzgeber in Berlin. Alles andere als die Maße eines imposanten Stangen-Tieres. Schon sehen Vorstände der ­Bruderschaften den Untergang des Schützenlandes gekommen. ­Tenor: Da hat jemand den Schuss nicht gehört.

Will man Karl Jansen, den obersten Schützenbruder Südwestfalens, auf die Palme bringen, muss man nur das Stichwort „Schützenvogel“ fallen lassen. Sofort ist es vorbei mit der auf Schützenfesten so viel beschworenen Harmonie. „Lächerlich“ und „dummes Zeug“, schmettert der Bundesoberst des Sauerländer Schützenbundes dem Anrufer freundlich entgegen und hält eine flammende Rede auf den traditionsreichen Vogel. Bislang sei der Rumpf (das Mittelteil) 200 Millimeter dick gewesen. Wenn er nur noch 80 Millimeter „Bauchumfang“ haben könne, benötige es nicht vieler Schüsse, um dieses „Spielzeug“ fallen zu sehen. „Normal sind doch 500 bis 600 Schuss beim Vogelschießen. Womöglich kommt demnächst nicht jeder Interessent zu einem Versuch.“

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Am 23. Oktober 2012 wurden die „Richtlinien für die Errichtung, die Abnahme und das Betreiben von Schießständen (Schießstandrichtlinien)“ des Bundesinnenministeriums im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Seitdem herrscht Katerstimmung bei den Schützenvereinen. Nicht nur, weil sich selbst neutrale Beobachter fragen könnten, wie viele Menschen und wie viele Arbeitsstunden für das 118 Seiten starke Mammutwerk im schönsten Behördendeutsch drauf gegangen sind.

Schützenvögel müssen aus „astfreiem Weichholz sein“

Beispiel: „Punkt 7: Vogelschießstände“, Unterpunkt 7.8: Ziele: Die Ziele (z.B. Vogelziel) sind an einer zentralen Halterung mittig im Geschossfangkasten anzubringen. Sie müssen aus astfreiem Weichholz (Tannen-, Fichten-, Pappel- oder Balsaholz) beim Beschuss mit Feuerwaffen sowie Sperr- und Balsaholz bei DL-Waffen gefertigt sein und dürfen keine Metallteile enthalten.“

Das Vogelschießen - der Höhepunkt eines Schützenfestes - zieht zahlreiche Besucher unter die Vogelstange. Ein Treffpunkt für Menschen. Ein Großereignis, das bei einem schnellen Ausgang (bei einem Winzig-Vogel eben) zu einem Schnellschuss mutiert. „So gehen Tradition und Brauchtumspflege kaputt“, klagt Karl Jansen. Er verweist darauf, dass noch nie etwas bei einem Vogelschießen passiert sei. „Und ich bin schon seit Jahrzehnten dabei.“

Den Mendener regt zusätzlich auf, dass der Sauerländer Schützenbund („wir haben schließlich 346 Vereine“) von den Verantwortlichen der Schießstandrichtlinie noch nicht einmal angehört wurde. Das „Sicherheits-Papier“ ist eine Folge des Amoklaufs von Winnenden und in erster Linie an Sportschützen gerichtet.

„Keine schießwütigen Waffennarren“

Schützenbrüder fühlen sich hier fehl am Platz. „Wir sind keine schießwütigen Waffennarren“, heißt es in einem Protestschreiben, das eine Delegation der Kreisschützenbünde Brilon, Meschede und Olpe am vergangenen Wochen­ende auf Vermittlung des heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Patrick Sensburg im Bundesinnenministerium abgab - dazu einen Schützenvogel nach alter Prägung und ein Exemplar gemäß der neuen Richtlinie. Die Forderung: dass wieder Holztiere mit Rumpfdurchmesser von mindestens 200 Millimetern gebaut werden dürfen. Dem Briloner Kreisobersten Dieter W. Braun zufolge soll es weitere Gespräche in Berlin geben.

Die Sauerländer Schützen, ohnehin gebeutelt durch Gema-Gebühren oder Auflagen für Festzugsabsicherung, wollen ihrem traditionellen Vogel die Stange halten, wollen verhindern, dass die „gesamte Schützenkultur unseres Landes verändert“ wird. Sie wissen: Im Leben geht mancher Schuss daneben.