Hemer/Menden/Arnsberg. Der geplante Bau eines Teilstücks der Autobahn 46 zwischen Hemer und Neheim ist vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in die Rangliste der umweltschädlichsten und verkehrstechnisch sinnlosesten Straßenbauprojekte aufgenommen worden.
Zweifelhafte Ehre für das Sauerland: Der seit 40 Jahren geplante Bau eines Teilstücks der Autobahn 46 zwischen Hemer und Neheim ist vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in die Rangliste der umweltschädlichsten und verkehrstechnisch sinnlosesten Straßenbauprojekte aufgenommen worden. Titel der schwarzen BUND-Liste: „Das dusselige Dutzend.“
Wenn es eine unendliche Geschichte im deutschen Straßenbauplanungs-Wesen gibt, dann muss es darin um den 19,4 Kilometer langen Lückenschluss der A 46 zwischen Hemer und Neheim gehen. Seit 40 Jahren wird geplant und herzhaft gestritten. Vorläufiger Höhepunkt war 2010 eine Prioritätenliste der NRW-Landesregierung, in die nur der Bau eines A 46-Teilstücks von Hemer nach Menden aufgenommen wurde. Die Planungen für die Rest-Trasse nach Neheim wurden zurück gestellt.
„Ein Eingriff in eineintakte Natur“
Peter Klagges verfolgt das Geschehen seit vielen Jahren. Sehr subjektiv, wie es sich für einen engagierten Umweltschützer gehört. Das BUND-Vorstandsmitglied im Märkischen Kreis ist ein Gegner des Projekts, einer „Totgeburt“, wie er es nennt. Hinter dem geplanten Lückenschluss stehen aus seiner Sicht ein veraltetes Straßenbaukonzept und ein nicht zu vertretender Eingriff in eine intakte Natur. „Die Notwendigkeit ist nicht mehr da“, sagt der Hemeraner, „das Verkehrsaufkommen, auch im Güterverkehr geht schon zurück.“
Klagges führt zahlreiche Argumente ins Feld: die nicht mehr notwendige Verkehrs-Entlastung für das östliche Ruhrgebiet, die unüberbrückbaren Konflikte mit der Natur, das aufgrund seiner topographischen Lage für solche Straßensysteme ungeeignete Sauerland („die veranschlagten 300 Millionen Euro würden mit Sicherheit deutlich überstiegen“) und die ohne Autobahn mögliche Lösung der Verkehrsprobleme in Hemer. Der BUND nennt als „beste Alternative eine stadtnahe zweispurige Nordumfahrung in Verbindung mit einer Tunnellösung“.
Natürlich geht es auch um Geld. Um viel Geld. Um die immer weniger werdenden Mittel für den Straßenbau, die nach Klagges’ Ansicht in den Erhalt bestehender Autobahnstrukturen gesteckt werden müssen. „Denken Sie nur an die maroden Brücken in NRW. Wenn die Substanz total kaputt ist, wird es sehr teuer.“ Für den Hemeraner ist die Sache klar: Die A 46-Planungen müssen ein Ende haben.
A46-Baustelle bei Bestwig von oben
Dem widersprechen nicht nur die heimischen Industrie- und Handelskammern vehement. Stellvertretend die Meinung von Christoph Brünger, Geschäftsführer Standortpolitik bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) zu Hagen. „Der Lückenschluss ist unabdingbar für die Anbindung der Wirtschaftsregion Südwestfalen an das Ruhrgebiet und an weitergehende Regionen. Heimische Industrieunternehmen und Handelsbetriebe brauchen die A 46, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“
„Kein zurückgehendesVerkehrsaufkommen“
Mit Interesse hat Brünger die BUND-Aussagen über die „kleineren verkehrlichen Engpässe in der Region zwischen Hemer, Menden, Wickede und Neheim“ verfolgt. „Die geben sogar zu, dass es Probleme gibt“, sagt der SIHK-Mann und wundert sich über die Betrachtungen über ein zurückgehendes Verkehrsaufkommen. „Dem widersprechen sämtliche Prognosen, insbesondere zum Güterverkehr.“ Aus seiner Sicht stärkt ein Lückenschluss der A 46 nicht nur den „innerregionalen Handel“ - auch bringe er merkliche Entlastung für Orte mit hohem Verkehrsaufkommen.
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Die heimischen Kammern sehen nach wie vor die Notwendigkeit eines Autobahnneubaus bis Neheim, wie es in den ursprünglichen Planungen vorgesehen war. „Ich finde es bedenklich, wenn Nordrhein-Westfalen sich bei Straßenbauprojekten im vorauseilenden Gehorsam selbst beschränkt“, sagt Brünger, „andere Bundesländer kennen diese Zurückhaltung nicht.“
Selbst Zurückhaltung zeigt Brünger bei der Frage, wann der ferne Tag sein wird, an dem der Lückenschluss realisiert werden kann. Er verweist auf die Bezirksregierung und den zuständigen Regionalrat, der weiterhin die Verlängerung der A 46 will. Und darauf, dass das Projekt auch in der Fortführung des Bundesverkehrswegeplans ist. „Aber an Prognosen beteilige ich mich nicht mehr.“
Christoph Brünger ist „frohen Mutes“, wie er sagt, dass er den Lückenschluss noch erleben wird. Er ist ja erst 49.