Meschede. .
Drei Jahre nach Fertigstellung des 1. Teils, der auf mehr als 900 Seiten die Geschichte des kurkölnischen Herzogtums Westfalen von den Anfängen bis zur Säkularisation 1803 in zwei Dutzend Fachaufsätzen dokumentiert und analysiert, ist nun auch die Folgezeit bis in die unmittelbare Gegenwart aufgearbeitet worden. Es sind die heutigen Kreise Hochsauerland, Olpe, Soest und der Märkische Kreis, die im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen und mit abermals 20 Autoren auf weiteren 1200 Seiten das Kommunalwesen, Wirtschaft, Gesellschaft und kirchliche Zusammenhänge und Entwicklungen beleuchtet.
Bürgermeisteramt und Gebietsreform, Verkehrsgeschichte, Forstwirtschaft, kirchliches Leben, Arbeiterbewegung, kulturelle Entwicklungen, Schulwesen und vieles mehr - der Themenstrauß ist dick und dicht; hier wird jedes Interesse umfassend bedient.
Nicht weniger als ein Standardwerk für Südwestfalen liegt damit komplett vor: „Die monumentale Form verweist auf den monumentalen Inhalt“, formuliert der Münsteraner Verleger Dr. Dirk Paßmann nicht ohne beruflichen Stolz, angesichts der insgesamt annähernd sechs Kilo schweren Buch-Herausforderung.
Wissenschaftliche Erkenntnisse über die verschiedenen Lebensbereiche der Menschen in unserer Region liegen in einer derart kompakten Form vor, wie sie für ganz Nordrhein-Westfalen einmalig ist.
Prof. Dr. Dr. Harm Klueting, Herausgeber und Mitautor des ambitionierten Werkes, erinnert daran, dass bereits Anfang des 19. Jahrhunderts der Begriff Herzogtum Westfalen aus dem offiziellen Sprachgebrauch verschwunden ist: „Die Grenzen sind längst verwischt, der Name lebt nicht mehr fort.“ Stets sei dieses kurkölnische Herzogtum ohnehin „ein Zufallsprodukt der Geschichte“ gewesen, ohne natürliche Grenzen im geografischen wie auch im sprachtümlichen Sinn. Allerdings sagt der Theologe und Historiker Klueting auch: „Nichts bleibt, wie es ist. Wenn wir heute fragen: ,Wo ist dieses alte Westfalen?’, dann kündigen sich vielleicht schon neue territoriale Identitäten an, die sich unter dem Stichwort ,Südwestfalen’ weiter herausbilden könnten.“
Bezüglich der vormals beinahe ausschließlich katholisch geprägten Region urteilt Prof. Klueting rückblickend: „Eine wachsende Profillosigkeit, Selbstauflösungstendenzen und nicht zuletzt ein starker Zuzug von evangelischen Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg haben den Katholizismus im vormals kurkölnischen Westfalen nachhaltig verändert.“
Es ist die unbedingte wissenschaftliche Qualität und die gleichzeitige Lesbarkeit, die den Doppelwert dieser außergewöhnlichen Veröffentlichung so attraktiv macht, wie Verleger Paßmann gern betont. Dabei muss auch nicht verschwiegen werden, dass die Fertigstellung des zweiten Bandes mehrfach dramatisch auf der Kippe stand. Wichtige Autoren zogen sich unerwartet zurück, Todesfälle im ausgesuchten Autorenkreis führten zusätzlich zu redaktionellen Problemen.
- Harm Klueting (Hg.):
- Das Herzogtum Westfalen Band II: Das ehemalige kurkölnische Herzogtum Westfalen im Bereich der heutigen Kreise Hochsauerland, Olpe, Soest und Märkischer Kreis (19. u. 20. Jahrhundert)
- Aschendorff Verlag
- 1200 Seiten
- 35 Euro