Warstein. War es ein Aorta-Abriss oder ein Herzinfarkt? Die Todesursache des während des Weltcupspringens in Verona verstorbenen Springpferdes Hickstead ist noch ungewiss, die Trauer in der Szene ist riesig. Alois Pollmann-Schweckhorst gehört als Nationenpreis- und Weltcup-Reiter zur deutschen Spitze. Im Interview äußert sich der Warsteiner betroffen über den Tod des Top-Pferdes.
Frage: Herr Pollmann-Schweckhorst, wie schwer fällt es Ihnen, sich die Bilder aus Verona anzuschauen?
Alois Pollmann-Schweckhorst: Sie haben mich schon tief erschüttert. Hickstead war eines der besten Pferde der Welt, eine lebende Legende – und dann so ein spektakuläres Ende. Nicht in der Box oder auf dem Abreiteplatz, nein, vor laufenden Kameras und 10 000 Zuschauern bricht dieses Top-Pferd zusammen.
Schicksalsschlag für Olympiasieger Eric Lamaze
Fast allen in der Halle standen die Tränen in den Augen…
Pollmann-Schweckhorst: So etwas erschüttert die ganze Pferdewelt vom Spitzensport bis in den Hobby-Bereich. Die Pferde sind nicht nur irgendwelche Tiere oder Sportgeräte. Sie sind alles, tägliche Begleiter, Freunde, Familienmitglieder. Und wenn du als Reiter dein Pferd nach absolviertem Parcours klopfst und es bricht plötzlich wie vom Blitz getroffen zusammen, dann ist das ein echter Schicksalsschlag.
Sie sind das eine oder andere Mal gegen Eric Lamaze und Hickstead angetreten, was dürfte dem Reiter jetzt durch den Kopf gehen?
Pollmann-Schweckhorst: Das Pferd sprang mit ihm im wahrsten Sinne des Wortes in den Olymp, also zum Olympiasieg. Eric wird im ersten Augenblick sicherlich an ein sofortiges Karriereende gedacht haben. Aber so traurig es ist: So etwas passiert, es ist nicht vorhersehbar.
Dass ein Pferd beim Turnier stirbt, bleibt Einzelfall
Haben Sie selbst einen derart dramatischen Zwischenfall schon mal erlebt?
Pollmann-Schweckhorst: Man darf jetzt nicht über-dramatisieren. Dass ein Pferd beim Turnier stirbt, bleibt ein Einzelfall. Ich betreibe seit knapp 30 Jahren Pferdesport und habe so etwas äußerst selten erlebt. Einmal hatte sich eines meiner Pferde das Fesselbein gebrochen und musste später eingeschläfert werden. Aber unterm Sattel zusammenzubrechen – so etwas ist die große Ausnahme und mir – toi, toi, toi - noch nicht passiert.
Sie sagten es: Das Risiko bleibt. Denken Sie, dass eine neue Diskussion über das Wohl und Wehe der Springreiterei entstehen wird?
Pollmann-Schweckhorst: Bei denen, die die Zusammenhänge nicht kennen, vielleicht. Aber das ist Quatsch, denn gerade die Top-Pferde stehen so intensiv unter Beobachtung oder medizinischer Kontrolle, dass alles sofort auffällt, was auffallen kann. Es ist wie bei den Menschen: Irgendwann ist die Uhr leider abgelaufen. Wenn sich das auch hart anhört, aber in die Schöpfung kann man nicht eingreifen.
Solidarität der Reiterkollegen imponierend
Ihre 17-jährige Tochter Lena ist ebenfalls ein großes Reit-Talent. Wie geht ein pferdebegeistertes, junges Mädchen mit so einem Zwischenfall um?
Pollmann-Schweckhorst: Sie rief mich direkt bestürzt an, weil ich am Sonntag unterwegs war. Und da Lena so etwas noch nie erlebt hat, fragte sie natürlich: Papa, wie kann das passieren? Wir haben dann darüber gesprochen und ich habe ihr gesagt, dass so etwas leider vorkommen kann. Wie Menschen eben auch Herzanfälle oder Schlaganfälle erleiden können.
Vom 17. bis 19. November findet in Warstein die Champions Trophy statt, hat der Tod von Hickstead irgendwelche Auswirkungen auf die Organisation?
Pollmann-Schweckhorst: Nein, absolut nicht. Die medizinische Versorgung für Tiere und Reiter ist seit Jahren auf dem höchsten Level - und könnte solche Dinge doch nicht verhindern. Sie sind einfach nicht vorhersehbar. Aber wissen Sie, was mir in Verona besonders imponiert hat?
Was?
Pollmann-Schweckhorst: Es haben sich alle Reiter solidarisch erklärt und auf weitere Starts verzichtet. Das unterstreicht die Glaubwürdigkeit. Jeder hatte Geld für dieses Turnier investiert, einige hatten tausende Kilometer Anreise hinter sich und alle haben das Ziel Weltcup-Finale vor Augen. Dass das Turnier abgebrochen wurde, zeigt wie Pferde in solchen Kreisen gesehen werden. Als Partner.