Schmallenberg. Kameramann Roman Schauerte spürt dem Geheimnis des 1. FC Union nach. Warum das auch eine Verbeugung vor dem Fußball im Sauerland ist.
Der Spagat zwischen Heimat und Karriere in der großen weiten Welt ist das Lebensthema von Roman Schauerte. Der erfolgreiche Kameramann hat sich bewusst dafür entschieden, in seinem Geburtsort Schmallenberg zu leben. In seinem neuen Film geht es ebenfalls um Bodenständigkeit und internationalen Ruhm. Schauerte hat mit Regisseurin Annekatrin Hendel den Dokumentarfilm „Union – Die Besten aller Tage“ über den 1. FC Union Berlin gedreht. Damit schließt sich ein Kreis. Denn Roman Schauerte kommt aus einer bekannten Sauerländer Fußballfamilie, sein Bruder Julian ist Profifußballer.
„Mein Papa hat in seinem Leben nur einen einzigen Elfmeter verschossen, beim Sportfest, als mein Opa im Tor stand“, erzählt Roman Schauerte. Großvater Gerhard Bludau kam aus Bochum zur Firma Falke ins Sauerland, verliebte sich und blieb. Malermeister Franz-Josef Schauerte kutschierte Romans Bruder Julian über Jahre hinweg mehrmals die Woche zu Bayer Leverkusen zum Training. „Er fährt immer noch jedes Wochenende nach Gütersloh und guckt sich Julians Spiele an“, so Roman Schauerte. Roman war auf dem Platz nicht so gut wie sein Bruder, entschied sich für die Künstlerlaufbahn und musste feststellen: „Fußball ist eine Religion. Diese Religion hatte ich ein bisschen verloren. Bei Union habe ich den Glauben daran wiedergefunden.“
Der 1. FC Union Berlin ist ein Klub mit vielen sportlichen und finanziellen Achterbahnfahrten. Heute gilt er als einer der mitgliederstarken Sportvereine Deutschlands und ist bekannt für seine aktiven und treuen Fans. Nina Hagen interpretiert die Vereinshymne „Eisern Union“. Darin wird der Ost-Stolz besungen: „Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union“. Ist das Ideal eines Volks-Klubs in der Realität des kommerziellen Fußballs haltbar? Oder ein Märchen? Das untersucht der Dokumentarfilm. Roman Schauerte: „Die Regisseurin ist Grimmepreisträgerin. Sie hatte vorher noch nie mit Fußball zu tun und war überwältigt von den Emotionen, die da abgehen. Wir versuchen, Geschichten zu erzählen, das Kollektiv zu erzählen. Im Mittelpunkt stehen die Menschen jenseits des Spielfeldes.“
Roman Schauerte war mit Union-Präsident Dirk Zingler beim Champions-League-Gruppenspiel in Madrid und beide fragten sich: Geht es hier noch um das Wertesystem des regionalen Fußballs? Oder geht es um den Weltmarkt? „Es ist kein klassischer Fußballfilm, er handelt von den Menschen, die das System am Laufen halten“, sagt er. Schauerte selbst wirbt seit Jahren für Regionalität als zukunftsfähige Lebensform. „Früher hat man vielleicht neidisch auf die Kollegen geguckt, die nach Afrika flogen, um Werbefilme für Autos zu drehen. Heute fragt man sich: Ist das nachhaltig? Mir persönlich geht es darum, Unternehmen von hier mit meinem Handwerk zu unterstützen, das finde ich die modernere Arbeit. Es ist ein Klischee, dass die Leute aus dem Sauerland wegwollen.“
Sein Interesse an Nachhaltigkeit, verbunden mit der Suche nach Zukunftswegen, hat Roman Schauerte zeitweilig in den Schmallenberger Stadtrat gebracht. „Das hat mich in meiner Heimatliebe ein bisschen zurückgeworfen. Nach einem Jahr habe ich gesagt: Das bringt mir nichts, der Künstler kann keine Politik machen. Jetzt bin ich wieder in meiner alten Rolle. Dass man Menschen wieder für die Demokratie interessiert, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
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An seiner Arbeit für den Film „Union – Die Besten aller Tage“ faszinieren ihn genau diese Aspekte: Wie lässt sich Heimatverbundenheit erhalten, wenn ein Verein im großen Fußballgeschäft unterwegs ist? „Das Beispiel Union zeigt, dass Erfolg nicht die Hauptsache ist. Die Hauptsache ist es, vor Ort zu sein und mit den Leuten zu sein. Das finde ich viel moderner als Bayern München.“ Entsprechend ist Schauerte von der Notwendigkeit überzeugt, dass das Regionale wieder in den Fokus rücken sollte. „Wenn man nicht dreimal im Jahr nach Malle fliegt, geht man wieder öfter aufs Erntedankfest. Wir müssen die Eventisierung des Alltags überwinden und wieder die Faszination im Kleinen entdecken, mit Menschen zusammen sein, eine gute Zeit zu haben, entspannt zu leben.“
Für Roman Schauerte und seine Frau stand nicht in Frage, Schmallenberg um der Karriere willen zu verlassen. „Wenn die Kinder klein sind, möchte man sie in einem sicheren Nest wissen. Die Familie ist in Schmallenberg, Menschen, die Stabilität geben, wenn ich unterwegs bin.“ Doch er wünscht sich auch mehr Bereitschaft zu Innovation seitens der regionalen politischen Akteure.
Union-Sportdirektor Oliver Ruhnert ist übrigens ebenfalls Sauerländer, er kommt aus Hüsten, lebt in Iserlohn, „hat in Eslohe trainiert, ist Schiedsrichter“. Noch ein Kreis, der sich schließt. Und so ist der Film über den ostdeutschen FC auch eine Verbeugung vor allen engagierten Fußballern im Sauerland geworden. Roman Schauerte: „Ich hatte immer den Wunsch, einen Film über Fußball zu machen. Dafür habe ich lange gewartet.“
Der Dokumentarfilm „Union – Die Besten aller Tage“ läuft am Mittwoch, 15. Mai, um 19 Uhr im Habbels in Schmallenberg.