Gevelsberg. Fakt oder Vorurteil: Zum Jahresanfang sollen die Motivation höher und die Fitnessstudios voller sein. Und wie bleibt man am Ball?

Ein Morgen kurz nach Neujahr, die letzten Böller-Reste liegen noch vereinzelt an den Straßenrändern. Im Fitnessstudio „Sport Alm“ des Skiclubs Gevelsberg herrscht bereits reger Betrieb, als Thomas Müchler das Indoor-Fahrrad einstellt und motiviert in die Pedale tritt. „Der gute Vorsatz treibt mich hierhin“, sagt der 61-Jährige. Während Stammgäste ihrer üblichen Trainingsroutine nachgehen, macht Müchler am Anfang des Jahres ein Probetraining in dem Fitnessstudio.

Neues Jahr, neues Glück, neue Ziele – ab zum Sport. Im Januar – der Monat der guten Vorsätze schlechthin – soll die Motivation für Bauch-weg- und Bewegungsprogramme an Geräten, auf Gymnastikmatten oder in Kursräumen steigen. Ist das wirklich so?

Was Thomas Müchler angeht, ist seine Motivation eindeutig festzustellen: „Ich möchte mich fit halten, gesund bleiben und mich täglich bewegen, wie auch immer.“ Egal, ob Fahrradfahren, Wandern oder eben der Gang ins Fitnessstudio, Thomas Müchler hat schon immer gerne Sport gemacht, seit der Pandemie sei das jedoch weniger geworden, erzählt er. Und das will er ändern. Im Sommer will er draußen Radfahren, aber er hat es sich auch als Ziel gesetzt, mehr Krafttraining zu machen und das gehe nun am besten im Studio. Doch nicht nur das lockt den 61-Jährigen an die Geräte: „Die Geselligkeit und der Menschenkontakt im Studio treiben mich zusätzlich an.“

Thomas Müchler bei seinem Probetraining.
Thomas Müchler bei seinem Probetraining. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Dass die Motivation bei vielen Menschen zum neuen Jahr steigt, merkt auch das Trainer-Team im Fitnessstudio. Im Schnitt haben sie knapp 30 Neuanmeldungen zu Beginn des Jahres, überschlägt Jasmin Frischholz. Ein sehr guter Monatsdurchschnitt, vor allem weil das Studio in anderen Monaten um die fünf bis zehn Neuanmeldungen verzeichnet. „Wir haben im Januar immer eine Aktion, weil die Erfahrung zeigt, dass die Menschen dann motivierter sind“, fügt Frischholz hinzu. Die Aktion dieses Jahr? Neukunden, die zwischen dem 10. und 19. Januar eine Mitgliedschaft abschließen, trainieren die ersten drei Monate zu einem vergünstigten Preis. Außerdem können Interessierte in der Woche fünf Gratiskurse testen.

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Morgens bleibt es über das Jahr verteilt relativ ruhig, aber nachmittags und abends sei vor allem jetzt viel los, so Frischholz. Knapp 70 Personen seien erst vor wenigen Tagen in einem Kurs gewesen. „Die Halle war voll, da musste man gucken, wo man die Matte hinlegt“, sagt die 33-Jährige. Und auch die Indoor-Cycling-Kurse seien vor allem zum Jahresbeginn sehr gut besucht.

„Ich habe gestern regulär gestartet und mein Kurs war knacke voll“, berichtet Antje Lützenberger vom Kursstart. Sie ist Vorstandsmitglied und trainiert selbst seit zwanzig Jahren regelmäßig in dem Gebäude. Und sie erkennt einen großen Unterschied zu den anderen Jahreszeiten: „Man merkt, dass die Leute voller guter Vorsätze ins neue Jahr starten. Ich sehe viele bekannte, aber auch unbekannte Gesichter.“

Es sind nicht nur die Neujahresvorsätze, die die Gäste in das Studio treiben. Einige seien in der letzten Zeit krank gewesen, haben sich mit Grippe- oder Coronaviren angesteckt und achten nun wieder auf ihre Gesundheit. Oder sie wollen einfach die Weihnachtskilos verlieren, die durch langes Sitzen, Völlerei und Bewegungsarmut wegen des schlechten Wetters zugenommen wurden, vermutet Antje Lützenberger.

„Man merkt, dass die Leute voller guter Vorsätze ins neue Jahr starten.“
Antje Lützenberger

Der Ansturm flaut in den Sommermonaten erfahrungsgemäß wieder ab, auch, weil viele das gute Wetter nutzen, um draußen Sport zu treiben, bevor es in der kalten Jahreszeit wieder ins Studio geht, weiß Jasmin Frischholz. Der Großteil der Menschen, die zum Jahresanfang starten, blieben dem Studio auch tatsächlich als Kunden erhalten: „Es gibt natürlich welche, für die das nichts ist, aber um die 70 bis 75 Prozent der Kunden bleiben angemeldet“, schätzt die Trainerin.

Sport in moderaten Mengen

Auch wenn die Motivation hoch ist, sollte man es nicht übertreiben. Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln rät Anfängern deswegen lieber mit moderaten Belastungen einzusteigen: „Einseitiges Training kann zu Ungleichgewichten und Verletzungen führen. Anfänger sollten verschiedene Sportarten und Übungen in ihr Programm aufnehmen, um alle Muskelgruppen zu aktivieren, so vermeiden Sie Überlastungen und Verletzungen“, so der Experte auf Anfrage der Westfalenpost.

Die verschiedenen Muskelgruppen und der Herz-Kreislauf sollten gleichermaßen trainiert werden, dafür eignen sich unter anderem lange Spaziergänge, Walken oder Schwimmen. Das Fitnessstudio hätte vor allem für Muskeltrainings eine große Auswahl, und Sportanfängern stünden dort kompetente Fachkräfte zur Seite. „Fitnessstudios bieten außerdem den Vorteil, dass Sie mit einer Anamnese des Ist-Zustands beginnen und diesen bei der Erstellung eines individuellen Trainingsplans berücksichtigen“, führt Froböse weiter aus.

Damit die anfängliche Motivation nicht abflaut, rät Froböse, sollte man die Trainingsroutinen variieren, sich kleine, erreichbare Ziele setzen und den Sport regelmäßig in den Tagesablauf einbetten. „Hier empfehle ich stets die subjektive Unterforderung. Wenn Sie nach dem Training das Gefühl haben, ‚darauf habe ich morgen gleich nochmal Lust‘, war es genau richtig. Wer in kurzer Zeit versucht, alles zu geben, hält die Motivation nicht lange aufrecht und riskiert Verletzungen.“

„Wenn Sie nach dem Training das Gefühl haben, ‚darauf habe ich morgen gleich nochmal Lust‘, war es genau richtig.“
Prof. Dr. Ingo Froböse

Der Jahreswechsel bietet für viele Menschen eine „symbolische Gelegenheit für einen Neuanfang“, erklärt Froböse die hohe sportliche Motivation im Januar. Dass die Motivation in den folgenden Monaten nachlässt, könne damit zusammenhängen, dass viele Menschen sich keine langfristigen Ziele setzten. Aber oft sei es auch einfach die „Realität des täglichen Lebens“, die Menschen davon abhielte, ihre sportlichen Ziele zu erreichen: „Wenn andere Verpflichtungen anstehen, wird die sportliche Aktivität beeinträchtigt.“