Dortmund. Welche generative KI Benedikt Bonnmann vom Dortmunder IT-Riesen Adesso auf dem Smartphone hat. Und warum viele Chefs ChatGPT nutzen.
ChatGPT verändert die Welt, in der Wirtschaft, aber auch im Privaten. Davon ist Benedikt Bonnmann, Chefanalytiker des Dortmunder IT-Dienstleisters Adesso SE, fest überzeugt. Das Produkt des US-amerikanischen Konzerns Open AI hat innerhalb eines Jahres nach Markteintritt einen rasanten Aufstieg hingelegt. „ChatGPT ist das Tempotaschentuch der generativen KI“ und wird in Unternehmen bereits extrem häufig eingesetzt. Führungskräfte bewerten die Arbeit mit dem Hilfsmittel (Tool) überwiegend positiv. Das ergab eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens „heute&morgen“ im Auftrag von Adesso. Benedikt Bonnmann dazu, was generative Künstliche Intelligenz (KI) heute schon kann und warum sich viele eine deutsche Alternative wünschen.
Herr Bonnmann, haben Sie die ChatGPT-App auf Ihrem Smartphone?
Benedikt Bonnmann: Ich habe einen privaten GPT4-Account (die neueste Version des Chatbots/d. Red.) und nutze den intensiv auf meinem Smartphone und dem Laptop für fast alles.
Können Sie ein Beispiel geben?
Etwa für Präsentationen. Ich fange nie mehr auf einem weißen Blatt Papier an. Es kommt zwar nie 100 Prozent heraus, sondern vielleicht 80 Prozent, aber das Tool ist unglaublich gut. Generative KI erzeugt neue Inhalte auf Basis dessen, was ich hineingebe. Die Challenge, die Herausforderung, ist also die richtige Beantwortung der Frage, was ich ins System hineingebe.
Können Sie die Herausforderung näher beschreiben?
Es kommt immer auf die Qualität und Quantität der Daten an, die hineingegeben werden, besonders, wenn Entscheidungen über Menschen getroffen werden. Ein Beispiel. Eine Scouting-App für Fußballer wird mit Daten von weißen Fußballern gefüttert. In Afrika würde der Algorithmus nicht funktionieren, weil die meisten Menschen dort eine dunkle Hautfarbe haben. Es ist auch so, dass das Tool immer dümmer wird, je dümmer die Anfragen sind, weil es auf dieser Basis weiter trainiert. Und: HR-Daten, also Personendaten, dürfen auf keinen Fall ins
denn die dürfte das Tool dann auch nutzen. Das war anfangs in manchen Unternehmen ein Problem. Man hat mit dem Einsatz von generativer KI begonnen, aber nichts darüber gewusst. Die Daten eines Unternehmens sollten aber nicht anderen gehören.
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Adesso hat eine aktuelle Umfrage unter Führungskräften in deutschen Unternehmen gemacht. Demnach haben bereits 60 Prozent ChatGPT eingesetzt. Ist das nicht ein enormes Risiko?
Der Anreiz ist so hoch, weil der Effizienzsprung so hoch ist. Nutzer geben an, dass sie mehrere Stunden Arbeitszeit pro Woche durch den Einsatz von ChatGPT einsparen. Wir bringen den Leuten in den Unternehmen bei, wie man gut und sicher damit arbeitet. Unsere Kunden sind gehobener Mittelstand bis hin zu DAX-Konzernen. Mit einem sicheren Intranet können viele Abläufe beschleunigt werden. Sie können abfragen, wer für Prozess 17 oder das Bestellen von Bleistiften zuständig ist. Die Übersetzung einer Seite mit generativer KI kostet vielleicht noch 0,1 Cent. Überall, wo Texte entstehen, im Marketing oder auch in Medien, beschleunigen diese Tools die Arbeit extrem.
Generative KI wird also definitiv die Arbeitswelt verändern?
ChatGPT oder besser generative KI wird einen signifikanten Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland haben. Meine Prognose ist, dass bis 2030 quasi kein Job mehr von generativer KI unberührt bleibt.
Ihre Abfrage hat ergeben, dass ChatGPT das mit Abstand bekannteste und meist genutzte Werkzeug dieser Art ist, sich aber die befragten Führungskräfte dringend eine deutsche Alternative wünschen. Warum ist das so?
Es geht um digitale Souveränität. Für Ministerien oder ein Bundesverwaltungsamt ist es völlig ausgeschlossen, dass einem US-amerikanischen Unternehmen Daten überlassen werden. Aber auch viele deutsche Unternehmen möchten lieber nicht abhängig sein von einem ausländischen Anbieter.
Haben andere Anbieter überhaupt noch eine Chance, nachdem ChatGPT innerhalb eines Jahres derart gewachsen ist?
Es gibt schon eine Reihe größerer andere Anbieter wie Meta mit LLama2, die Alternativen wären. Auf Platz zwei bei der weltweiten Nutzung liegt Google Bard, was aber nur halb so viele Nutzer hat wie ChatGPT. Es gibt auch den deutschen Anbieter Aleph Alpha. Gerade sind 500 Millionen Euro in dieses Projekt geflossen. Das größte IT-Invest, das es jemals in Deutschland gegeben hat. Im Vergleich zur Investition von OpenAI in ChatGPT ist das allerdings wenig. Es gibt jede Woche neue Modelle, der Markt ist viel bunter als ChatGPT und OpenAI mit gerade einmal 800 Mitarbeitern. Die Frage ist nur, bekommt man die Daten und das Geld für so ein Projekt. Wir wissen, wie die das tun und könnten es selbst tun – theoretisch.
Woran hapert es?
Es würde nur drei Monate dauern, aber rund zehn Milliarden Euro kosten.