Berlin/Brilon. Die SPD-Landesgruppe im Bundestag möchte den Schutzstatus des Wolfes abschaffen - und geht damit über die bisherigen Ampel-Pläne hinaus
Die einflussreiche SPD-Landesgruppe im Bundestag fordert, den Schutzstatus des Wolfes in der Europäischen Union abzuschaffen. Das geht aus einer Resolution hervor, die die Landesgruppe am Montagabend verabschiedet hat. Mit ihren Forderungen zum Umgang mit Problemwölfen gehen die Sozialdemokraten zum Teil über die Pläne der Bundesumweltministerin Steffi Lemke vom grünen Koalitionspartner hinaus.
Besonderer Schutz
Wölfe genießen als einheimische Art in der EU einen besonderen Schutz. Damit sind Deutschland und die anderen Mitgliedsländer verpflichtet, Wölfen langfristig einen „lebensfähigen Bestand“ zu sicher. Das geht der SPD-Landesgruppe nun zu weit. Es sei zwar zu begrüßen, dass die Wiederansiedlung des Wolfes in Deutschland gelungen sei, heißt es in der Resolution. „Wir müssen aber auch feststellen, dass gerade in unseren ländlich geprägten Wahlkreisen in Nordrhein-Westfalen der positive Trend der Populationsentwicklung des Wolfes auch mit erheblichen Herausforderungen und Zielkonflikten einhergeht“, stellt die SPD fest. Davon seien vor allem die Landwirtschaft sowie die Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter betroffen, deren berufliche Existenz sogar zum Teil gefährdet sei.
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Das bisherige Wolfsmanagement sei zu kompliziert, zu bürokratisch und löse die Probleme nicht, kritisiert die SPD. Deshalb sei „ein neues Gleichgewicht zwischen den Interessen der Landwirtschaft und dem Schutz des Wolfes“ erforderlich. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, auch über den Koalitionsvertrag hinaus.
Die wichtigsten Forderungen der Landesgruppe:
- Der Schutz der Weidetiere und der Bevölkerung müsse „klare Priorität“ haben. Es reiche nicht aus, alle sechs Jahre die Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland zu bewerten. Das müsse „deutlich häufiger“ geschehen, um Schutzmaßnahmen schneller umsetzen zu können.
- Den Weidetierhaltern müsse eine wirtschaftliche Zukunft ermöglicht werden. „Dies kann nur mit einem effektiven, pragmatischen und unbürokratischen Herdenschutz erfolgen“, heißt es in der Resolution.
- Bei Genanalysen nach Wolfsrissen müsse die Beweislast umgekehrt werden. Derzeit muss der Geschädigte den Beweis erbringen, dass „der Täter“ ein Wolf war. Erst dann kann er einen Ausgleichsanspruch erlangen.
- Die geplante Tötung von Problemwölfen nach dem ersten Riss findet die NRW-SPD gut. Dass Lemke die Bejagung aber auf den Umkreis von einem Kilometer beschränken will, sei „nicht zielführend“.
- Das Bundesnaturschutzgesetz und Vorgaben der aktuellen Verwaltungspraxis müssten so verändert werden, dass Problemwölfe schneller getötet werden könnten.
Schnelle Lösungen
„Wir brauchen schnelle Lösungen, die Pläne von Ministerin Lemke sind immer noch zu kompliziert“, sagte der Briloner SPD-Abgeordnete Dirk Wiese, neben dem Co-Vorsitzenden der SPD in NRW, Achim Post, Autor der Resolution. Vor allem der Ein-Kilometer-Vorschlag für Abschüsse sei nicht zielführend. „So ein Tier läuft bis zu 80 Kilometer am Tag“, sagte Wiese. „Wir werden mit dem Wolf leben, aber wenn einer Probleme macht, muss er schnell und unbürokratisch geschossen werden können.“
4000 Weidetiere angegriffen
In Deutschland klagen Landwirte über immer mehr Schäden durch Wolfsrudel. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 4000 Weidetiere durch Wolfsangriffe verletzt oder getötet. Im September hatte NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) weitere Gebiete in NRW ausgewiesen, in denen Weidetierhalter Fördermittel für Schutzmaßnahmen gegen das Raubtier beantragen können. Damit ist nun fast die Hälfte des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Fördergebiet. Aus Sicht der Tierhalter läuft der Schutz jedoch ins Leere. „Es gibt keinen Schutz gegen den Wolf“, sagte Thomas Wiese, Vorsitzender des Vereins Mutterkuhhalter NRW, damals dieser Redaktion. Die Tiere seien schlau und könnten sogar mehr als zwei Meter hohe Zäune überwinden.