Geseke. Wie kommt es, dass der Lokführer beim Zugunglück in Geseke nicht auf der Lok war? So funktioniert die Fernsteuerung im Güterverkehr.

Die Aufräumarbeiten in Geseke nach dem Zugunglück am Sonntag, bei dem der 30-jährige Lokführer ums Leben kam, dauern weiter an – erschwert durch den Regen der Wochenmitte, durch den der Zement auf dem Gleisbett verhärtet wurde. Währenddessen kursiert immer noch das Video vom Lokführer kurz vor dem Unfall, wie er mit der Fernsteuerung zwischen zwei Waggons hockt. Im Internet wird spekuliert, was er dort getan haben könnte – hat er vielleicht versucht, das Unglück noch zu verhindern? Das können nur die Ermittlungen zeigen.

EVG erklärt: Der Lokführer gehört an die Spitze des Zugs – und das ist nicht immer die Lok

Trotzdem bleibt die Frage, warum der Lokführer zum Unfallzeitpunkt nicht im Führerstand, also vorn in der Lok, war – die Polizei bezeichnete dies zu Beginn der Woche noch als „nicht unüblich“. Johannes Kuipers, Gewerkschaftssekretär der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), widerlegt das: Der Lokführer eines Güterzugs müsse immer an dem Ende des Zugs sein, das in Fahrtrichtung vorne liegt. Wenn die Lok die Waggons also zieht, wie bei dem verunfallten Zug, muss also die Lok besetzt sein; wenn die Lok allerdings, zum Beispiel bei Rangierfahrten an Werken oder Be- und Entladestellen, die Waggons vor sich her schiebt, stehe der Lokführer am vordersten Waggon. „Die Spitze der Rangierfahrt muss immer besetzt sein. Ein Aufenthalt auf einem Wagen weiter hinten, ist unzulässig“, erklärt Kuipers – so sei die Regelung zumindest bei der DB AG beziehungsweise DB Cargo AG.

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Dabei sei es tatsächlich normal, dass der Lokführer bei einer Zugfahrt allein im Zug sei; nur bei einer Rangierfahrt, wo sich der Zug auf kurzen Strecken bewegt, um zum Beispiel Waggons von einem Ort zum nächsten zu bringen, kann er von einem so genannten Rangierbegleiter begleitet werden – dieser bemannt dann bei einem geschobenen Rangiervorgang die Spitze des Zuges, die beiden stehen im Funkkontakt miteinander.

Betrieb per Funkfernsteuerung: Nur beim Rangieren, viele Sicherheitsmaßnahmen

Wenn der Lokführer allerdings alleine einen Rangiervorgang durchführt, bedient er den Zug per Fernsteuerung – gerade dann, wenn in Anschlüssen am Ende des Gleises keine Weiche zum Umsetzen der Lok liege, sondern ein Prellbock, so Kuipers. Die Fernsteuerung der Lok könne man sich vorstellen wie die Steuerung eines ferngesteuerten „Spielzeugautos“, sagt Kuipers. Der Betrieb per Fernbedienung ist dabei gleich mehrfach automatisch gesichert: „Verliert die Lok das Signal zum Funkfernsteuerung, wird automatisch eine Zwangsbremsung ausgelöst, dies ist Vorgabe der Zulassung und damit ist die Sicherheit gewährleistet. Somit hat der Lokrangierführer immer die Kontrolle über die Rangierfahrt. Dasselbe gilt bei Überschreitungen der vorher eingestellten Geschwindigkeit: Im Funkbetrieb wird die Leistung vor Erreichen der eingestellten zulässigen Geschwindigkeit abgeschaltet.“