Soest. Ein Blick hinter die Kulissen verrät, warum Stollen, Lebkuchen und Co. schon so früh im Handel erhältlich sind.
Draußen vor der Halle scheint die Sonne Anfang September, die Temperaturen werden an diesem Nachmittag in Soest an der 30-Grad-Marke kratzen. In der Produktionshalle ist es warm – der Geruch von Gewürzen, Mehl und Hefe liegt in der Luft. Damit beginnt der Weg vom Teig zum Stollen bei Kuchenmeister in Soest. Drei Linien produzieren am Soester Produktionsstandort Stollen in verschiedenen Größen und nach verschiedenen Rezepten. Und nicht nur bei Kuchenmeister stehen die Uhren schon auf Stollen – auch in den Supermärkten in der Region erobern Stollen, Lebkuchen und Spekulatius die Regale.
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Traditionell sind das die ersten Herbst- und Wintersaisongebäcke, die in den Regalen landen – und das immer zur gleichen Zeit, nämlich zum meteorologischen Herbstanfang rund um den 1. September. Das Gefühl einiger Verbraucher, diese Produkte kämen immer eher in die Regale, ist tatsächlich eher Einbildung – das bestätigt Professorin Dr. Hanna Schramm-Klein von der Universität Siegen. „Der Handel verschwendet keinen Platz, vor allem nicht diese teuren Positionierungen, die die Saisonartikel bekommen“, sagt die Handelsexpertin. „Üblicherweise gibt es zwei Arten von Kunden, die schon früh Saisongebäck kaufen: Diejenigen, die es kaufen, um es schonmal vorrätig zu haben – und diejenigen, die es gern essen und es vielleicht sogar am liebsten das ganze Jahr über kaufen können würden.“
Immer zum Herbstanfang
Auf die Bedürfnisse dieser Kundengruppen reagiere der Handel mit dem Verkaufsbeginn Ende August oder Anfang September – und die anderen kaufen dann, wenn sie meinen, es sei Zeit für die Produkte, die sie klassisch mit der Adventszeit und Weihnachten verbinden. „Eigentlich sollte man es so halten wie mit allen anderen Produkten im Laden: Das, was ich gerade nicht benötige, lasse ich einfach unkommentiert im Regal stehen.“ Aber wenn der Verkaufsstart immer ungefähr gleich ist, woran liegt dann das Gefühl einiger Verbraucher, dass die Weihnachtssaison im Supermarkt immer eher beginnt? Dr. Schramm-Klein sieht einen Zusammenhang mit dem Wetter: „Wenn es draußen warm und sonnig ist, können sich die Menschen weniger gut darauf einstellen, als wenn es grau, kalt und nass ist.“
Um den Verkaufsstart zum Herbstanfang bedienen zu können, beginnt Kuchenmeister schon Mitte Juli mit der Produktion ihrer Stollen, die sie nicht nur selbst vermarkten, sondern auch für verschiedene andere Handelsmarken produzieren. „Die ersten Stollen, die vom Band gehen, sind in der Regel für den Überseevertrieb gedacht“, erklärt Meike Lauterjung, Sprecherin von Kuchenmeister, denn die Handelswege in die USA und Australien zum Beispiel sind lang. Dann erst wird für den heimischen Markt produziert.
Etwa acht verschiedene Sorten von Stollen von 80 bis 1000 Gramm stellt Kuchenmeister her: Vom Christstollen über den Butterstollen bis hin zum Marzipanstollen ist alles dabei. Das Grundrezept ist immer ähnlich und wird dann für die speziellen Sorten einzeln angepasst – mittlerweile läuft fast die gesamte Produktion automatisch. Die Zutaten werden aus den Silos eingesogen und vermischt, der Teig wird in passend große Stücke aufgeteilt, gewalzt, gefaltet und gebacken. Im Durchschnitt dauert es ungefähr sechs Stunden vom Teig bis zum fertigen Stollen in der Verpackung.
Volle Produktion bis Dezember
Die produktionsstärksten Monate für Kuchenmeister sind dabei Oktober und November, erklärt Meike Lauterjung – dann kommen auch die meisten Bestellungen aus dem Handel im Unternehmen an. Die Stollenproduktion bei Kuchenmeister endet dann Mitte Dezember. „Wir fertigen mehrere Millionen Stollen in der Saison, pro Tag fahren dann bei uns bis zu zehn Lastzüge voll mit Stollen vom Hof“, erklärt Jochen Müller – er ist Produktgruppenleiter für die Stollenproduktion. Die meisten Stollenprodukte sind, im Vergleich zu vielen anderen winterlichen und weihnachtlichen Gebäcksorten, vegan – bis auf den Butterstollen, der eben namensgebend mit Butter hergestellt wird.
Immer mal wieder Kuchenmeister erfindet das Traditionsgebäck neu und geht so auf die sich ändernden Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden ein: „Der Trend geht zu kleineren Stollen, vorgeschnittenen Stücken und To-Go-Gebäck“, erklärt Meike Lauterjung.