Paderborn. Dürfen Laien an der Wahl des neuen Paderborner Erzbischofs mitwirken? Jetzt hat der Vatikan ein Machtwort gesprochen.
Es wäre fast zu schön gewesen, um wahr zu sein: 14 Laien aus dem Erzbistum Paderborn, die den neuen Erzbischof mitwählen dürfen.
Die Reformpläne aus der westfälischen Bischofsstadt hatten bundesweit Aufsehen erregt. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtete groß im vergangenen Herbst („Das reichste deutsche Bistum versucht Erstaunliches“), ließ Nadine Mersch, Vorsitzende des Diözesankomitees im Erzbistum und eine der 14 vermeintlich Wahlberechtigten, zu Wort kommen.
Die Frau an der Spitze der Laienvertretung lobte die Priester aus dem Domkapitel. Das Leitungsgremium wählt üblicherweise ohne Mitwirkung nichtgeweihter Männer und Frauen einen Bischof: „Sie wollen das wirklich“, sagte Mersch damals.
Ernüchterung statt Aufbruchstimmung
Mit einem Federstrich aus Rom ist die damalige Aufbruchstimmung dahin. Es herrscht Ernüchterung: Der Vatikan hat in dieser Woche eine Laienbeteiligung bei der Bischofswahl untersagt.
„Die Entscheidung aus Rom“, sagt Jan Hilkenbach, Nadine Merschs Co-Vorsitzender, „stimmt meines Wissens niemanden im Domkapitel und in den Laiengremien glücklich. Ich sehe uns in der Enttäuschung vereint.“
Im vergangenen Jahr war Erzbischof Hans-Josef Becker aus Altersgründen zurückgetreten. Für die Wahl seines Nachfolgers wollte das Domkapitel, ausschließlich bestehend aus Amtsträgern, erstmals Laien mit ins Boot holen.
14 Mitglieder des Domkapitels und 14 Laien erarbeiteten gemeinsam eine Liste mit Personalvorschlägen und schickten diese nach Rom. Seit dem Herbst wartete man in Paderborn auf eine finale Liste aus dem Vatikan mit den Namen dreier Kandidaten, aus dem das Domkapitel den Bischof wählen sollte. Das übliche Verfahren.
Verweis auf Staatsvertrag
Stattdessen erreichte jetzt den Paderborner Domprobst Monsignore Joachim Göbel über den Apostolischen Nuntius (Botschafter) in Berlin ein Schreiben aus dem Vatikan. Mit einem eindeutigen Nein mit Blick auf eine weitere Einbindung von Laien bei der Bischofswahl. Begründung: Eine Ausweitung des „Päpstlichen Geheimnisses“ widerspreche den Regelungen im sogenannten Preußenkonkordat vom Juni 1929, ein Staatsvertrag zwischen Kirche und einigen Bundesländern.
In Brilon aufgewachsen
Jan Hilkenbach ist in Brilon aufgewachsen und steht jetzt dem Diözesanverband im Erzbistum vor. Das ist die Vertretung der Laien aus den Pfarrgemeinderäten, Erwachsenen- und Jugendverbänden sowie den Caritasfachverbänden. „Natürlich gibt es das Preußenkonkordat“, sagt er, „ich hätte mir aber einen anderen Ansatz gewünscht: nicht einen Hinderungsgrund zu benennen, sondern sich Gedanken zu machen, wie man mit dem großen Wunsch nach Laienbeteiligung an der Bischofswahl umgeht und kreativ Lösungen sucht.“
Den 32-Jährigen hat das Veto mit Blick auf die letzten Monate, die teils kritischen Äußerungen aus Rom zum Synodalen Weg „nicht wirklich überrascht“. Dennoch sei er enttäuscht: „Es ist wieder eine Entscheidung des Vatikans, die die Reformbemühungen der katholischen Kirche in Deutschland durchkreuzt.“ Zumal die Laienbeteiligung an Bischofswahlen eine wichtige Forderung aus dem Synodalen Weg gewesen sei.
Seit Frühjahr 2019 auf dem synodalen Weg
Sozial- und Politikwissenschaftler Hilkenbach ist Mitglied der Synodalversammlung, dem beschlussfassenden Gremiums des Synodalen Weges. Der Reformprozess wurde von der katholischen Kirche in Deutschland im Frühjahr 2019 nach der Veröffentlichung der MGH-Studie zur sexualisierten Gewalt durch Kleriker eingeschlagen.
„In dieser Zeit hat sich in unserer Kirche viel bewegt, haben sich manche Dinge zum Positiven verändert, neben inhaltlichen Punkten hat sich auch eine Diskussionskultur entwickelt“, findet Hilkenbach. Vor diesem Hintergrund sei es „alles andere als hilfreich, wenn Rom unsere Anliegen ausbremst“.
Dialogfähigkeit notwendig
Zumal der Vertrauensverlust und eine Austrittswelle nicht wegzudiskutieren seien, die ihre Ursachen unter anderem in den Verbrechen der sexualisierten Gewalt hätten: „Wir wissen alle, dass die katholische Kirche in Deutschland mit dem Rücken zur Wand steht“, sagt der Vorsitzende des Diözesanverbandes, es bestehe daher ein hoher Bedarf an Veränderungen und an Dialogfähigkeit.
Hilkenbach: „Es ist dann kaum zu vermitteln, geradezu befremdlich, dass der Vatikan diesen Dialog kaum führt, sondern stattdessen Entscheidungen intransparent getroffen und schriftlich kommuniziert werden.“
Zeitplan ist unklar
Der Paderborner Domprobst Monsignore Joachim Göbel hat die 14 Laien persönlich über das Verbot des Papstes informiert. „Mit Bedauern“, wie es aus der Pressestelle heißt.
Wie geht es jetzt weiter? Wann der Vatikan seine drei Namensvorschläge dem Domkapitel zukommen lässt, ist unklar. „Viele Katholiken im Erzbistum“, sagt Laienvertreter Hilkenbach, „würden sich wünschen, dass es zu Libori einen neuen Erzbischof gäbe.“ Im kommenden Juli steigt das neuntägige Kirchen- und Volksfest in Paderborn. Hilkenbach: „Die Zeit schreitet aber immer weiter voran.“