Kreuztal/Geldern. Das neue Helle von Krombacher heißt „Eins“. Doch so nennt eine Craftbeer-Brauerei am Niederrhein schon lange ihr Pils. Sie wehrt sich jetzt.

Auf „EINSigartigkeit“ setze man mit dem neuem Hellbier, das am 20. März in den Verkauf gehen solle. Im besten Werbetexter-Deutsch hatte die Krombacher Brauerei – mit einem Ausstoß von 7,6 Millionen Hektolitern im vergangenen Jahr einer der Riesen in der deutschen Branche – vor wenigen Tagen ihr neustes Produkt angekündigt: Ein Helles namens „Eins“. Doch so einzigartig ist dieser Produktname nicht: Die kleine Craftbeer-Brauerei Fleuther vom Niederrhein (350 Hektoliter Ausstoß im Jahr) vertreibt schon seit ihrer Gründung im Jahr 2016 ein Bier mit dem Namen „Eins“ und hat jetzt einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Gang gesetzt, der mit der Krombacher Brauerei im Siegerland den Namensstreit klären soll.

Fleuther-Co.-Geschäftsführer Oliver Stöcker will sich derzeit nicht öffentlich äußern. Er hat aber seinen Anwalt Christoph Friedrich Jahn aus Münster eine sogenannte „Berechtigungsanfrage“ zur Krombacher Brauerei nach Kreuztal schicken lassen. Bis zum kommenden Mittwoch, 1. März, soll Krombacher demnach mitteilen, „mit welcher Begründung Sie sich berechtigt sehen, den von meiner Mandantin bereits seit langem genutzten Namen ‘Eins’ für die Biersorte sowie gleichzeitig den Slogan ‘Eins für dich – Eins für mich’ zu verwenden.“

Fleuther wirbt schon lange mit „Eins“-Slogans

In der Tat hatte Krombacher angekündigt, die 0,33l-Euroflasche mit wechselnden, markanten Etiketten auf den Markt bringen zu wollen – mit Slogans wie „Eins für dich“ oder „Eins auf den Weg“. Und zwar vorerst nur in Nordrhein-Westfalen in Handel und Gastronomie sowie bundesweit in einem Online-Shop. Gerade hier setzt Fleuther-Anwalt Christoph Friedrich Jahn an. Zwar unterscheiden sich die Biere in der Brauart: Hier ein Pils (Fleuther), dort ein Helles (Krombacher). Doch Fleuther, so Jahn, werbe schon lange mit den „Eins für...“-Slogans. Und an Krombacher gerichtet: „Ihre Produkte und die Produkte meiner Mandatin stehen im Supermarkt sogar teilweise nebeneinander.“ Außerdem lägen die Fleuther-Brauerei in Geldern und die Krombacher-Zentrale in Kreuztal beide in Nordrhein-Westfalen. Also ein Zeichen für ein gemeinsames Geschäftsgebiet.

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Krombacher sieht dem schwelenden Namens-Streit einstweilen gelassen entgegen. Das „Eins Hell“ sei das Ergebnis eines eigenständigen Entwicklungsprozesses, so Brauerei-Sprecher Peter Lemm, bei dem man selbstverständlich auch das Marktfeld analysiert haben. „Registrierte Marken mit dem Bestandteil ‘Eins’ waren nicht in den Ergebnissen unserer Recherchen enthalten. Daraufhin haben wir uns die Wort-/Bildmarke entsprechend eintragen lassen.“ Und in der Tat: Fleuther aus Geldern mag den Produktnamen nun schon seit fast sieben Jahren am Markt nutzen, die Craftbeer-Brauerei hat ihn aber nach Informationen unserer Zeitung nie beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen.

Rechtswissenschaftler: Unklar, wie Streit ausgeht

Hat Fleuther damit schon den Kampf gegen den Brauerei-Riesen aus Krombach verloren? Das könne man nicht mit Sicherheit sagen, so Professor Sebastian Kubis, Rechtswissenschaftler an der Fernuniversität Hagen und Experte für Markenrecht. „Sich einen Produktnamen nicht sichern zu lassen, ist sicherlich ein Fehler“, so Kubis. Aber es gebe noch andere Kriterien, die mit herangezogen werden müssten. Etwa die sogenannte Verkehrsgeltung. Etwas unjuristisch ausgedrückt: Wird die Marke intensiv genutzt und hat sie schon solch eine Bekanntheit erlangt, dass quasi der Bestandsschutz existiert?

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Und für Rechtswissenschaftler Sebastian Kubis gehört auch durchaus mit in die Waagschale, dass beide Biere am NRW-Markt angeboten werden, auch wenn Geldern und Krombach Luftlinie 132 Kilometer voneinander entfernt liegen. Dass man um den eigenen Produktnamen ringt, ist für Kubis keine Überraschung. Es gebe viele solcher Streitigkeiten, auch in der Bierbranche. Etwa zwischen dem US-Konzern Anheuser-Busch und der tschechischen Budějovický-Budvar-Brauerei aus Budweis über den Bier-Namen „Budweiser“. Experte Kubis: „Marken und Produktnamen haben einen großen Wert und somit eine große Bedeutung für Unternehmen.“

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Krombacher hält indes an der Markteinführung seiner neuen Biersorte fest: „Selbstverständlich wollen wir unseren Verkaufsstart für unser Krombacher Eins Hell wie geplant umsetzen“, sagt Sprecher ​​Peter Lemm. „Wir bedauern, dass die Eigenständigkeit und die kreative Entwicklungsleistung unseres Neuproduktes offenbar in Zweifel gezogen wird. Offensichtlich ist ,Eins’ eine gute Idee – jedoch zweimal unabhängig erdacht.“