Hagen. NRW-weit sind zwei Drittel der Grundsteuer-Erklärungen schon bearbeitet. Aber es gibt große Unterschiede bei den Finanzämtern. Der Überblick.

Roswitha Merz und ihr Mann hatten sich nicht lange bitte lassen: Bereits im Juni vergangenen Jahres, also lange vor der Fristverlängerung und dem endgültigen Frist-Ende, hatte das Ehepaar aus Olpe die Grundsteuererklärungen für verschiedene Immobilien, die in seinem Besitz sind, abgegeben. „Digital per Elster, nicht in Papierform“, wie Roswitha Merz betont.

Trotzdem hat das Paar bislang nur für einen Teil der Immobilien die Bescheide zum neuen Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag erhalten. Diese sind die Grundlage für den Grundsteuer-Betrag, der – abhängig vom örtlichen Hebesatz der Kommune – künftig zu bezahlen ist. „Wie kann es sein, dass vom Staat so ein großer Druck gemacht wird, die Erklärung abzugeben“, fragt sich Roswitha Merz, „aber umgekehrt dauert es ewig.“

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Gleichwohl: Auf ganz NRW geblickt sind inzwischen rund zwei Drittel der Erklärungen, die eingereicht wurden, schon bearbeitet worden. Das heißt: Rund 3,3 Millionen Immobilienbesitzer dürften schon den entsprechenden Bescheid in den Händen halten. Das erklärt zumindest die zuständige Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen auf Anfrage unserer Zeitung. Drei Wochen nach dem Frist-Ende ist es Zeit für eine erste Bilanz – und Antworten auf offene Fragen.

Wie hoch ist inzwischen die Quote der eingereichten Grundsteuer-Erklärungen?

Rund 6,7 Millionen Grundstücke und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen müssen aufgrund der Grundsteuerreform neu bewertet werden. „Bisher sind rund 5 Millionen Erklärungen, also 73 Prozent, in den NRW-Finanzämtern eingegangen“, so ein Sprecher der Oberfinanzdirektion. „Rund 90 Prozent der eingegangenen Erklärungen wurden digital abgegeben.“ Der Landesschnitt trifft in etwa auch auf die Finanzämter in Südwestfalen und Dortmund zu (siehe Grafik). Dortmund-Hörde und Schwelm liegen mit 75 bis 77 Prozent leicht darüber, ein bisschen träger sind offensichtlich die Immobilienbesitzer in Brilon und Dortmund-Ost, wo die Quote noch unter 70 Prozent liegt.

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Wie viele der eingereichten Erklärungen sind schon bearbeitet worden?

Rund 67 Prozent, sagt die Oberfinanzdirektion. Bearbeitet bedeute, dass in diesen Fällen die Eigentümerinnen und Eigentümer den Grundsteuerwertbescheid und den Grundsteuermessbescheid von ihrem Finanzamt erhalten hätten. Auch hier gibt es – siehe Grafik – große Unterschiede. Während in Arnsberg schon 85 Prozent der Erklärungen bearbeitet wurden, sind es in Siegen erst 54 Prozent. Allerdings: In Siegen sind es auch dreimal so viele Erklärungen wie in Arnsberg.

Warum gibt es so große Unterschiede zwischen den Finanzämtern?

„Die Bearbeitungszeiten der einzelnen Grundsteuererklärungen variieren, wie bei anderen Steuerarten auch“, so der Sprecher der Oberfinanzdirektion. Das liege an Stoßzeiten, etwa vor Ablauf von Abgabefristen, oder daran, ob Rückfragen an die Bürgerinnen und Bürger erforderlich seien, Belege nachgereicht werden müssten oder ob in komplexen Einzelfällen umfangreiche Sachverhaltsaufklärungen erforderlich seien. Generell gelte aber: „Die Finanzämter sind gut aufgestellt. Die Erklärungen werden schnellstmöglich bearbeitet.“

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Wer jetzt doch verspätet seine Erklärung abgeben will: Ist dies möglich?

Ja, sagt die Oberfinanzdirektion: „Die Abgabe der Grundsteuererklärung ist auch weiterhin digital über das Online-Finanzamt Elster möglich.“ Das könne auch über den Zugang von nahen Angehörigen erfolgen oder über andere Software-Anbieter. Bürgerinnen und Bürger, die über keinen Internetzugang verfügen, könnten Papiervordrucke auch weiterhin telefonisch oder vor Ort bei ihrem Finanzamt anfordern.

Drohen denen, die die Frist verpasst haben, Strafen?

Nein. Die Finanzverwaltung NRW werde Anfang nächster Woche beginnen, die säumigen Eigentümerinnen und Eigentümer an die Abgabe zu erinnern. Dies sollten sie innerhalb von vier Wochen tun. „Ist dies erfolglos, werden die Finanzämter die Besteuerungsgrundlagen schätzen“, so der Sprecher der Oberfinanzdirektion. „Von der rechtlichen Möglichkeit, Zwangsgelder anzudrohen und festzusetzen, wird die Finanzverwaltung keinen Gebrauch machen.“

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Was ist zu tun, wenn der Bescheid kommt?

Alle Immobilienbesitzer sollten sie prüfen und gegebenenfalls bei Fehlern dagegen vorgehen. Zahlen muss man aber zunächst nicht. „Der von den Finanzämtern neu berechnete Grundsteuerwert sowie der Grundsteuermessbetrag haben noch keine Aussagekraft über die zu zahlende Grundsteuer“, so die Oberfinanzdirektion. „Die Kommunen setzen ab 2024 zunächst die neuen Hebesätze fest und berechnen mit diesen die zu zahlende Grundsteuer.“

Die Finanzämter haben viel Arbeit mit den Grundsteuer-Erklärungen: Hat das Einfluss auf die Bearbeitungszeiten der Einkommenssteuer-Erklärungen, die jetzt wieder viele Bürgerinnen und Bürger einreichen?

Die Oberfinanzdirektion sieht die Gefahr nicht. „Schon im Vorgriff hat Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren mehr als 300 Regierungsbeschäftigte zusätzlich unbefristet eingestellt“, so der Sprecher der Oberfinanzdirektion. „Um Arbeitsspitzen in der Anlaufphase aufzufangen, wurden im März 2022 zusätzlich 125 Stellen für Aushilfskräfte bereitgestellt. Im November 2022 wurden weitere 150 Stellen für die Grundsteuer-Hotline bereitgestellt.“ Daher soll die Grundsteuer-Bearbeitung generell keine negativen Einflüsse auf die insgesamt mehr als 7 Millionen Einkommensteuerfälle haben, die in NRW Jahr für Jahr bearbeitet werden. Generell gelte, dass in Nordrhein-Westfalen innerhalb von zwei Wochen bis vier Monaten nahezu 95 Prozent aller Einkommensteuererklärungen bearbeitet würden, innerhalb von sechs Monaten seien dann fast 99 Prozent der Erklärungseingänge erledigt.

Ändert sich angesichts des zu erwartenden Arbeitsaufkommens mit der Grundsteuer etwas bei Fristen zur Einkommensteuererklärung in diesem Jahr?

Nein, wer zur Abgabe einer Steuererklärung für das Jahr 2022 verpflichtet ist, hat dafür bis zum 2. Oktober 2023 Zeit. Wer einen Steuerberater in Anspruch nimmt, für den endet die Frist am 31. Juli 2024.