Bestwig. Das Finale der Aktion WP-Schützenkönigin gerät zur furiosen Party. Nadine Trompetter trägt am Ende die goldene Schärpe, aber gewonnen haben alle.
Von der Decke hängt an einer eisernen Kette ein altes Kutschenrad, das sicherlich schon viel erlebt hat in seinem langen hölzernen Leben. Aber das? Und so? Die Schützen sind los! Und feiern. Sich. Das Leben. Und die Königin aller Schützenköniginnen in Südwestfalen. Der Soundtrack zur Party dröhnt aus den Boxen: „Der Zug hat keine Bremse.“ Uuund Abfahrt zur haltlosen Fahrt.
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Schon nach einer Stunde warnen am Sonntagmittag in der Schützenhalle Ramsbeckdie ersten Smartwatches im Saal, dass der Lärmpegel bei 100 Dezibel liegt. Viel lauter ist der startende Düsenjet auch nicht. Aber nicht so schön. Nur einmal wird es ganz ruhig: Als der Briefumschlag mit dem Namen der Siegerin geöffnet wird: Nadine Trompetter von der St.-Nikolaus-Schützenbruderschaft Freienohl.
WP-Schützenkönigin: Goldenes Konfetti und Wunderkerzen
Ihr Hofstaat lässt mit einem lauten Knall goldenes Konfetti in den Saal spritzen, Wunderkerzen werden angezündet. Bis eben trug die Königin noch eine Lichterkette am Körper. Aber sie strahlt ja auch so ausreichend. Wenn die Party hier endet, geht es im „Bolero“ in Meschede weiter. Die meisten haben Montag Urlaub, die Königin nicht: Sie ist Lehrerin. Der Montag beginnt mit Biologie bei den Sechsern.
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Zum zehnten Mal kürt die WESTFALENPOST in Zusammenarbeit mit der Veltins Brauereidie Schützenkönigin. Jubiläum. Und erstmals nach der Corona-Pause. Die Internetseite, auf der abgestimmt werden kann, haben in all den Jahren 28 Millionen Menschen angeklickt, zwei Millionen gaben ihre Stimme ab, 1700 Königinnen haben sich beworben. „Wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung ihr hier seid, dann habe ich um die Zukunft der Schützen und des Wettbewerbs keine Sorgen“, sagt Klaus Theine, Mitglied der WP-Chefredaktion, zu Beginn der Veranstaltung und verweist auf die Aktionen WP-Schützenhilfe und den Schützen-Restart, mit denen die Vereine in der Pandemie finanziell unterstützt wurden.
Weite Anfahrt: Neun Kisten Bier für 33 Menschen sind zu wenig
Schon zu diesem Zeitpunkt stehen die ersten feiernd auf den Tischen. Corona hat die Schützen ausgebremst und ausgezehrt. In diesem Jahr holen sie alles nach. Ganz weit aus dem Westen ist die Delegation vom Schützenverein Herzkamp bei Sprockhövel angereist. Abfahrt: 8 Uhr morgens. Proviant: 9 Kisten Bier für 33 Menschen. Kurz vor Ankunft mussten sie an der Tankstelle halten – für Nachschub.
Ihre Königin Lisa Kristin Dreibholz tragen sie auf Händen – und einer Bank – zum Podium. War die Idee vom Papa, der eigentlich Dirk heißt, aber nur Curry gerufen wird. „Das ist mein Mädchen“, sagt er und hat fast eine Träne im Auge. Viele junge Mitglieder hätten sie. „Wir versuchen, die Tradition am Leben zu erhalten“, sagt er. Sein Kumpel Rolf, den alle Rolf nennen, knüpft derweil im Gespräch mit Vertretern aus Brilon eine Verbindung an die hessische Grenze: „Wir sind ganz im Westen, ihr ganz im Osten. Da müssen wir doch eine brutale Freundschaft starten.“ Klare Sache. Hand drauf!
Es fließen Tränen bei der Zweitplatzierten
Apropos Brilon: Auf Platz zwei landete Lena Ruppert vom Heimatschutzverein Brilon-Wald. Als die Mama ihr mit einer langen Umarmung gratuliert, fließen die Tränen. Platz 3 geht an Heike Reißner von der St.-Antonius-Schützenbruderschaft Iseringhausen.
So stehen die Gewinnerinnen dort mit ihren Kleidern, die an den Wiener Opernball erinnern. Umringt von einer feierwütigen Meute, die an Apres-Ski, Karneval und Schützenfest erinnert.
Schlusswort? Die Königin aus Herzkamp vielleicht, die es am Ende leider nicht nicht aufs Podium geschafft hat? „Ich muss hier nicht gewinnen. Wir sind alle schon Gewinner, weil wir das hier erleben dürfen.“