Hagen/Düsseldorf. Billigmarkt Action hat immer mehr Filialen. Dessen Chef wird nun neuer Boss der Parfümeriekette Douglas. Die pflegt eigentlich ein anderes Image.
Der direkte Weg zu Douglas führte auch bei ihr nicht über schöne Düfte und Cremes: Tina Müller war erfolgreiche Marketingchefin beim Autobauer Opel, bevor sie am 1. November 2017 an die Spitze der Parfümeriekette Douglas trat. Doch die Autowelt war bei ihr nur eine Episode, zwei Jahrzehnte lang war sie zuvor in der Beauty-Branche tätig, für Konzerne wie L’Oreal, Wella und Henkel. Stallgeruch – wenn man diesen Begriff denn in dieser Branche gebrauchen darf – kann man der 54-Jährigen also nicht absprechen.
Jetzt verlässt sie das Unternehmen, wie am Donnerstag bekannt wurde. Und ihr Nachfolger Sander van der Laan hat eben jenen Beauty-Stallgeruch nicht. Der ebenfalls 54-Jährige kommt aus dem Handel, aber aus einem ganz anderen Bereich. Er hat sechs Jahre lang die Geschicke des Discount-Markts Action, der seine Wurzeln in den Niederlanden hat, bestimmt. Der Umsatz stieg in der Zeit von zwei auf fünf Milliarden Euro.
Action ist mit Billig-Konzept auf dem Vormarsch
Action ist in Südwestfalen noch nicht ganz so bekannt. Filialen gibt es schon im Ruhrgebiet wie etwa in Hagen, Herdecke, Gevelsberg, Ennepetal. Und auch in Siegen, Iserlohn, Hemer, Menden, Brilon und Plettenberg ist der Discounter vertreten, ansonsten sind weite Teile des Sauerlands noch ein weißer Fleck. Aber das ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Laut Immobilienzeitung sind allein in diesem Jahr 50 neue Filialen in Deutschland entstanden, 460 sind es insgesamt.
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Action gehört in die Kategorie des hierzulande bekannteren Non-Food-Discounters Tedi. Außer Sonderposten wie Süßigkeiten gehören Lebensmittel nicht zum Action-Kernsortiment, dafür sonst alles mögliche für Haus, Freizeit oder Kleidung. Die Jogginghose für 8,95 Euro, die Kuchenform für 2,77 Euro oder Spülmaschinenreiniger für 1,99 Euro sind im aktuellen Wochenangebot vertreten. Die Geschäfte liefen trotz Inflation und Energiekrise gut, sagte der Deutschland-Chef jetzt der Lebensmittelzeitung: „Wir bemerken, dass Verbraucher ihre üblichen Einkaufsstätten überdenken, um Kosten zu sparen:“ Möglichst billig, wenig Online-Geschäft ist der Ansatz.
Kurzum: Action ist nicht nur vom Sortiment, sondern auch vom Ansatz völlig anders als Douglas es ist und sein will. Die scheidende Chefin Tina Müller hatte das Filialkonzept überarbeitet, die Läden auf mehr Erlebnis und weniger reinen Abverkauf ausgerichtet. Vor allem aber hatte sie den Online-Handel massiv ausgebaut. Folgt jetzt ein Strategiewechsel mit Ex-Action-Chef Sander van Laan, weil die Douglas-Mehrheitseigner der Kapitalgesellschaft CVC höhere Renditen sehen wollen?
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Bei der Parfümeriekette sind jetzt interne Hausaufgaben gefragt
Henning Kreke (57), dessen Familie weiter an Douglas beteiligt ist, der selbst mal als Vorstandsvorsitzender an der Spitze stand und nun den Aufsichtsrat führt, sieht das nicht so. Die Strategie der Premium-Positionierung „mit einem attraktiven Sortiment, starken Eigenmarken, ausgewogenen Preiskategorien sowie einem einmaligen Einkaufserlebnis in den Filialen und online, war und ist sehr erfolgreich und wird beibehalten“, stellt er gegenüber der WESTFALENPOST klar, macht aber auch deutlich, was er vom neuen Chef aus den Niederlanden erwartet: „In der nächsten Phase geht es nun darum, die internen Prozesse noch stärker an die zukünftigen Kundenerwartungen an ein modernes Omni-Channel-Unternehmen anzupassen.“ Und: Die Profitabilität soll steigen.
Aber wie soll das geschehen: Vor allem mit einem harten Sparkurs? „Es gibt verschiedene Wege und Möglichkeiten, die Profitabilität zu steigern – dazu zählen nicht nur die Kosten“, sagt Henning Kreke und lässt erkennen, dass nach dem durchaus öffentlichkeitswirksamen Auftreten von Marketing-Expertin Tina Müller nun wohl interne Hausaufgaben ganz oben auf der Tagesordnung stehen. „Nach dem starken Wachstum im E-Commerce und dem Zukauf der Online-Apotheke Disapo steht zum Beispiel jetzt die Integration der Prozesse im Hintergrund an.“
Douglas profitiert vom Corona-Nachholeffekt
Die Frage, ob die jetzige Chefin auf Druck von Großinvestor CVC gehen musste, beantwortet der Hagener Henning Kreke nur indirekt: „Tina Müller wechselt auf eigenen Wunsch in den Aufsichtsrat.“ Und er geht nicht davon aus, dass die Wirtschaftskrise unmittelbar die Parfümeriekette treffen wird. Douglas profitiere nach der Phase der Corona-Lockdowns von einem Nachholeffekt. Es gebe wieder Konzerte, Hochzeiten, Abendveranstaltungen. „Dies alles sind Gelegenheiten, zu denen sich die Menschen zurechtmachen und dafür Kosmetik, Pflegeprodukte und Düfte kaufen.“ Man sei aber wachsam: „Wir beobachten den Markt aufmerksam und mit großer Zurückhaltung – das Konsumklima bleibt auf unabsehbare Zeit getrübt.“
Soll der neue Mann an der Douglas-Spitze, Sander van der Laan, Douglas auch wieder an die Börse führen, an der das Unternehmen seit 2013 nicht mehr vertreten ist? Die Frage ließ Kreke am Freitag unbeantwortet.