Lennestadt. Im Sauerland treffen die Generation Z und heimische Unternehmer im direkten Gespräch aufeinander. Ein Besuch beim Zusammenprall der Kulturen.
Es hätte kaum einen passenderen Veranstaltungsort für dieses Treffen der Generationen geben können als die Sauerland-Pyramiden in Lennestadt-Meggen. Im Hintergrund thront auf dem ehemaligen Bergwerksgelände der Fördertum des Anfang der Neunzigerjahre geschlossenen Siciliaschachtes, als Mahnmal an die Vergangenheit. Im Vordergrund steht heute – als (antikes) Sinnbild für Moderne und Zukunft – der 2005 eröffnete Wissenschaftspark, der „ein Ort des Staunens und Wunderns“ sein soll.
Am Freitag kamen dort die Vertreter der Generation Z – junge Menschen der Jahrgänge 1995 bis 2010 – mit Unternehmern aus der Region zusammen, um zwischen den Generationen, die manches trennt, die aber gemeinsam an der Zukunft arbeiten sollen und müssen, zu vermitteln. Es war sozusagen der erste Kontakt – mit durchaus erstaunlichen Erkenntnissen. „Es war überraschend gut und schön festzustellen, dass wir nah beieinander sind“, sagte Larissa Brill, kaufmännische Leiterin der Firma Brill und Adloff aus Kirchveischede, und betonte: „Die Generation Z ist besser als ihr Ruf.“
Unternehmen müssen um die GenZ werben
Ständig am Smartphone, desinteressiert am realen Leben, nicht bereit zu harter Arbeit, unverbindlich und unpünktlich – das sind einige der (Vor-)Urteile, die häufig über jenen Nachwuchs zu hören sind, den die Region doch so dringend braucht. Stichwörter: Fachkräftemangel, demografischer Wandel. Das ländlich geprägte Südwestfalen und seine zahlreichen mittelständischen Unternehmen treffen diese Probleme verstärkt, denn viele aus der Generation Z, kurz: GenZ, wollen ihr Glück woanders suchen. In den Städten. Wo was los ist. Wo der ÖPNV besser funktioniert als auf dem Land. Wo (vermeintlich) spannendere Arbeitsplätze warten.
Klar wird an diesem Freitag: Die Unternehmen müssen auf die GenZ zugehen, sie gezielt ansprechen, sie konkret über Berufsinhalte und Perspektiven informieren, sie motivieren. Es gab mal den Hollywood-Film: Was Frauen wollen. Jetzt fragt sich mancher Unternehmer der Region: Was will die GenZ? Und wie will sie informiert werden? Eine Antwort: zum Beispiel über soziale Medien.
„So wie die Rahmede-Talbrücke Südwestfalen durchschnitten hat, so haben wir einen Bruch in der Kommunikation mit der jüngeren Generation“, sagt Meike Schmidt, Geschäftsführerin der Lumberg-Gruppe (Schalksmühle). Für manchen Unternehmer ist der Weg zur GenZ kürzer, für andere weiter. Gehen müssen ihn aber alle. Denn die GenZ ist die Zukunft. Das wissen die jungen Leute auch.
Mancher CEO mache „zu viel Werbung für sich“
Sie treten am Freitag in Podiumsdiskussionen und Workshops durchaus selbstbewusst auf, fordern, schrecken auch nicht vor dem direkten Kontakt mit Firmenchefs zurück. Man duzt sich, auch das sicher ungewohnt für manchen Geschäftsführer. Vertreter der GenZ zeigen aber auch, dass das neue Miteinander, um das es bei der Auftaktveranstaltung der „NextGen Initiative Südwestfalen“ geht, keine Einbahnstraße sein kann.
„Nicht nur die Unternehmer müssen etwas tun, auch wir müssen uns mehr damit beschäftigen. Es beruht auf Gegenseitigkeit“, sagt etwa der 16-jährige Endrit Axhillari, Schüler am Zeppelin-Gymnasium in Lüdenscheid, während die gleichaltrige Eleni Kontoyannis über den Dialog mit den Unternehmern urteilt: „Wir haben viele unterschiedliche Unterhaltungen geführt. Ich finde die vielen Meinungen und Perspektiven inspirierend.“ Mancher CEO versuche allerdings, „zu viel Werbung für sich und sein Unternehmen zu machen“, so die Schülerin aus Halver.
Hauptschüler fehlen
Rund 100 Teilnehmer sind bei der Auftaktveranstaltung, die auch gestreamt wurde, dabei. Darunter Schüler von Gymnasien, Realschulen und Berufskollegs. „Für die nächste Veranstaltung wünsche ich mir, dass auch Hauptschüler dazukommen“, sagt Jens Leiendecker, Ausbildungsberater bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) zu Hagen: „In den Gymnasien sind viele gar nicht für eine Ausbildung offen.“
Das ist auch für manchen Geschäftsführer ein Thema, Bernd Jannack etwa, von Kunststoff-Technik Mayweg aus Halver.
Er findet die GenZ „top“, ihm gefällt die „nette und freundliche Atmosphäre“ auf der Konferenz, er wirbt um Geduld mit der Jugend. Er bemängelt aber auch, dass in Gesellschaft und Schulen oftmals der Eindruck vermittelt werde, dass nur Abitur und Studium zum Glück führen.
Nicht nur Abitur und Studium als Weg ins Glück
„Junge Leute glauben, eine Ausbildung wäre ein Fehler“, sagt er. Zudem bemerkt er über die GenZ: „Sie wünschen sich manchmal ein bisschen zu viel, aber das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.“ Viele aus der GenZ, ergänzt Unternehmerin Larissa Brill, seien „sehr unsicher“, wozu auch das Angebot von 600 Ausbildungsberufen und 3000 Studiengängen beitrage. Die Auswahl ist groß, mitunter zu groß.
Bei Wünschen der GenZ wie dem ÖPNV-Ausbau auf dem Land oder einem besseren Freizeitangebot abseits der Ballungsgebiete können die Firmen im Übrigen nur bedingt helfen. Larissa Brill bringt Sharing-Modelle von Autos oder Rollern für die jungen Leute ins Gespräch, an denen sich die Firmen beteiligen. Und die von der GenZ geforderte Nachhaltigkeit, die könnten doch gerade die Familienunternehmen in der Region bieten, findet Jürgen Hillesheim. „Unser Wertegerüst stimmt. Das hebt uns oft von Milliardenkonzernen ab“, sagt der Bevollmächtigte Gesellschafter des Attendorner Automobilzulieferers Gedia.
Jetzt muss die Botschaft nur noch ankommen. Bei der GenZ. Der Zukunft des Landes.