Meschede/Brüssel. Jetzt nimmt sogar EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Stellung zur gesperrten A-45-Brücke: Warum Europa-Recht den Neubau nicht bremsen soll.

Selbst eingreifen kann sie erwartungsgemäß nicht, aber dass die Problematik nun auch direkt bei der wichtigsten Politikerin der Europäischen Union angekommen ist, kann sicher nicht schaden: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich zur bei Lüdenscheid gesperrten A 45 geäußert.

„Der Ernst der Lage ist mir bewusst“, schreibt die CDU-Politikerin dem südwestfälischen CDU-Europaabgeordneten Peter Liese. Liese hatte von der Leyen zuvor per Brief über die gravierenden Auswirkungen der seit Anfang Dezember gekappten Verkehrsverbindung ins Bild gesetzt und um Klarstellung gebeten, ob das europäische Vergabe- und Naturschutzrecht einem schnellen Neubau der maroden Rahmedetalbrücke im Weg stehe.

Von der Leyen: EU-Recht bietet Möglichkeiten

Das tut es offenbar nicht. Von der Leyen betont, das europäische Vergaberecht biete viele Optionen, um auf eine Krisensituation wie die in Lüdenscheid zu reagieren. „Der EU-Vergaberechtsrahmen gibt öffentlichen Auftraggebern tatsächlich zahlreiche Möglichkeiten, Aufträge zügig zu vergeben. Sie sind der jeweiligen Situation angepasst und sollten genügend Spielraum lassen“, schreibt die Kommissionspräsidentin wörtlich.

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Auch beim Artenschutz – in Lüdenscheid waren Exemplare der geschützten Haselmaus aufgetaucht – sehen die Richtlinien von der Leyen zufolge „die Möglichkeit von Ausnahmen vor, um z.B. zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses gerecht zu werden“. Zu einer Verzögerung des Brückenneubaus müsse es also deswegen nicht kommen. Allerdings, auch das macht von der Leyen klar, sei die Kommission nicht für die Genehmigung verkürzter Vergabezeiten oder den Verzicht auf Ausschreibungen zuständig.

Liese: Situation an der A 45 ist unerträglich

„Ich finde die Situation an der A 45 und den Umgehungen unerträglich“, erklärte Liese. „Die Anwohner leiden unter Lärm- und Schadstoffbelastung. Viele Menschen verlieren täglich wertvolle Stunden im Stau, und für die ohnehin schon herausgeforderten Unternehmen kann der Zustand auf Dauer existenzbedrohend sein. Deswegen war es mir wichtig, dass die Europäische Kommission den Wiederaufbau der Brücke nicht torpediert, sondern unterstützt.“

Für den CDU-Politiker liegt die Verantwortung nun eindeutig beim Bund, und zwar vor allem bei Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Er müsse mehr Einsatz zeigen, fordert Liese. „Es ist klar, dass wir hier etwas Mut brauchen, und diesen Mut hatte der Bundesverkehrsminister offenbar bisher nicht“, sagte der Europaabgeordnete. Die Situation im Sauerland sei durchaus vergleichbar mit den Folgen des Einsturzes der Morandi-Brücke in Genua. Ein Ersatzneubau müsse möglichst schnell realisiert werden.

Allerdings braucht auch in Brüssel alles seine Zeit: Auf die Antwort der Kommissionspräsidentin musste Liese drei Monate warten.