Winterberg. Vor 20 Jahren wurde an der Postwiese in Neuastenberg erstmals eine Schneekanone eingesetzt. Für Skisport im Sauerland eine Erfolgsgeschichte.

Mal war der Schnee zu pulvrig, mal war er zu nass. Manche Steilhänge durchgefahren, andere hatten „Buckel“. Skilaufen auf der Postwiese in Neuastenberg konnte früher so aussehen – denn damals gab es hier noch keine Schneekanonen: „Mit der Beschneiung und der professionellen Pistenpflege hat sich das total verändert“, sagt Skiliftbetreiber Meinolf Pape. „Heute ist immer alles tip top.“ Der technisch erzeugte Schnee in der Skiregion in und um Winterberg wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Von manchen Umweltschützern erntet er Kritik – für den Wintersport ist er elementar wichtig.

Die Postwiese, „eine der Wiegen des Wintersports im westdeutschen Raum“, sagt Meinolf Pape. Seit 110 Jahren laufen Menschen hier Ski. Besonders die 60er Jahre waren schneereich und führten zu einem sprunghaften Anstieg des Tourismus. Meinolf Pape (64 ) erlebte diese Entwicklung als Kind. Er erinnert sich aber auch, wie die Temperaturen in den 90er Jahren nach oben gingen – und damit der Skitourismus bergab. In diesen milden Jahren gab es die erste maschinelle Beschneiung, die dem Wintersport wieder Auftrieb geben sollte.

Pilotprojekt Postwiese

Die Postwiese galt im Jahr 2001 als Pilotprojekt: Als erstes Gebiet der Region wurden hier rund zwei Millionen Euro in Schneeerzeuger, Pumpstationen und Speicherteiche investiert. Die damalige rot-grüne Landesregierung gab 800.000 Euro aus EU-Fördermitteln hinzu. „Wahrscheinlich das erfolgreichste touristische Projekt, das in NRW je angepackt wurde“, so Meinolf Pape. Immer mehr Beschneiungsanlagen folgten in weiteren Skigebieten. Bis heute hat die Wintersport-Arena Sauerland 140 Millionen Euro in den Schneetourismus investiert.

Ohne Beschneiung, wie hier in Winterberg, fiele die Saison im Sauerland deutlich kürzer aus. Wenn es die Temperaturen zulassen, beginnen die Experten oft schon im November, Berge von technisch erzeugtem Schnee für die meist im Dezember startende Saison vorzuproduzieren.
Ohne Beschneiung, wie hier in Winterberg, fiele die Saison im Sauerland deutlich kürzer aus. Wenn es die Temperaturen zulassen, beginnen die Experten oft schon im November, Berge von technisch erzeugtem Schnee für die meist im Dezember startende Saison vorzuproduzieren. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Heute ist der technisch erzeugte Schnee nicht mehr wegzudenken“, bestätigt auch sein Sohn, Julian Pape. Er ist Projektleiter der Wintersport-Arena, dem Marketingverband, mit dessen Gründung man im Jahr 2003 immer mehr zur flächendeckenden Beschneiung überging. Denn diese sorgte für mehr Betriebstage – und Planungssicherheit der Urlaubsgäste: „Wenn man eine Kälteperiode hat, dann kann man Schnee produzieren für Zeiten in denen es milder ist.“

Von Wasser zu Schnee

Um aus Wasser Schnee zu machen, wird es in feine Tröpfchen zerstäubt. Diese gefrieren und rieseln als Schneeflocken zu Boden. Da der Weg dorthin nur ein paar Meter beträgt, braucht es mindestens null Grad. Natürlich verbrauche das Ganze viel Energie, so Julian Pape, die man aber in Zukunft reduzieren wolle. Seit dieser Saison würden die größeren Skigebiete mit ökologisch erzeugten Strom betrieben. Außerdem sei man zu Pistenwalzen mit Satellitensystemen übergegangen: „Die können die Schneemenge unter der Walze messen.“ Dadurch müsse man nur so viel Schnee produzieren, wie benötigt wird, um die Pisten mit gleichmäßiger Höhe zu bedecken. Bis 2030 wolle man so sogar klimaneutral werden.

Wachstumsgrenzen im Tourismus

„Klimaneutralität“, für Herbert Bartetzko, Vorstand des BUND im HSK lediglich ein „modernes Schlagwort“. Schon vor über 20 Jahren setzte er sich im Landschaftsbeirat für die Bewahrung von Schutzgebieten ein. Bereits damals habe man über landschaftsverändernde Folgen diskutiert: „Der technisch erzeugte Schnee war die Basis für einen ausufernden Tourismus, für Parkplatzbau und für nachfolgende Freizeitinteressen.“ Die Wachstumsgrenzen des Sauerlandtourismus seien lange erreicht.

Meinolf Pape von der Postwiesen-Liftgesellschaft in Neuastenberg weist Kritik von Umweltschützern zurück: „Der Wintersport erhält diese Flächen offen. So wachsen die nicht zu oder werden mit Fichten zugepflanzt.“ Im Sommer seien die Skigebiete blühende Bergwiesen.
Meinolf Pape von der Postwiesen-Liftgesellschaft in Neuastenberg weist Kritik von Umweltschützern zurück: „Der Wintersport erhält diese Flächen offen. So wachsen die nicht zu oder werden mit Fichten zugepflanzt.“ Im Sommer seien die Skigebiete blühende Bergwiesen. © Wintersport Arena Sauerland | Meinolf Pape

„Langfristig werden auch die Schneekanonen nicht mehr weiterhelfen“, sagt Bartetzko mit Blick auf die Klimaerwärmung. In einer Region mit nur bis zu 800 Höhenmetern müsse man fragen, ob sich Investments in den Skitourismus überhaupt noch lohnten.

Seine Sorge gelte vor allem den Bergwiesen: „Auf den Hängen an der Postwiese wächst beispielsweise seltener Bärlapp“, sagt Bartetzko. Der technisch erzeugte Schnee habe eine andere Dichte als Naturschnee: „Pflanzen müssen sich unter der Schneedecke viel mehr Mühe geben, um wieder hochzukommen.“

Meinolf Pape, von Hause aus Geograf, kennt die Vorwürfe. Er hält dagegen. Der Wintersport sei nicht schädlich, er habe sogar einen positiven Effekt: „Er erhält diese Flächen offen. So wachsen die nicht zu oder werden mit Fichten zugepflanzt“ Im Sommer seien die Skigebiete blühende Bergwiesen.

Konzentration auf die „Hot Spots“

Die Fläche, auf der Skisport betrieben werde, konzentriere sich jedoch mehr und mehr auf die „Hot-Spots.“ In den kleineren Skigebieten die noch mit Naturschnee laufen, werde es angesichts der Klimaerwärmung zunehmend schwieriger. „Da sind aber dann die Kosten nicht so hoch, wenn es mal nicht funktioniert mit dem Wetter“, sagt Julian Pape. Die großen Skigebiete hingegen müssten große Investitionen wieder reinholen. „Wenn man einen Lift baut oder eine Beschneiungsanlage, dann schaut man ungefähr 15 Jahre in die Zukunft“, in diesem Zeitraum ließen sich die Ausgaben abbezahlen.

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„Durch die technische Beschneiung ist es möglich, dass wir noch lange und wirtschaftlich Wintersport anbieten können“, sagt er durchaus optimistisch. „Die Leute wollen weiterhin das Schneeerlebnis, wenn sie aus dem grauen Winter im Ruhrgebiet oder dem Rheinland hier hinkommen.“

Zahlen zur Skiregion

In der Region gibt es 34 Skigebiete, mit 126 Liftanlagen und 290 Hektar Pistenflächen.

Insgesamt beschneien 670 Schnee-Erzeuger eine Fläche von etwa 150 Fußballfeldern (sofern dies von den Temperaturen her möglich und notwendig ist.

Von insgesamt 100 Pistenkilometern in der Region sind etwa die Hälfte beschneit. Das sind 83 beschneite Pisten.